Black Dagger 15 - Vampirseele
Herzschlags anfing, ihn zu stören, fluchte John, streckte sich und schaltete das Licht ein. Als er sich wieder in die Kissen zurücklehnte, ließ er seine Arme schwer nach unten fallen. Er war zwar kein Flimmerkistenfan wie Lassiter, aber im Moment war alles besser als diese Stille. Er suchte zwischen den leeren Flaschen nach der Fernbedienung, und als er sie fand, drückte er den ON-Knopf. Es dauerte einen Moment, bis ein Bild zu sehen war, als ob das Ding schon vergessen hätte, wozu es eigentlich gut war.
Linda Hamilton rannte gerade einen Gang hinunter, ihr Körper strotzte nur so vor Kraft. Am Ende des Ganges öffnete sich eine Fahrstuhltür und gab den Blick auf einen Lift frei … mit einem dunkelhaarigen kleinen Jungen und Arnold Schwarzenegger darin.
John drückte erneut auf die Fernbedienung, und das Bild verschwand wieder.
Das letzte Mal, als er den Film gesehen hatte, war Tohr mit dabei gewesen … damals, als der Bruder ihn aus seiner erbärmlichen Existenz herausgeholt und ihm gezeigt hatte, wer er wirklich war … bevor alle Nähte in ihrem Leben auseinandergerissen worden waren.
Bereits im Waisenhaus, in der Welt der Menschen, war John bewusst gewesen, dass er anders war … und der Bruder hatte ihm an diesem Abend gezeigt, warum. Das Hervorblitzen seiner Fänge war Erklärung genug gewesen.
Natürlich brachte die Erkenntnis, dass er gar nicht so war, wie er immer geglaubt hatte, einen ganzen Haufen Ängste mit sich. Aber Tohr hatte ihm zur Seite gestanden, mit ihm herumgehangen und ferngesehen, obwohl er an diesem Abend Einsatzbereitschaft gehabt hatte und eine schwangere Shellan, um die er sich kümmern musste.
Das war das Netteste, was man jemals für John getan hatte.
John kehrte wieder in die Wirklichkeit zurück und ließ die Fernbedienung auf den Nachttisch fallen, von wo sie abprallte und eine der leeren Flaschen umstieß. Als der letzte Schluck Bourbon aus der Flasche rann, griff er hinüber und schnappte sich ein zerknittertes T-Shirt, um damit die Sauerei aufzuwischen. Angesichts des Chaos, das im gesamten Zimmer herrschte, war das in etwa so sinnvoll, wie einen Big Mac und eine Portion Pommes mit einer Diätcola hinunterzuspülen.
Wie auch immer.
Er wischte die Oberfläche ab, indem er jede Flasche einzeln hochhob, und öffnete dann die kleine Schublade, um ihren Vorderrand sauberzumachen.
Er warf das T-Shirt auf den Boden, griff in die Schublade und nahm ein altes, ledergebundenes Buch heraus.
Das Tagebuch war seit über sechs Monaten in seinem Besitz, aber er hatte es noch nicht gelesen.
Es war das Einzige, was ihm von seinem Vater geblieben war.
Nachdem er nichts anderes zu tun hatte und nirgendwo hin musste, schlug er das Buch auf.
Die Seiten waren aus Pergament und rochen alt, aber die Tintenschrift war noch gut lesbar.
John dachte an die Notizen, die er in Sal’s Restaurant für Trez und iAm gemacht hatte, und fragte sich, ob sich seine Handschrift und die seines Vaters wenigstens etwas ähnlich sahen. Da die Tagebucheinträge in der Alten Sprache geschrieben worden waren, konnte er das leider nicht überprüfen.
Er konzentrierte seine müden Augen auf die Schrift und begann damit, zu untersuchen, wie die einzelnen Zeichen gebildet wurden, wie die Tintenstriche sich zu Symbolen vereinten, wie fehlerlos und ohne Streichungen die geschriebenen Seiten waren und wie gerade die Zeilen verliefen, obwohl die Seiten nicht liniert waren. Er stellte sich vor, wie Darius bei Kerzenlicht den Federkiel in die Tinte tauchte …
Ein seltsamer Schauer lief durch Johns Körper, und er fragte sich, ob er sich gleich würde übergeben müssen … aber die Übelkeit verging, als ein Bild vor seinem inneren Auge erschien.
Ein riesiges Steingebäude, das dem Haus, in dem sie jetzt lebten, nicht unähnlich war. Ein Zimmer voller schöner Dinge. Ein auf diesen Seiten an einem Schreibtisch eilig vorgenommener Eintrag, geschrieben vor einem großen Ball.
Das Licht der Kerze, warm und weich.
John schüttelte sich und blätterte weiter durch die Seiten. Dabei begann er irgendwann, nicht nur die Zeichen zu betrachten, sondern die Zeilen zu lesen …
Die Farbe der Tinte wechselte von Schwarz zu Braun, als sein Vater über seine erste Nacht im Kriegerlager schrieb. Wie kalt es war. Wie verängstigt er war. Wie sehr er sein Zuhause vermisste.
Wie alleine er sich fühlte.
John konnte die Gefühle des jungen Vampirs so gut nachempfinden, dass es beinahe keine Trennung zwischen Vater und Sohn
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