Black Dagger 06 - Dunkles Erwachen
kümmern.«
Ihre hellen blauen Augen musterten ihn. »Du bist ein guter Mann, Rehvenge.«
Auf diese Fehleinschätzung ging er nicht weiter ein, sondern konzentrierte sich auf den Verkehr.
Zwanzig Minuten später traten sie aus einem Hightechaufzug in sein Penthouse. Die Wohnung erstreckte sich über die Hälfte der Fläche eines einunddreißigstöckigen Gebäudes mit Blick über den Hudson River und die ganze Stadt. Wegen der riesigen Fensterfronten nutzte er das Apartment nie tagsüber. Aber für die Nacht war es perfekt.
Er dämpfte das Licht und wartete, bis Marissa sich umgesehen und die Einrichtung inspiziert hatte, die ein Innenausstatter für ihn gestaltet hatte. Ihm waren die Möbel und der Ausblick und die schicken Accessoires völlig egal. Was ihn interessierte, war der Freiraum von seiner Familie. Bella war noch nie hier gewesen, ebenso wenig
wie seine Mutter. Keine von beiden wusste auch nur von dem Penthouse.
Als würde ihr plötzlich bewusst, dass sie Zeit vergeudete, wandte Marissa sich zu ihm um. In diesem Licht war ihre Schönheit absolut überwältigend, und er war dankbar für die Extraration Dopamin, die er sich vor etwa einer Stunde in den Organismus gepumpt hatte. Bei Symphathen hatte die Droge die gegenteilige Wirkung wie bei Menschen oder Vampiren. Die Chemikalie erhöhte eine bestimmte Neurotransmitter-Aktivität und -Rezeption, so dass der Symphath-Patient keine Lust, keinen Schmerz, einfach gar nichts empfinden konnte. Wenn Rehvs Tastsinn ausgeschaltet war, konnte sein Gehirn den Rest seiner Triebkräfte besser kontrollieren.
Was der einzige Grund dafür war, dass Marissa hier mit ihm allein sicher war, in Anbetracht dessen, was sie tun würden.
Rehv zog sich den Mantel aus, dann ging er zu ihr hinüber. Er musste sich noch stärker als üblich auf seinen Stock verlassen, weil er die Augen nicht von ihr abwenden konnte. Fest auf die Gehhilfe gestützt, löste er langsam die Knöpfe, die ihren Mantel zusammenhielten. Sie sah auf seine Hände, zitterte leicht, als er ihr den schwarzen Wollstoff von den Schultern strich. Lächelnd legte er ihn über einen Stuhl. Marissa trug genau die Art von Kleid, die seine Mutter tragen würde, und die er gerne öfter an seiner Schwester sähe: eine blassblaue Satinrobe, die perfekt saß. Von Dior. Sie musste von Dior sein.
»Komm her, Marissa.«
Er zog sie neben sich auf ein Ledersofa. Im Schein der Fenster schimmerte ihr blondes Haar wie ein Seidenschal, und er nahm eine Strähne zwischen die Finger. Ihr Hunger war so stark, dass er ihn deutlich spüren konnte.
»Du hast lange gewartet, nicht wahr?«
Sie nickte und blickte auf ihre Hände. Sie lagen ineinander verschränkt in ihrem Schoß, elfenbeinfarben gegen den hellblauen Satin.
»Wie lange?«
»Monate«, flüsterte sie.
»Dann wirst du viel brauchen, oder?« Als sie nur errötete, drängte er sie. »Oder, Marissa?«
»Ja«, hauchte sie. Man konnte sehen, dass ihr Hunger sie verlegen machte.
Rehv lächelte breit. Es war gut, bei einer Frau von Wert zu sein. Ihre Sittsamkeit und ihre Sanftmütigkeit waren verdammt reizvoll.
Er zog sein Jackett aus und lockerte die Krawatte. Eigentlich hatte er vorgehabt, ihr sein Handgelenk anzubieten, doch nun, da sie vor ihm saß, wollte er sie an seinem Hals. Es war Ewigkeiten her, seit er einer Frau gestattet hatte, sich von ihm zu nähren. Er war überrascht, wie aufgeregt er bei der Vorstellung war.
Dann knöpfte er den Kragen auf. Ungeduldig zerrte er das Hemd aus der Hose und öffnete es bis auf die Brust.
Ihre Augen wurden groß, als sie seine nackte Brust und die Tattoos betrachtete.
»Ich wusste nicht, dass du gekennzeichnet bist«, murmelte sie, die Stimme bebte im Gleichklang mit ihrem Körper.
Doch er lehnte sich zurück, breitete die Arme aus und legte ein Bein hoch. »Komm schon her, Marissa. Nimm dir, was du brauchst.«
Sie blickte auf sein Handgelenk, das noch im Ärmel steckte.
»Nein«, sagte er. »Du sollst es so machen. An meinem Hals. Das ist das Einzige, worum ich bitte.«
Da sie noch zögerte, wusste er, dass die Gerüchte über sie der Wahrheit entsprachen. Sie war tatsächlich noch unberührt von einem Mann. Und ihre Reinheit war … etwas, das ihr zu nehmen war.
Er schloss die Augen fest, als die Dunkelheit in ihm sich regte und atmete, eine Bestie in einem Käfig aus Medikamenten. Vielleicht war das hier doch keine so gute Idee.
Doch da spürte er sie an sich hochkriechen, sie roch so frisch wie der Ozean. Er
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