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Black Dagger 10 - Todesfluch

Black Dagger 10 - Todesfluch

Titel: Black Dagger 10 - Todesfluch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J.R. Ward
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gedämpft, und es würde schwierig sein, ihre Worte zu vernehmen. Doch ihr stand ohnehin keine eigene Rolle in der Besichtigungszeremonie oder im bevorstehenden Vereinigungsritual zu. Sie war ein Symbol, keine Frau, daher wäre eine Reaktion ihrerseits weder erforderlich noch erwünscht. Die Traditionen herrschten uneingeschränkt.
    »Vollkommen«, sagte eine ihrer Schwestern.
    »Exquisit.«
    »Unserer würdig.«
    Cormia öffnete den Mund und flüsterte vor sich hin: »Ich bin ich. Ich bin ich. Ich bin ich …«
    Tränen stiegen auf und rollten über ihre Wangen, doch sie konnte ihr Gesicht nicht anfassen, um sie abzuwischen, also rannen sie ihr über den Hals und verloren sich in ihrem Gewand.
    Jäh verselbstständigte sich ihre Panik, wie ein wildes Tier, das aus dem Käfig gelassen wird. Cormia wirbelte herum, zwar behindert von der schweren Robe, doch getrieben von einem Drang zu fliehen, den sie nicht im Zaum halten konnte. Blind stürmte sie in die Richtung, in der sie die Tür vermutete, das schwere Kleid mit sich zerrend. Spitze Schreie der Überraschung hallten durch die Badekammer, neben dem Geräusch zersplitternder Flaschen und Schalen und Tiegel.
    Sie schlug wild um sich, versuchte, die Robe abzuschütteln, sich in ihrem verzweifelten Wunsch nach Erlösung von ihrem Schicksal zu befreien.

12
    In Caldwells Innenstadt, im nordöstlichen Winkel des Krankenhauskomplexes von St. Francis, legte Dr. Manuel Manello den Hörer auf seinem Schreibtisch auf, ohne eine Nummer gewählt oder einen Anruf entgegengenommen zu haben. Er starrte die Telefonanlage an. Das Gerät strotzte vor Knöpfen, mit seinen ganzen Tasten und Hebeln der feuchte Traum eines Elektronikjunkies.
    Er wollte es quer durch den Raum schmeißen.
    Wollte er, tat er aber nicht. Das Werfen von Tennisschlägern, Fernbedienungen, Skalpellen und Büchern hatte er eingestellt, als er beschloss, der jüngste Chefarzt in der Geschichte des St. Francis zu werden. Seit damals beschränkten sich seine Geschosse auf leere Flaschen oder Schokoriegelpapier, die er in Mülleimern versenkte. Und das auch nur, um sein Augenmaß zu trainieren.
    Jetzt rutschte er auf seinem Ledersessel zurück und drehte sich zum Fenster um. Er hatte ein hübsches Büro. Groß,
sehr edel, Mahagoniverkleidung und Orientteppiche. Der Thronsaal, wie er genannt wurde, diente seit fünfzig Jahren dem Chefarzt als Residenz. Seit drei Jahren hockte Manny schon brav in dieser Bude, und wenn er jemals einen Augenblick Pause hätte, würde er das Zimmer sofort renovieren. Dieser ganze Spießerschick bescherte ihm regelmäßig Gänsehaut.
    Wieder dachte er an das bescheuerte Telefon und wusste, er würde sich einen Anruf nicht verkneifen können, den er lieber sein ließe. Es war einfach so verdammt schwach von ihm, und genau so würde es auch rüberkommen, selbst wenn er seine übliche Machoarroganz raushängen ließe.
    Trotzdem würde er seinen Fingern im Endeffekt freien Lauf lassen.
    Um das Unausweichliche hinauszuzögern, schaute er eine Zeit lang aus dem Fenster. Von hier oben konnte er den ordentlich angelegten Eingangsbereich des Krankenhauses sehen, ebenso wie auch die Stadt dahinter. Das war eindeutig der beste Ausblick auf dem ganzen Gelände. Im Frühling blühten Kirschbäume und Tulpen auf dem Streifen zwischen den Zufahrten. Und im Sommer grünten zu beiden Seiten der Anfahrt Ahornbäume wie Smaragde, bis sie sich im Herbst pfirsichfarben und gelb färbten.
    Normalerweise nahm er sich nicht die Zeit, die Aussicht zu genießen, wenn er auch durchaus zu schätzen wusste, dass sie da war. Aber manchmal musste ein Mann seine Gedanken ordnen.
    Das hier war einer dieser Momente.
    Gestern Abend hatte er Jane auf dem Handy angerufen, da er davon ausging, dass sie von ihrem Vorstellungsgespräch zurück sein müsste. Sie hatte nicht abgehoben. Dann hatte er sie heute Morgen angerufen. Nichts.
    Na schön. Wenn sie nichts von diesem verdammten Termin
an der Columbia erzählen wollte, würde er eben direkt die Quelle anzapfen. Also rief er eben den dortigen Chefarzt selbst an. Sein ehemaliger Mentor würde sich bestimmt nicht lange bitten lassen, ein paar Einzelheiten preiszugeben, so wie er ihn kannte, aber Mannomann, kotzte ihn das an, dass er zu solchen Mitteln greifen musste.
    Manello drehte den Stuhl herum, tippte zehn Ziffern ein und wartete, mit seinem Montblanc-Füller auf seinen Block tippend.
    Als das Klingeln unterbrochen wurde, gab er dem Angerufenen gar nicht erst die

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