Black Dagger 03 - Ewige Liebe
zu seinem Entsetzen an Orte in sich selbst geführt, von deren Existenz er keine Ahnung gehabt hatte. Orte der Furcht und des Selbsthasses. Der Demütigung und der Entwürdigung. Und jetzt, im Nachhinein, fühlte er sich, als hätte er keine Haut mehr, als wäre er nackt und Omega schutzlos ausgeliefert, eine rohe Wunde, die zufälligerweise atmete.
Die Tür ging auf, und Mr Xs Schultern füllten den Türrahmen aus. »Wie geht’s uns?«
O bedeckte sich mit einem Laken und öffnete dann den Mund. Nichts kam heraus. Er hustete einige Male. »Ich habe es … überstanden.«
»Das hatte ich gehofft.«
Es war schwierig für O, den Mann in Alltagskleidung dastehen zu sehen, ein Klemmbrett in der Hand, als wäre er bereit für einen weiteren produktiven Arbeitstag. Im Vergleich zu dem, was O die letzten vierundzwanzig Stunden erlebt hatte, wirkte diese Normalität falsch und seltsam bedrohlich.
Mr X lächelte etwas. »Also, Sie und ich werden jetzt eine Abmachung treffen. Sie tanzen nicht mehr aus der Reihe, und so etwas wird nie wieder geschehen.«
O war zu erschöpft, um zu streiten. Sein innerer Widerstand würde zurückkehren, das wusste er, aber im Moment
wünschte er sich nichts mehr als Seife und heißes Wasser. Und ein bisschen Zeit für sich.
»Wie heißt das?«, herrschte ihn Mr X an.
»Ja, Sensei.« O war egal, was er tun oder sagen musste. Er wollte einfach nur weg von diesem Bett … diesem Zimmer … dieser Hütte.
»In dem Schrank da sind ein paar Kleidungsstücke. Können Sie Auto fahren?«
»Ja. Ja, es wird schon gehen.«
O stellte sich seine Dusche vor, die cremefarbenen Fliesen und die strahlend weißen Fugen. Sauber. So schön sauber. Und das wäre er auch, wenn er wieder herauskam.
»Ich möchte, dass Sie mir etwas versprechen, Mr O. Wenn Sie sich wieder an Ihre Arbeit machen, dann denken Sie daran, wie sich das hier angefühlt hat. Behalten Sie es gut in Erinnerung, rufen Sie es sich immer wieder vor Augen, und lassen Sie es an Ihren Mitarbeitern aus. Ihre Initiative hat mich zwar etwas verärgert, aber ich würde Sie verachten, wenn Sie jetzt weich würden. Haben wir uns verstanden?«
»Ja, Sensei.«
Mr X wandte sich ab, warf aber noch einen Blick über die Schulter. »Ich glaube, ich weiß, warum Omega Sie am Leben gelassen hat. Als er ging, hat er sich recht schmeichelhaft über Sie geäußert. Soll ich ihm ausrichten, Sie würden einen weiteren Besuch willkommen heißen?«
O gab ein ersticktes, furchtsames Geräusch von sich. Er konnte einfach nicht anders.
Mr X lachte leise. »Vielleicht lieber doch nicht.«
11
Mary parkte vor dem TGI Friday’s. Als sie sich unter all den Autos und Minivans umsah, fragte sie sich zum wiederholten Male, wie um alles in der Welt sie hatte einwilligen können, sich hier mit einem Mann zu treffen. Sie konnte sich nur noch vage daran erinnern, dass Bella sie heute Morgen angerufen und dazu überredet hatte. Aber die Einzelheiten wusste sie beim besten Willen nicht mehr.
Allerdings ließ ihr Gedächtnis zurzeit auch etwas zu wünschen übrig. Morgen früh hatte sie ihren Arzttermin, und solange dieses Damoklesschwert über ihr schwebte, war sie wie benommen. Gestern Abend zum Beispiel. Sie hätte schwören können, dass sie mit Bella und John irgendwohin gefahren war. Aber der gesamte Abend war ein einziges schwarzes Loch. Und am heutigen Tag war es ähnlich gewesen. Mechanisch hatte sie ihre Arbeit im Büro erledigt, aber lauter dumme Fehler gemacht und ins Leere gestarrt.
Als sie aus ihrem Civic ausstieg, versuchte sie sich am Riemen
zu reißen, so gut es ging. Sie schuldete dem Mann, mit dem sie sich hier traf, ein gewisses Maß an Aufmerksamkeit. Aber abgesehen davon spürte sie keinen Druck. Sie hatte Bella klar und deutlich gesagt, dass das hier völlig harmlos war. Jeder zahlte für sich selbst. Danke für den netten Abend; tschau.
Was auch dann ihr Ansatz gewesen wäre, wenn nicht diese medizinische Russisch-Roulette-Sache im Hintergrund lauern würde. Abgesehen davon, dass ihre Krankheit vielleicht wieder ausbrach, war sie auch einfach aus der Übung, was Dates anging, und wollte es auch dabei belassen. Wer brauchte schon diese Dramen? Die meisten allein stehenden Typen Anfang dreißig wollten sich noch austoben, sonst wären sie längst verheiratet. Und sie war eher der Spaßbremsentyp, von Natur aus ernsthaft und dazu mit ein paar harten Erfahrungen geschlagen.
Sie hatte sich auch nicht unbedingt für eine Party zurechtgemacht. Ihr
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