Black Dagger 09 - Seelenjäger
Als er sich schleunigst durch den Seitenausgang auf die Nebenstraße verkrümelte, wollte er einen Lesser finden. Musste einen finden. Betete zur Jungfrau der Schr – .
V blieb wie angewurzelt stehen. O nein. Auf gar keinen Fall würde er weiter zu seiner Mutter beten. Oder auch nur diese Formulierung benutzen.
Gott … verflucht.
V ließ sich gegen die kalten Ziegel des ZeroSum sinken, und so sehr es ihn schmerzte, er musste einfach an sein Leben im Kriegerlager zurückdenken.
Das Camp hatte in Mitteleuropa gelegen, tief in einer Höhle. Etwa dreißig Soldaten hatten es als Basis genutzt, aber darüber hinaus hatte es noch weitere Bewohner gegeben. Ein Dutzend Prätrans-Vampire waren zur Grundausbildung dorthin geschickt worden, außerdem gab es ungefähr ebenso viele Huren, die die Vampire mit Nahrung versorgten und ihnen zu Diensten waren.
Der Bloodletter hatte es jahrelang befehligt und einige der besten Kämpfer hervorgebracht, die es je gab. Vier Mitglieder der Bruderschaft hatten dort unter Vs Vater ihre Ausbildung angefangen. Viele andere aber, auf allen Befehlsebenen, hatten nicht überlebt.
Vs früheste Erinnerungen waren die an Hunger und Kälte, er beobachtete andere beim Essen, während sein eigener Magen knurrte. Seine gesamten jungen Jahre hindurch hatte ihn der Hunger angetrieben, und wie bei den anderen noch ungewandelten Vampiren war seine alleinige Motivation gewesen, sich Nahrung zu verschaffen, egal wie.
Vishous wartete im Schatten der Höhle, hielt sich vom flackernden Lichtschein der Feuerstelle fern. Sieben frische Hirsche wurden in einem brachialen Rausch verspeist, die Soldaten schnitten Fleisch von den Knochen und kauten wie Tiere, Blut befleckte ihre Gesichter
und Hände. Am Rand um die Essenden herum drückten sich die Prätrans, zitternd vor Gier.
Wie bei den anderen auch waren Vs Nerven durch die Auszehrung bis zum Zerreißen gespannt. Aber er suchte die Nähe seiner Altersgenossen nicht. Er wartete weit abseits in der Dunkelheit, den Blick auf seine Beute geheftet.
Der Soldat, den er nicht aus den Augen ließ, war fett wie ein Schwein, Hautfalten hingen ihm über die lederne Hose, seine Gesichtszüge waren schwammig. Der Vielfraß trug meistens keinen Waffenrock, seine pralle Brust und die aufgeblähte Wampe wackelten, wenn er herumstolzierte und nach den Hunden des Lagers trat oder den Huren nachstellte. Trotz seiner Faulheit war er allerdings ein bösartiger Meuchler; was ihm an Schnelligkeit fehlte, machte er durch rohe Kraft wett. Angeblich riss er den Lessern mit seinen Händen, die so groß waren wie der Kopf eines ausgewachsenen Vampirs, die Gliedmaßen ab und fraß sie auf.
Bei jeder Mahlzeit war er unter den Ersten, die sich auf das Fleisch stürzten, und er aß schnell, wenn ihn auch ein Mangel an Sorgfalt leicht beeinträchtigte. Er achtete nicht sonderlich darauf, was wirklich in seinem Mund landete: Fleischstücke und Blutklumpen und Knochensplitter hüllten seinen Bauch und die Brust ein wie eine Uniform, gewebt aus seinen schlampigen Handgriffen.
In dieser Nacht hörte der Mann früh auf und ging in die Hocke, einen Hirschschenkel in der Faust. Obwohl er gesättigt war, hielt er sich in der Nähe des Kadavers auf, von dem er gegessen hatte, und schubste nur aus Spaß andere Soldaten weg.
Als es Zeit für die Trainigsstrafen wurde, rückten die Kämpfer von der Feuerstelle zum Podest des Bloodletter vor. Im Schein der Fackeln mussten sich Soldaten, die in den Übungskämpfen verloren hatten, bücken und wurden von jenen, die sie besiegt hatten, geschändet und verhöhnt – angefeuert durch die anderen. In der Zwischenzeit fielen die Prätrans über die Reste der Hirsche her, während die Frauen des Lagers mit starren Blicken warteten, bis sie an der Reihe waren.
Der von V beobachtete Dickwanst begeisterte sich nicht sehr für die Demütigungen. Der Soldat sah ein Weilchen zu, dann schlenderte er weg, das Hirschbein in der Hand baumelnd. Sein schmutziges Lager befand sich am hintersten Rand des Schlafbereichs der Soldaten, weil sein Gestank selbst für seine Kampfgefährten zu übel war.
Ausgestreckt sah er aus wie ein hügeliges Gelände, sein Körper bildete eine Reihe von Bergen und Tälern. Der Hirschschenkel quer über seinem Bauch war das Gipfelkreuz.
V hielt sich im Hintergrund, bis die Knopfaugen des Soldaten von fleischigen Lidern bedeckt waren und seine massige Brust sich immer langsamer und gleichmäßiger hob und senkte. Bald schon klappte
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