Black Dagger 13 - Racheengel
tot, war der Rat der erste Ort, an dem das Volk nach seinem Mörder suchen würde. Und Rehv, ein Symphath, stellte den perfekten Sündenbock dar. Jeder wusste, zu was Symphathen fähig waren! Und Montrag würde bei der Klärung des Motivs helfen, indem er von Rehvs Besuch kurz vor dem Mord berichtete, bei dem sein Gast mit seltsamer Gewissheit von unvorhergesehenen Veränderungen gesprochen hatte. Außerdem verliefen Morde nie ganz sauber. Ohne Zweifel würde es Indizien geben, die Rehv mit dem Mord in Verbindung brachten, ob sie nun real existierten, oder weil man nach genau dieser Sorte Beweis suchte.
Und wenn Rehv Montrag beschuldigte? Niemand würde ihm glauben. Erstens, weil er Symphath war, aber auch, weil Montrag in der Tradition seines Vaters einen unbescholtenen und vertrauenswürdigen Ruf als Geschäftspartner und Mitglied der Gesellschaft kultiviert hatte. Soweit die anderen Ratsmitglieder wussten, war er über jeden Zweifel erhaben, jedes Betruges unfähig, ein ehrbarer Vampir von edelstem Geblüt. Niemand von ihnen ahnte, dass er und sein Vater viele Partner, Kollegen und Blutsverwandte übers Ohr gehauen hatten – denn sie hatten ihre Opfer stets mit größter Sorgfalt ausgesucht, um den Schein zu wahren.
Also würde Rehv wegen Verrats angeklagt, eingesperrt und entweder nach Vampirrecht zum Tode verurteilt oder in die Symphathen -Kolonie deportiert werden, wo man ihn dafür töten würde, ein Mischling zu sein.
Beide Ausgänge waren akzeptabel.
Alles war bereits eingefädelt, deshalb hatte Montrag auch gerade seinen engsten Freund angerufen.
Er nahm das Dokument, faltete es und steckte es in ein dickes, cremefarbenes Kuvert. Dann zog er einen Bogen seines persönlichen Briefpapiers aus einer geprägten Lederschachtel, schrieb einen kurzen Brief an den Vampir, den er als Stellvertreter bestellen wollte, und besiegelte damit Rehvs Untergang. In seinem Brief erklärte er, dass er – wie am Telefon erklärt – Beigefügtes in den privaten Unterlagen seines Vaters gefunden hatte. Und sollte sich dieses Dokument als echt erweisen, sei er um die Zukunft des Rates besorgt.
Natürlich würde die Rechtsanwaltskanzlei seines Freundes das Dokument beglaubigen. Und bis dahin wäre Wrath tot und Rehv bereit, die Schuld auf sich zu laden.
Montrag hielt einen Stift roten Siegelwachses über eine Flamme, träufelte ein paar Tropfen auf die Lasche des Kuverts und versiegelte die eidesstattliche Versicherung darin. Vorne drauf kam der Name des Vampirs, und in der Alten Sprache schrieb er »Nur persönlich aushändigen«. Dann war er fertig, schloss die Metallkassette ab, schob sie unter den Schreibtisch und legte den Schlüssel zurück an seinen Aufbewahrungsort in der geheimen Schublade.
Ein Knopf am Telefon rief den Butler herbei, der den Umschlag entgegennahm und unverzüglich davoneilte, um ihn in die richtigen Hände zu befördern.
Zufrieden brachte Montrag die Kassette zurück zum Wandsafe, klappte das Gemälde nach außen, stellte die
Kombination seines Vaters ein und räumte das verbleibende Dokument an seinen Platz: Eine Kopie für sich zu behalten war eine reine Vorsichtsmaßnahme, eine Versicherung für den Fall, dass etwas mit jenem Dokument geschah, das sich gerade auf dem Weg über die Grenze nach Rhode Island befand.
Als er den Turner wieder zurückklappte, sprach die Landschaft zu ihm wie immer, und einen Moment lang erlaubte er sich, aus dem Chaos herauszutreten, das er mit Absicht kreierte, und sich in der friedlichen, betörenden See zu verlieren. Sicher wehte dort ein warmer Hauch, dachte er.
Liebste Jungfrau der Schrift, wie er den Sommer während dieser kalten Wintermonate herbeisehnte, doch andererseits war es der Kontrast, der das Herz belebte. Ohne die Kälte des Winters würde man die lauen Nächte des Augusts nicht zu würdigen wissen.
Er stellte sich vor, wo er in sechs Monaten wäre, wenn ein voller Mond über Caldwell aufginge. Im Juni wäre er der König, ein gewählter und geachteter Monarch. Wenn das sein Vater nur noch hätte erleben können -
Montrag hustete. Atmete mit einem Hicksen ein. Fühlte etwas Nasses.
Er blickte an sich herab. Die Vorderseite seines weißen Hemdes war blutgetränkt.
Er öffnete den Mund, um erschrocken aufzuschreien, versuchte, tief einzuatmen, doch es gluckerte nur -
Seine Hände fuhren zu seinem Hals und stießen auf einen sprudelnden Strahl, wo das Blut aus seiner Halsschlagader schoss. Als er herumwirbelte, stand eine Vampirin in
Weitere Kostenlose Bücher