Black Dagger 16 - Mondschwur
klar: Was er der Nutte gegeben hatte, war zu ihm zurückgekommen.
So funktioniert das also, dachte er sich, atmete tief ein und fühlte sich gleich weniger wie der Tod auf Urlaub.
Was auch immer vom Stahl durchbohrt wurde, kehrte sozusagen zum Absender zurück.
Nun, es kam zurück, vorausgesetzt die Geheimwaffe der Bruderschaft traf nicht vorher ein. Butch O’Neal war Omegas Achillesferse, weil er die Fähigkeit hatte, diese Wiedervereinigung zu verhindern, indem er die Essenz des Bösen in sich aufsog.
Weil er selbst gerade Energie zurückbekommen hatte, konnte Lash jetzt abschätzen, wie wichtig O’Neal wirklich war. Wenn man seine Legosteine nicht zurückbekam,
konnte man nicht viel bauen – oder noch schlimmer: Wenn die Schachtel leer war … was dann? Verschwand man einfach?
Oh ja, es war wichtig, diesem Hurensohn Butch aus dem Weg zu gehen. Ein wirklich guter Tipp.
Lash ging zur Garage und verließ die Ranch mit dem Mercedes in Richtung Innenstadt.
Weil es kurz nach halb zwölf am Vormittag war, traf man überall Menschen in Businesskleidung an, und ganze Schwärme von Halbschuhträgern warteten an den Fußgängerüberwegen auf das grüne Licht, um dann an den Kühlergrills der wartenden Autos vorbeizuschreiten. Sie waren alle so verdammt selbstgerecht, diese Menschen mit ihren hoch gereckten Nasen und den Scheuklappen, für die nichts existierte außer ihrem Meeting, dem Mittagessen oder sonst irgendeiner Zeitverschwendung, zu der sie sich eiligst begaben.
Er wollte das Gaspedal durchtreten und sie in mickrige zusammengekrümmte Bälle verwandeln, doch es gab schon genug, worüber er sich den Kopf zerbrechen musste. Außerdem wusste er Besseres mit seiner Zeit anzufangen. Sein Ziel? Die Trade Street und das Zentrum der Bars und Nachtclubs, die im Gegensatz zum Geschäftsbezirk zu dieser Tageszeit leer sein würden.
Er bog in Richtung Fluss ab, und es wurde ihm klar, dass die zwei Teile der Stadt wie Yin und Yang waren, wenn es um Menschenmassen und das Erscheinungsbild ging. Im Sonnenlicht glänzten all die Geschäftsgebäude aus Stahl und Glas. Das Land der dunklen Gassen und der Leuchtreklame hingegen sah aus wie eine alte Nutte: dreckig, schäbig und traurig.
Und die Menschen? Im Geschäftsviertel waren sie produktiv und zielgerichtet. Hier konnte man glücklich sein,
wenn man zu dieser Stunde mehr als nur ein paar Penner antraf.
Das war genau das, worauf er hoffte.
Als er auf die Doppelbrücke von Caldwell zusteuerte, musste er sein Tempo etwas drosseln und kam an einem zum Verkauf stehenden Grundstück vorbei, das von einer Kette umspannt war. Himmel … Das war das Grundstück, auf dem einst das ZeroSum gestanden hatte, das jetzt nur noch ein Haufen Trümmer war. Und auf der Tafel, die es zum Verkauf anpries, prangte schon ein Verkauft-Kleber.
So funktionierte das also: grausam wie in der Natur, der die Leere ein Gräuel ist. Wenn also der neue Club, der hier gebaut wurde, ein ähnlich explosives Ende nahm wie Rehvs Schuppen, dann würde schnell ein Neuer seinen Platz einnehmen.
Das war so wie mit seinem Vater. Nahezu im Handumdrehen hatte dieser Lash durch jemanden ersetzt, der mehr nach seinem Geschmack war.
Da fühlte man sich verdammt austauschbar.
Unter den Brücken brauchte er nicht lange, um zu finden, was er suchte, aber eigentlich nicht zu brauchen hoffte. Sein Herumstreunen bei der Überführung förderte schnell die zerlumpten Menschen zutage, die in Kartons oder ausgebrannten Autos schliefen, und er dachte sich, wie groß doch ihre Ähnlichkeit mit streunenden Hunden war: angezogen durch die Hoffnung auf Nahrung, misstrauisch aus Erfahrung und gespickt mit Krankheiten.
Sogar die Sache mit der Räude war gleich.
Er war nicht wählerisch und diese Menschen auch nicht. Es dauerte nicht lange, bis er eine Frau auf dem Beifahrersitz hatte, die aus ihrem Oh und Ah gar nicht mehr herauskam, aber nicht, weil sie die Lederausstattung des Wagens bewunderte, sondern wegen des Tütchens mit Kokain, das
er ihr gegeben hatte. Während sie etwas weißes Pulver auf ihren kleinen Finger lud, um es zu schnupfen, fuhr er hinüber in ein dunkles Loch, das vom Fundament der Brücke gebildet wurde.
Ein Nasenloch voll war alles, was sie davon abbekam.
Wie der Blitz stürzte er sich auf sie, und ob es nun sein Verlangen war oder nur ihre physische Schwäche, er konnte sie komplett ruhig halten, während er trank.
Ihr Blut schmeckte wie Abwaschwasser.
Als er fertig war, stieg er aus und zog
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