Black Dagger 04 - Bruderkrieg
nicht einmal sicher, dass das, was sie zu sehen geglaubt hatte, wirklich real gewesen war. Meine Güte, Tattoos konnten nicht einfach aus jemandes Haut auferstehen. Und sie bewegten sich nicht von allein. Zumindest nicht in ihrer Welt.
Aber Rhage war nicht der einzige Grund für ihre Schlaflosigkeit. Es wurde langsam Zeit, sich zu erkundigen, was die Ärzte alles mit ihr machen wollten. Der Termin mit Dr. Della Croce war morgen, und danach würde sie wissen, wie schlimm die Behandlungen würden.
Ach, über all das würde sie so gern mit Rhage sprechen. Sie wollte versuchen, ihn darauf vorzubereiten.
Als die Sonne hinter den Bäumen verschwand, wurde ihr kühl. Sie stand auf, reckte sich und trat dann durch die äußeren Türen. Als diese sich hinter ihr geschlossen hatten, blickte sie in eine Überwachungskamera und die inneren Türen schwangen auf.
Rhage saß auf dem Fußboden direkt neben dem Eingang.
Langsam stand er auf. »Hi. Ich hab auf dich gewartet. «
Sie lächelte etwas verlegen und schob ihr Buch von der einen Hand in die andere. »Ich wollte dir ja sagen, wo ich bin. Aber du hattest dein Handy vergessen, als du –«
»Mary, hör mir zu. Wegen letzter Nacht –«
»Warte mal, bevor wir damit anfangen.« Sie hielt die Hand hoch. Atmete tief durch. »Morgen gehe ich ins Krankenhaus. Für das Beratungsgespräch vor Beginn der Behandlung. «
Er sah so bestürzt drein, dass seine Augenbrauen sich in der Mitte trafen. »Welches Krankenhaus?«
»Saint Francis.«
»Wann?«
»Nachmittags.«
»Ich möchte, dass dich jemand begleitet.«
»Ein Doggen?«
Er schüttelte den Kopf. »Butch. Der Cop kann gut mit der Pistole umgehen, und ich will nicht, dass du ohne echten Schutz unterwegs bist. Sollen wir nicht vielleicht lieber hochgehen?«
Als sie nickte, nahm er sie bei der Hand und führte sie die Treppe hinauf. Oben in ihrem Zimmer setzte sie sich aufs Bett, während er unruhig auf und ab wanderte.
Zunächst sprachen sie über den Arzttermin. Indem sie ihn darauf vorbereitete, gewöhnte auch sie selbst sich langsam an den Gedanken. Dann schwiegen sie.
»Rhage, erklär mir, was letzte Nacht passiert ist.« Als er zögerte, fügte sie hinzu: »Was auch immer es ist, wir werden es schon durchstehen. Du kannst mir alles erzählen.«
Er blieb stehen. Blickte ihr direkt in die Augen. »Ich bin gefährlich.«
Sie runzelte die Stirn. »Nein, das bist du nicht. Zumindest nicht für mich.«
»Weißt du, was das Bild auf meinem Rücken ist?«
Mit einem Schaudern erinnerte sie sich daran, wie die Tätowierung sich bewegt hatte –
Stopp, befahl sie sich. Das hatte sie nicht getan. Er hatte schwer geatmet, und deshalb hatte das Ding so ausgesehen, als hätte es sich bewegt.
»Mary, das ist ein Teil von mir. Die Bestie. Sie lebt in mir.« Er rieb sich die Brust, dann die Arme und die Oberschenkel. »Ich versuche, sie unter Kontrolle zu halten, so gut ich kann. Aber sie … ich will dich nicht verletzen. Ich weiß nicht, was ich tun soll. Selbst jetzt, in deiner Nähe, bin ich … Scheiße, ich bin völlig fertig.«
Er hielt ihr seine zitternden Hände hin und wirkte tatsächlich vollkommen ausgelaugt.
»Ein Grund, warum ich immer kämpfen muss, ist, dass solche Auseinandersetzungen die Bestie beruhigen«, erklärte er. »Deshalb auch die vielen Frauen. Die habe ich nur zum Entspannen benutzt, weil ich so das Tier in Schach halten konnte. Jetzt, wo ich keinen Sex mehr haben kann, bin ich instabil. Deshalb hätte ich gestern Nacht beinahe die Kontrolle verloren. Zweimal.«
»Moment mal … Wovon redest du denn da? Du hast mich. Warum schläfst du nicht mit mir?«
»Das kann ich nicht mehr geschehen lassen«, presste er durch zusammengebissene Zähne hervor. »Ich kann nicht mehr … bei dir liegen.«
Fassungslos starrte sie ihn an. »Du meinst, du wirst überhaupt nicht mehr mit mir zusammen sein? Nie mehr?«
Er schüttelte den Kopf. »Nie mehr.«
»Spinnst du total? Du willst mich doch.« Ihr Blick schnellte zu der Erektion in seiner Hose. »Ich sehe doch, dass du steif bist. Ich kann deine Sehnsucht riechen.«
Unvermittelt hörten seine Augen auf zu blinzeln und blitzten weiß auf.
»Warum verändern sich deine Augen?«, flüsterte sie.
»Weil die Bestie … zum Leben erwacht.«
Er wurde still und begann, in einem merkwürdigen Rhythmus zu atmen. Zweimal schnell ein, einmal langsam aus. Zweimal kurz, einmal lang.
Sie versuchte zu begreifen, was er ihr da erklärte. Und versagte kläglich. Ob er
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