Black Dagger 20 - Schattentraum
Zeichen der Zustimmung oder des Verstehens. Er nahm seinen Dolch fest in die rechte Hand und tastete mit der linken den weichen, fleischigen Bereich am Schlüsselbein des Königs ab.
»A chtung«, warnte er heiser.
Es war wirklich ein Jammer, dass er die Klinge nicht desinfizieren konnte, aber selbst wenn er einen lodernden Scheiterhaufen zur Verfügung gehabt hätte, es wäre keine Zeit geblieben, sie abkühlen zu lassen: Wraths zuckende Atembemühungen wurden immer schwächer.
Tohr schickte ein stilles Gebet in den Himmel und machte es genau so, wie V es ihn gelehrt hatte: Er drückte die scharfe Spitze seines Dolches durch die Haut gegen die feste Luftröhre. Ein weiteres stilles Gebet … dann stieß er zu, aber nicht zu tief. Unmittelbar danach schob er den biegsamen Plastikschlauch in die Öffnung.
Die Erleichterung kam schnell, die Luft strömte mit einem leisen Pfeifen heraus. Und gleich darauf tat Wrath einen richtigen Atemzug, dann noch einen … und noch einen.
Tohr stützte sich mit einer Hand auf dem Boden ab und konzentrierte sich darauf, den Schlauch in Position zu halten, so wie er aus dem Hals des Königs ragte. Als Blut hervorsickerte, gab er das Abstützen auf und presste die Haut zusammen, um die Stelle so gut es ging zu versiegeln.
Wrath sah Tohr an, und in den blinden Augen mit den Stecknadelpupillen stand Dankbarkeit, als hätte er ihm das Leben gerettet.
Aber das würde sich erst noch zeigen. Jede kleinste Erschütterung, die durch den Van lief, brachte Tohr an den Rand des Wahnsinns, und sie waren noch immer weit von zu Hause entfernt.
»B leib bei mir«, murmelte Tohr. »B leib hier bei mir.«
Als Wrath nickte und die Augen schloss, blickte Tohr auf die Kevlarweste. Diese Dinger waren dafür gemacht, die lebenswichtigen Organe zu schützen, aber eine Sicherheitsgarantie boten sie nicht.
Da fiel ihm eines auf: Eigentlich war es verblüffend, dass sich ihnen bei der Abfahrt niemand in den Weg gestellt hatte. Xcor hatte doch sicher Männer an der Garage postiert – diese durchtriebenen Mistkerle wussten sicher, dass es die einzige Fluchtmöglichkeit für einen verletzten König war.
Jemand musste die Garage verteidigt haben … Offensichtlich war einer der Brüder gerade noch rechtzeitig erschienen.
»K annst du schneller fahren?«, fragte Tohr.
»I ch bin bereits am Anschlag.« Der Engel sah über die Schulter. »U nd es ist mir egal, was ich alles umpflügen muss.«
8
Im Trainingszentrum schob No’One einen Korb voll sauberer Laken für die Klinikbetten vor sich her, als es schon wieder passierte.
Im großen Untersuchungszimmer klingelte das Telefon, und dann hörte sie durch die offene Tür, wie Doc Jane schnell und eindringlich redete … und den Namen »T ohr« erwähnte …
Erst zögerte sie nur kurz, dann war sie wie erstarrt. Ihre Hände klammerten sich krampfhaft um den Metallrand des Korbes, und ihr Herz klopfte, während die Welt ins Wanken geriet und sich alles um sie herum drehte …
Am anderen Ende des Korridors wurde die gläserne Bürotür aufgerissen, und Königin Beth schlitterte in den Korridor.
»J ane! Jane!«
Die Heilerin steckte den Kopf aus dem Untersuchungszimmer. »I ch telefoniere gerade mit Tohr. Sie bringen ihn gleich rein.«
Mit wehendem Haar rannte Beth den Gang hinunter. »I ch bin bereit, ihn zu nähren.«
Es dauerte einen Moment, ehe No’One verstand.
Nicht Tohr, es war nicht Tohr, nicht er … Gütige Jungfrau der Schrift, hab Dank …
Aber Wrath – doch nicht der König!
Die Zeit dehnte sich wie ein Gummiband, und die Minuten schleppten sich dahin, während immer mehr Leute aus dem Haupthaus eintrudelten – doch dann war die Dehnkraft des Bandes mit einem Mal erschöpft, und ganz plötzlich überschlugen sich die Ereignisse.
Doc Jane und der Heiler Manuel stürmten mit einer Transportliege aus dem Untersuchungszimmer. Der Mensch trug eine schwarze Sporttasche mit rotem Kreuz über der Schulter. Gleich dahinter lief Ehlena mit noch mehr Gerätschaften in den Händen. Und die Königin.
No’One huschte hinterher, auf den Ballen ihrer Lederslipper. Sie fing die schwere Stahltür auf, die zur Tiefgarage führte, und quetschte sich hindurch, kurz bevor sie sich schloss. Ein Van mit verdunkelten Scheiben kam mit quietschenden Reifen am Randstein zum Stehen, und Qualm kräuselte sich aus dem Auspuff …
Stimmen – angespannt und tief – redeten durcheinander, als die Hecktüren des Wagens geöffnet wurden und der Heiler Manuel
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