Black Dagger 13 - Racheengel
kommen, nur damit er sie im Arm halten konnte. Er wollte, dass sie ihm verzieh.
Er wollte schlafen.
Stattdessen stand der König auf, hob seine Waffen vom Boden neben dem Schreibtisch auf und legte sie an. Dann verließ er das Arbeitszimmer mit der Lederjacke in der Hand, ging die Freitreppe herunter, durch die Eingangshalle und in die kalte Nacht hinaus. So wie er die Sache sah, blieben ihm die Kopfschmerzen erhalten, egal, wo er hinging, also konnte er sich genauso gut etwas nützlich machen und nach Tohr suchen.
Als er seine Jacke anzog, dachte er plötzlich an seine Shellan und wo sie in der vorigen Nacht hingegangen war.
Heilige Scheiße. Er wusste genau, wo Tohr steckte.
Eigentlich wollte Ehlena Rehvenges Terrasse sofort verlassen, aber als sie in die Schatten trat, musste sie einfach noch einmal zum Penthouse zurückschauen. Durch die Scheiben beobachtete sie, wie Rehvenge sich abwandte und langsam die Glasfront des Penthouses abschritt -
Sie stieß mit dem Schienbein an etwas Hartes. »Verflixt!«
Als sie auf einem Bein herumhüpfte und sich das Schienbein rieb, bedachte sie die Vase aus Marmor, gegen die sie gerannt war, mit einem finsteren Blick.
Rehvenge war in einen anderen Raum gegangen und dort vor einem Tisch stehen geblieben, der für zwei gedeckt war. Kerzen glänzten inmitten von schimmerndem Kristallglas und Silber. Durch die große Scheibe sah sie, wie viel Mühe er sich für sie gemacht hatte.
»Verdammt...«, flüsterte sie.
Rehvenge ließ sich ebenso behutsam nieder, wie er lief, und blickte erst hinter sich, um sich zu vergewissern, dass der Stuhl an der richtigen Stelle stand, dann stützte er beide Hände auf die Tischplatte und setzte sich. Das Tütchen, das sie ihm gegeben hatte, wurde auf den Tisch gelegt, und als er es zu streicheln schien, standen seine zärtlichen Finger im Widerspruch zu den breiten Schultern und der dunklen Kraft in seinen harten Zügen.
Als Ehlena in seinen Anblick versank, spürte sie die Kälte nicht mehr, oder den Wind, oder den Schmerz in ihrem Schienbein. In Kerzenlicht gebadet, den Kopf leicht gesenkt und das Profil so stark und bestimmt, war Rehvenge unermesslich schön.
Auf einmal schoss sein Kopf hoch, und er blickte sie direkt an, obwohl sie in der Dunkelheit stand.
Ehlena trat einen Schritt zurück und fühlte die Ummauerung der Terrasse an ihrer Hüfte, aber sie dematerialisierte sich nicht. Auch nicht, als er den Stock auf den Boden stemmte und sich zu voller Größe aufrichtete.
Und auch nicht, als sich die Tür vor ihm durch seinen Willen öffnete.
Sie hätte eine bessere Lügnerin sein müssen, um glaubhaft vorzugeben, nur in die Nacht hinauszublicken. Und sie war auch nicht feige und verschwand.
Ehlena ging stattdessen auf ihn zu. »Du hast deine Tabletten noch nicht genommen.«
»Ist es das, worauf du wartest?«
Ehlena verschränkte die Arme. »Ja.«
Rehvenge schielte über die Schulter zum Esstisch mit den zwei leeren Tellern. »Du hast gesagt, ich soll sie mit einer Mahlzeit einnehmen.«
»Ja, das habe ich.«
»Nun, es sieht so aus, als müsstest du mir beim Essen zusehen.« Der elegante Schwung des Arms, der sie einlud, war eine Aufforderung, der sie eigentlich nicht folgen sollte. »Willst du dich zu mir setzen? Oder möchtest du hier draußen in der Kälte warten? Oder Moment, vielleicht hilft ja das.« Er stützte sich schwer auf seinen Stock, ging zum Tisch und blies die Kerzen aus.
Die sich kringelnden Rauchwolken über den Dochten erschienen ihr wie eine Klage über all die verpassten Gelegenheiten des Abends: Er hatte für sie beide gekocht. Sich Mühe gegeben. Sich schön gemacht.
Sie ging hinein, weil sie seinen Abend schon genug ruiniert hatte.
»Setz dich doch«, forderte er sie auf. »Ich komme gleich mit meinem Teller zurück. Es sei denn...?«
»Ich habe schon gegessen.«
Er verbeugte sich leicht, als sie sich einen Stuhl heranzog. »Selbstverständlich.«
Rehvenge ließ seinen Stock am Tisch gelehnt stehen und ging hinaus, wobei er sich an Stuhllehnen, der Anrichte und dem Rahmen der Schwingtür festhielt. Als er ein paar Minuten später zurückkam, wiederholte er das Schema mit der freien Hand und setzte sich dann konzentriert auf den Stuhl am Kopfende des Tisches. Dann nahm er ein wohlproportioniertes Silbermesser zur Hand und begann wortlos, sein Fleisch zu schneiden. Er aß manierlich und mit Bedacht.
Himmel, sie fühlte sich wie die Eisprinzessin der Woche,
so wie sie hier vor einem leeren Teller
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