Black Dagger 09 - Seelenjäger
seine Feinde ins Jenseits beförderte, musste ein gewisser Verhaltenskodex gewahrt werden.
Das wäre hier nicht der Fall.
Phury hob den Lesser an seinem Ledergürtel und den
blassen Haaren hoch und schleuderte ihn mit dem Kopf voran in ein Backsteingebäude wie einen Rammbock. Ein gedämpfter, fleischiger Schlag war zu hören, als die Stirn zerplatzte und die Wirbelsäule sich durch den Hinterkopf bohrte.
Doch das Wesen war nicht tot. Um einen Vampirjäger zu töten, musste man ihm in die Brust stechen. Wenn man ihn so hier liegen ließ, dann würde er einfach nur in einem dauerhaften Verwesungszustand verharren, bis Omega sich schließlich den Körper zurückholen würde.
Am Arm schleifte Phury den Kerl hinter einen Müllcontainer und zückte einen Dolch. Er benutzte die Waffe nicht, um den Jäger zurück zu seinem Meister zu befördern. Sein Zorn, diese Emotion, die er so ungern spürte, diese Kraft, die er sich nicht an Leute oder Ereignisse zu knüpfen gestattete, war brüllend zum Leben erwacht. Und seine Kraft war unbestreitbar.
Die Grausamkeit seiner Handlung befleckte sein Gewissen. Obwohl das Opfer ein amoralischer Killer war, der vor gerade mal zwanzig Minuten beinahe zwei Vampire umgebracht hätte, war das, was Phury tat, trotzdem falsch. Die Vampire waren gerettet. Der Feind unschädlich gemacht. Das Ende sollte sauber erfolgen.
Er ließ sich freien Lauf.
Als der Lesser vor Schmerz aufheulte, fuhr Phury mit dem fort, was er ihm antat, seine Hände und die Klinge schnitten zügig durch nach Talkum riechende Haut und Organe. Schwarzes glänzendes Blut floss auf den Asphalt und rann über Phurys Arme und verschmierte seine Stiefel und spritzte auf die Lederhose.
Immer weiter machte er, der Vampirjäger wurde zu einem Blitzableiter für seine Wut und seinen Selbsthass, ein Gegenstand, an dem er seine Gefühle abreagieren konnte. Selbstverständlich sank er dadurch nur noch mehr in seiner
eigenen Achtung, doch er hörte nicht auf. Er konnte nicht aufhören. Sein Blut war Propangas, und seine Gefühle waren eine Stichflamme. Die Explosion war unvermeidbar.
Völlig in seine schauerliche Tat versunken, hörte er den anderen Lesser nicht, der sich von hinten anschlich. Er witterte den Talkumgeruch unmittelbar, bevor das Wesen zuschlug, und konnte dem Baseballschläger nur knapp ausweichen, der auf seinen Schädel zielte.
Seine Wut verlagerte sich von dem bewegungsunfähigen Jäger auf den, der noch auf den Beinen war, und unter lautem Aufbrüllen seiner Kriegergene griff er an. Den schwarzen Dolch vor sich haltend, ging er tief in die Hocke und peilte den Unterleib an.
Er schaffte es nicht.
Der Lesser traf ihn mit dem Schläger an der Schulter, dann donnerte er Phury einen schwungvollen Hieb seitlich gegen das Knie des gesunden Beins. Als er zu Boden ging, konzentrierte er sich darauf, seinen Dolch festzuhalten, doch der Lesser war ein echter Profi mit seinem Aluminiumprügel. Noch ein Schlag, und die Klinge flog durch die Luft, vollführte ein paar Drehungen und tanzte dann über den nassen Asphalt davon.
Der Lesser sprang auf Phurys Brustkorb und drückte ihn mit einer Hand um die Kehle zu Boden, sein Griff war so stark wie ein Drahtseil. Phury umklammerte das kräftige Handgelenk, als seine Luftröhre zusammengequetscht wurde, doch dann hatte er plötzlich ein noch viel dringenderes Problem als Sauerstoffmangel. Der Jäger ließ den Baseballschläger nach und nach durch seine Hand rutschen, bis er das Gerät um die Mitte hielt. Dann hob er mit tödlicher Konzentration den Arm hoch in die Luft und schmetterte Phury das dicke Ende mitten aufs Gesicht.
Der Schmerz explodierte in Wange und Auge, wie ein
weiß glühendes Schrapnell schoss er durch seinen gesamten Körper.
Und es war … merkwürdig gut. Es betäubte alles andere. Er kannte nur noch die Wucht, die sein Herz zum Stillstand brachte, und das elektrisierende Pochen unmittelbar danach.
Das gefiel ihm.
Durch das verbliebene noch funktionstüchtige Auge sah er den Lesser erneut den Schläger heben wie einen Kolben. Phury zog nicht einmal den Kopf ein. Er beobachtete einfach nur die Kinetik in ihrem Ablauf, er wusste, dass die Muskeln, die zusammenspielten, um das Stück poliertes Metall zu schwenken, sich anspannen und das Ding wieder auf sein Gesicht herabsausen lassen würden.
Zeit für den Todesstoß, dachte er wie durch einen Nebel. Die Augenhöhle war aller Wahrscheinlichkeit nach schon zerschmettert, oder zumindest gebrochen. Noch
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