Black Dagger 09 - Seelenjäger
wär’s noch mit einer Augenbinde, dachte er.
Mit Qhuinn an der Spitze quetschten sich die fünf an einem mit einem Seil abgetrennten Bereich vorbei, der von Türstehern im Wandschrankformat bewacht wurde. Auf der anderen Seite der Trennlinie saßen schicke Leute in Designerklamotten an ruhigen Tischen und tranken Alkohol, den John vermutlich noch nicht mal aussprechen konnte.
Qhuinn steuerte zielsicher wie eine Brieftaube auf den
hinteren Teil des Clubs zu und suchte ihnen einen Platz an der Wand mit gutem Blick auf die Tanzfläche und ungehindertem Zugang zur Theke. Er nahm von den Ladies und Blay Bestellungen auf, aber John schüttelte nur den Kopf. Das war keine gute Umgebung, um auch nur im Mindesten die Kontrolle zu verlieren.
Das alles erinnerte ihn an die Zeit, bevor die Bruderschaft ihn aufgenommen hatte. Als er allein draußen in der Welt gelebt hatte, war er daran gewöhnt gewesen, immer und überall der Kleinste zu sein, und genau so war es auch hier. Alle waren größer als er, die Menge ragte über ihm auf, sogar die Frauen. Und es fachte all seine Instinkte an. Wenn man wenig körperliche Mittel zur Verfügung hatte, um sich zu verteidigen, dann musste man sich auf seine wachen Sinne verlassen: Seine Beine in die Hand zu nehmen, war die Strategie, die ihn immer gerettet hatte.
Also, immer außer diesem einen Mal.
»Mann … du bist ja so cool.« In Qhuinns Abwesenheit hingen beide Mädels an Blay. Besonders Betty, die zu glauben schien, dass sie hier im Streichelzoo war.
Blay wusste offenbar nicht, was er sagen sollte. Aber er schüttelte die zwei auch definitiv nicht ab, sondern ließ Bettys Hände wandern, wohin sie wollten.
Qhuinn schlenderte lässig von der Theke zurück. Er fühlte sich hier sichtlich zu Hause, zwei Coronaflaschen in jeder Hand, den Blick auf die Mädels gerichtet. Er bewegte sich, als hätte er jetzt schon Sex, seine Hüften wiegten sich bei jedem Schritt, die Schultern kreisten wie bei einem Mann, dessen Einzelteile funktionstüchtig und einsatzbereit waren.
Mann, die Mädels fuhren völlig auf den Mist ab, ihre Augen leuchteten, als er durch die Masse kam.
»Die Damen, ich brauche ein Trinkgeld für meine Bemühungen. « Er reichte Blay eins der Biere, trank von einem
anderen und hielt die restlichen beiden über seinen Kopf. »Gebt mir einen Vorgeschmack auf das, was ich will.«
Betty sprang sofort darauf an, legte ihm beide Hände auf die Brust und reckte sich nach oben. Qhuinn neigte den Kopf etwas zur Seite, gab aber weiter keine Hilfestellung. Woraufhin sie sich nur noch mehr anstrengte. Als ihre Lippen sich trafen, verzog Qhuinn den Mund zu einem Lächeln … und zog mit einem Arm das andere Mädchen an sich. Betty schien das nicht im Geringsten zu stören, sie half noch, ihre Freundin in den Kreis zu ziehen.
»Lasst uns in die Toiletten gehen«, flüsterte Betty laut.
Qhuinn lehnte sich um Betty herum und gab ihrer Freundin einen Zungenkuss. »Blay? Lust, mitzukommen?«
Blay setzte die Flasche an und schluckte heftig. »Nee, ich bleib hier. Bisschen chillen.«
Seine Augen verrieten ihn, als sie für den Bruchteil einer Sekunde zu John flitzten.
Was John wütend machte. Ich brauche keinen Babysitter.
»Das weiß ich, Kumpel.«
Die Mädchen hingen an Qhuinns Schultern wie Vorhänge und legten die Stirn in Falten, als wäre John die Spaßbremse. Und als Qhuinn von ihnen abrückte, wirkten sie ernstlich angepisst.
John sah seinem Freund unnachgiebig in die Augen. Wag es bloß nicht, jetzt zu kneifen. Sonst rede ich nie wieder ein Wort mit dir.
Betty legte den Kopf schief, das blonde Haar fiel über Qhuinns Arm. »Was ist denn los?«
John gestikulierte: Sag ihr, dass überhaupt nichts los ist und lass dich flachlegen. Das ist mein voller Ernst, Qhuinn.
Qhuinn antwortete: Ich find’s nicht in Ordnung, dich hier allein zu lassen.
»Was ist denn?«, zwitscherte Betty.
Wenn du nicht mitgehst, dann hau ich ab. Ich geh einfach durch die Tür, Qhuinn. Ganz im Ernst.
Qhuinn schloss kurz die Augen. Dann, bevor Betty zum dritten Mal ihre dämliche Frage stellen konnte, sagte er: »Also dann los, meine Damen. Wir sind gleich wieder da.«
Als Qhuinn sich umdrehte und die Mädels neben ihm hertänzelten, wandte sich John an Blay: Jetzt mach schon. Ich warte hier. Da sein Freund nicht reagierte, fügte er hinzu: Blay! Beweg deinen Arsch!
Ein Moment des Zögerns, dann: »Ich kann nicht.«
Warum nicht?
»Weil ich … äh, ich habe versprochen, dich nicht allein
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