Black Dagger 16 - Mondschwur
Wachstum.
Ironischerweise schien alles gut gepflegt zu sein, aber es gab niemanden, der sich darum kümmerte. Denn wer brauchte schon einen Gärtner, wenn er einen Gott hatte, der alles im Idealzustand erschaffen konnte – und es dann konservierte.
Auf gewisse Weise machte das No’One zu einem Wunder. Dass sie ihre Geburt hier überleben und die nicht vorhandene Luft atmen durfte, obwohl sie nicht perfekt war.
»Ich will das alles nicht«, meinte Payne. »Wirklich nicht.«
Als darauf kein Kommentar folgte, blickte sie über die Schulter … und zog die Stirn in Falten. Die Dienerin war gegangen, wie sie hereingekommen war, geräuschlos und ohne Trara. Und sie hatte die Umgebung durch ihre fürsorgliche Berührung verbessert.
Als ein Schrei in ihrer Kehle aufstieg, wusste Payne, dass sie sich befreien musste. Ansonsten würde sie durchdrehen.
Im Farmgebiet von Caldwell erhielt Xhex endlich die Gelegenheit, einen Blick ins Haus zu werfen, als die Polizei schließlich um fünf Uhr nachmittags abzog. Die Männer in ihren blauen Uniformen sahen so aus, als ob sie nicht nur ihren wohlverdienten Feierabend, sondern gleich eine ganze Woche Urlaub gebrauchen könnten. Das stundenlange Waten durch stockendes Blut forderte selbst von den härtesten Typen Tribut. Die Cops sperrten alles ab, versiegelten Vorder – und Hintertür und stellten sicher, dass der ganze Hof durch einen Ring aus gelbem Tatort-Absperrband gesichert war. Anschließend stiegen sie in ihre Autos und fuhren davon.
»Lasst uns hineingehen«, meinte Xhex zu den Schatten.
Sie dematerialisierte sich und nahm mitten im Wohnzimmer wieder Gestalt an. Trez und iAm folgten ihr direkt auf dem Fuße. Ohne sich groß abzusprechen, schwärmten sie aus und suchten nach Dingen, von denen die Menschen nicht wussten, dass sie danach hätten suchen sollen.
Nachdem sie zwanzig Minuten lang durch die Sauerei im Erdgeschoss gewatet waren und im ersten Stock nichts als Schmutz und Staub entdecken konnten, gaben sie auf.
Zum Teufel nochmal! Xhex konnte die Körper und
deren emotionale Raster, die voller Leid waren, spüren – aber sie waren nur wie Spiegelungen in Wasser. Es gelang ihr einfach nicht, zu den Gestalten durchzudringen, die diese Wellenbilder verursachten.
»Hat sich Rehv schon gemeldet?«, fragte sie und hob einen ihrer Stiefel, um nachzusehen, wie hoch das Blut an der Sohle hinaufreichte. Bis zum Leder. Na toll!
Trez schüttelte den Kopf. »Nein, aber ich kann ihn ja nochmal anrufen.«
»Nicht nötig. Wahrscheinlich ist er schlafen gegangen.« Mist! Sie hatte gehofft, dass er ihre Nachricht erhalten und sich gleich auf die Jagd nach der Autonummer gemacht hatte.
Sie stand im vorderen Flur, sah sich im Speisezimmer um und konzentrierte sich dann auf den abgewetzten Tisch, der offensichtlich als Schneidebrett benutzt worden war.
Omegas kleiner Freund mit der Vin-Diesel-Kiste würde sicher bald zurückkommen, um die neuen Rekruten zu holen. In ihrem Versteck waren sie ihm nämlich bestimmt nicht von Nutzen. Xhex nahm an, dass sie auf dieselbe Weise weggesperrt worden waren, wie sie damals von Lash, und dass sie sich nicht selbst aus dieser Parallelebene befreien konnten.
Es sei denn, der Bann konnte aus der Ferne aufgehoben werden.
»Wir müssen noch länger bleiben«, meinte Xhex, »und sehen, wer sonst noch hier auftaucht.«
Xhex und die Schatten gingen in die Küche, wo sie nervös hin und her spazierten und frische blutige Fußabdrücke auf dem rissigen Linoleum hinterließen – über die sich die Cops später bestimmt den Kopf zerbrechen würden.
Aber das war nicht ihr Problem.
Sie sah auf die Uhr an der Wand, zählte die leeren Bierfässer, Schnapsflaschen und Bierdosen und ließ ihren Blick über die Kippen von Joints und die puderigen Rückstände von Kokain-Straßen auf dem Tisch wandern.
Dann blickte sie erneut auf die Uhr.
Hinter dem Haus schien die Sonne ihren Untergang abgebrochen zu haben, als ob die goldene Scheibe Angst hätte, von den Ästen der Bäume aufgespießt zu werden.
Nachdem ihre Verfolgungsjagd vorübergehend zum Stillstand gekommen war, hatte sie nichts Besseres zu tun, als über John nachzudenken. Im Moment war er wohl gerade dabei, die verdammten Wände hochzugehen, und in einer Stimmung, in der man dem Feind besser nicht gegenübertrat: Er war bestimmt stocksauer auf sie, abgelenkt und viel zu aufgedreht.
Aber sie konnte ihn leider nicht einfach mal schnell anrufen und mit ihm sprechen. Er konnte ihr ja
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