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Black Dagger 06 - Dunkles Erwachen

Black Dagger 06 - Dunkles Erwachen

Titel: Black Dagger 06 - Dunkles Erwachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J.R. Ward
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Ein Mann umfing ihn von hinten.
    Der Sklave schob den harten Körper von sich fort und schleppte sich durch den Dreck. Sein verschwommener Blick zeigte ihm den Weg, zog einen Felsbrocken aus der Dunkelheit, gab ihm einen Platz, sich zu verstecken. Als er Schutz gefunden hatte, atmete er trotz seines gemarterten Leibes, roch den Salzduft des Meers und die Fäulnis toter Fische.
    Und außerdem nahm er einen blechernen Geruch wahr. Einen scharfen, blechernen …
    Vorsichtig warf er einen Blick um die Felskante herum. Obwohl seine Augen schwach waren, konnte er doch die Gestalt des Vampirs ausmachen, der mit der Herrin in seine Zelle gekommen war. Der Krieger hatte sich mit dem Rücken an die Wand gesetzt, das lange Haar hing ihm in Strähnen über die breiten Schultern. Seine teuren Kleider waren zerrissen, sein gelber Blick glühte vor Kummer.
    Das war der andere Duft, dachte der Sklave. Diese Traurigkeit, die der Mann empfand, hatte einen Duft.
    Als der Sklave wieder schnüffelte, spürte er ein seltsames Ziehen im Gesicht, und er hob die Fingerspitzen an die Wange. Da war eine Furche in seiner Haut … Er folgte ihr bis zur Stirn. Dann hinunter zur Lippe. Und erinnerte sich wieder an das Messer, das auf ihn zugeflogen war. Erinnerte sich daran, geschrien zu haben, als es ihn schnitt.

    Der Sklave begann zu zittern und schlang die Arme um sich.
    »Wir sollten einander wärmen«, sagte der Krieger. »Glaub mir, nur das habe ich getan. Ich habe keine … Absichten mit dir gehabt. Ich möchte dir nur Linderung verschaffen, wenn ich kann.«
    Aber hatten nicht alle Männer der Herrin mit dem Sklaven zusammen sein wollen? Deshalb brachte sie sie doch zu ihm. Sie sah gern zu …
    Dann jedoch fiel dem Sklaven wieder ein, wie der Krieger den Dolch erhoben hatte, als wollte er die Herrin ausweiden.
    Der Sklave öffnete den Mund und fragte heiser: »Wer seid Ihr, Sire?«
    Sein Mund verweigerte ihm den Gehorsam, und die Worte waren kaum verständlich. Er versuchte es erneut, doch der Krieger unterbrach ihn.
    »Ich habe deine Frage verstanden.« Der blecherne Duft der Traurigkeit wurde stärker, bis er selbst den Fischgeruch überstieg. »Ich bin Phury. Ich bin … dein Bruder.«
    »Nein.« Der Sklave schüttelte den Kopf. »Wahrlich, ich habe keine Familie. Sire.«
    »Ich bin nicht …« Der andere räusperte sich. »Ich bin kein Sire für dich. Und du hattest immer eine Familie. Man hat dich uns weggenommen. Ich habe ein Jahrhundert lang nach dir gesucht.«
    »Ich fürchte, Ihr irrt euch.«
    Der Krieger machte Anstalten aufzustehen, und der Sklave schreckte zurück, ließ die Augen sinken und bedeckte den Kopf mit den Armen. Er konnte es nicht ertragen, wieder geschlagen zu werden, selbst wenn er es wegen seiner Aufsässigkeit verdient hatte.
    Rasch sagte er mühsam mit seiner neuen, ver zerrten Sprache: »Ich wollte Euch nicht beleidigen, Sire. Ich schulde Euch nur meine Ehrerbietung für Euren höheren Stand.«

    »Süße Jungfrau im Schleier.« Ein erstickter Laut drang durch die Höhle. »Ich werde dich nicht schlagen. Du bist in Sicherheit … Bei mir bist du in Sicherheit. Du wurdest gefunden, mein Bruder.«
    Wieder schüttelte der Sklave den Kopf, er wollte nichts davon hören. Denn unvermittelt wurde ihm bewusst, was bei Einbruch der Nacht geschehen würde, geschehen müsste. Er war Eigentum der Herrin und müsste ihr zurückgegeben werden.
    »Ich flehe Euch an«, stöhnte er, »bringt mich nicht zu ihr zurück. Tötet mich jetzt … Aber liefert mich ihr nicht wieder aus.«
    »Eher würde ich uns beide töten, als dich dorthin zurückkehren zu lassen.«
    Der Sklave blickte auf. Die gelben Augen des Kriegers brannten in der Dunkelheit. Lange Zeit verlor sich der Blick des Sklaven in diesem Schein. Und dann erinnerte er sich an lang, lang vergangene Zeiten, als er aus seiner Transition in Gefangenschaft erwacht war. Die Herrin hatte ihm gesagt, sie liebe seine Augen … seine leuchtend gelben Augen.
    Es gab nur sehr wenige seiner Art mit einer Iris aus hellem Gold.
    Die Worte und Taten des Kriegers drangen langsam zu ihm durch. Warum sollte ein Fremder darum kämpfen, ihn zu befreien?
    Der Krieger regte sich, zuckte und hob einen seiner Oberschenkel mit den Händen hoch.
    Der Unterschenkel war nicht mehr da.
    Die Augen des Sklaven weiteten sich beim Anblick des verlorenen Körperteils. Wie hatte der Krieger sie beide mit dieser Verletzung aus dem Wasser retten können? Er musste schon Mühe gehabt haben, sich selbst über

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