Black Dagger 07 - Menschenkind
Trainingshalle, jenseits eines Meeres blauer Matten, hingen drei Boxsäcke. Er konzentrierte sich, und vor seinem inneren Auge verwandelte sich der mittlere davon in einen Lesser. Er stellte sich das weiße Haar vor und die blassen Augen und die bleiche Haut, die ihn in seinen Träumen heimsuchten. Dann rannte er los. Die nackten Füße klatschten auf die dicken Plastikmatten.
Sein schmächtiger Körper besaß weder Geschwindigkeit noch Kraft, aber sein Wille war enorm. Und irgendwann innerhalb des kommenden Jahres würde der Rest von ihm zur Stärke seines Hasses aufholen. Er konnte kaum erwarten, dass endlich seine Transition begann.
Die Klinge hoch über den Kopf erhoben, öffnete er den Mund zu einem Kriegsgeheul. Nichts kam heraus, da er stumm war, aber er stellte sich vor, einen Riesenlärm zu veranstalten.
So wie er das sah, hatten die Lesser seine Eltern getötet. Tohr und Wellsie hatten ihn bei sich aufgenommen, ihm erklärt, was er wirklich war, ihm die einzige Liebe gegeben, die er je erfahren hatte. Als diese Bastarde Wellsie ermordet hatten und Tohr daraufhin verschwand, blieb John nichts als seine Rache – Rache für sie und das andere unschuldige Leben, das im Januar verloren worden war.
John näherte sich dem Boxsack frontal, die Arme hoch erhoben. Im letzten Moment duckte er sich, rollte sich über die Matte ab, kam blitzschnell mit dem Messer wieder hoch und traf den Sack von unten mit dem Messer. Wenn das eine echte Kampfsituation gewesen wäre, hätte die Klinge den Lesser in die Eingeweide getroffen. Tief hinein.
Er drehte den Griff herum.
Dann sprang er auf die Füße und wirbelte herum. In seiner Fantasie fiel der Untote auf die Knie und hielt sich das Loch in seinem Unterleib. Nun stach er von oben auf den Boxsack ein, wobei er sich vorstellte, die Klinge hinten in seinem Nacken zu versenken …
»John?«
Keuchend schnellte er herum.
Die Frau, die auf ihn zukam, brachte ihn zum Zittern – und das nicht nur, weil sie ihn zu Tode erschreckt hatte. Es war Beth Randall, die Königin, die Halb-Vampirin, die außerdem seine Schwester war, zumindest laut eines Bluttests. Seltsamerweise nahm sich sein Kopf immer eine kleine Auszeit, wenn sie in der Nähe war, und sein Gehirn bekam einen Krampf; aber wenigstens fiel er nicht mehr in Ohnmacht. Was seine erste Reaktion auf sie gewesen war.
Nun lief Beth über die Matten, eine große, schlanke Frau in Jeans und weißem Rolli, das dunkle Haar von exakt derselben Farbe wie seins. Als sie näher kam, konnte er Wraths Bindungsduft an ihr riechen, das dunkle Aroma ihres Hellren.
John vermutete, dass die Kennzeichnung beim Sex geschah, da der Geruch immer am stärksten war, wenn sie aus ihrem Schlafzimmer kamen.
»John, möchtest du dich zur letzten Mahlzeit der Nacht zu uns setzen?«
Ich muss hierbleiben und üben, bedeutete er mit den Händen. Jeder im Haushalt hatte inzwischen die Zeichensprache gelernt, und dieses Zugeständnis an seine Schwäche, an seine fehlende Stimme, verdross ihn. Er wünschte, sie müssten so etwas nicht für ihn tun. Er wünschte, er wäre normal.
»Wir würden dich gern sehen. Und du verbringst so viel Zeit hier.«
Training ist wichtig.
Sie beäugte die Klinge in seiner Hand. »Andere Dinge aber auch.«
Als er sie nur weiter anstarrte, blickten sich ihre dunkelblauen Augen in der Halle um, als suchten sie nach einem überzeugenden Argument.
»Bitte, John, wir … machen uns Sorgen um dich.«
Es gab eine Zeit, vor etwa drei Monaten, da hätte er sich über diese Worte von ihr gefreut. Von jedem. Aber jetzt nicht mehr. Er wollte nicht, dass sie sich um ihn sorgte. Er wollte, dass sie ihm aus dem Weg ging.
Er schüttelte den Kopf, und sie seufzte tief auf. »In Ordnung. Ich stelle dir etwas zu essen ins Büro, ja? Bitte … iss etwas.«
Er neigte den Kopf einmal, und als sie die Hand hob, wie um ihn anzufassen, trat er beiseite. Ohne ein weiteres Wort wandte sie sich ab und ging zurück über die blauen Matten.
Die Tür schloss sich hinter ihr, und John trabte wieder zum anderen Ende der Halle und kauerte sich hin. Als er erneut losstürmte, hob er die Klinge, so hoch er konnte,
sein grenzenloser Hass verlieh seinen Armen und Beinen Kraft.
Mr X trat um die Mittagszeit in Aktion. Er marschierte in die Garage des Hauses, in dem er seine Akkus wieder auflud, und stieg in den unauffälligen Minivan, der ihm inmitten von Caldwells menschlichem Verkehr als Tarnung diente.
Er hatte kein Interesse an dieser
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