Black Dagger 20 - Schattentraum
Männer sowie die einzige Frau, Payne. Alle hatten überlebt und wurden behandelt.
Nur um Wrath musste man sich sorgen.
Der letzte Ankömmling war, abgesehen vom König, am schlimmsten verletzt – so schlimm, dass No’One erst gar nicht erkannte, wer es war. Der dunkle Schopf und die Tatsache, dass er von John Matthew getragen wurde, ließen sie auf Qhuinn schließen –, aber an seinem Gesicht hätte sie ihn gewiss nicht erkannt.
Man hatte ihn übel zugerichtet.
Als er in den zweiten OP gebracht wurde, dachte No’One an ihr vernarbtes Bein und betete, dass die Genesung, die ihm und all den anderen bevorstand, anders verlief als bei ihr.
Schließlich dämmerte der Morgen, aber das las No’One nur an der Wanduhr ab. Immer wieder bekam man einen kurzen Einblick in diverse Dramen, wenn sich OP -Türen öffneten und schlossen oder die Behandelten schließlich in Aufwachräume gerollt wurden oder Erlaubnis erhielten, ins Haupthaus zu gehen – nicht dass irgendwer gegangen wäre. Alle setzten sich wie No’One auf den Boden und lehnten an den Wänden des Korridors und wachten nicht nur über ihren König, sondern auch über die Kameraden.
Doggen brachten Speisen und Getränke für alle, die essen konnten, und auch No’One reichte Tabletts mit Fruchtsäften, Kaffee und Tee herum. Sie brachte Kissen für den Nacken, Decken als Unterlage auf dem harten Boden und Taschentücher – obwohl niemand weinte.
Die stoische Haltung der Kämpfer und ihrer Shellans strahlte eine unglaubliche Kraft aus. Doch No’One blieb die Angst hinter ihrer Duldsamkeit nicht verborgen.
Und laufend trafen neue Angehörige des Hauses ein: Layla, die Auserwählte. Saxton, der Anwalt, der für den König arbeitete. Rehvenge, der No’One Unbehagen verursachte, obwohl er sie stets mit vollendeter Höflichkeit behandelte. Der geliebte Retriever des Königs, der nicht in den OP durfte, aber von allen verhätschelt wurde. Der schwarze Kater Boo, der um ausgestreckte Stiefel strich, über Schöße tappte und im Vorbeigehen gestreichelt wurde.
Später Vormittag.
Nachmittag.
Später Nachmittag.
Um siebzehn Uhr sieben kamen Doc Jane und Manuel schließlich aus dem OP und streiften sich den Mundschutz von den erschöpften Gesichtern.
»W rath geht es so gut, wie unter den gegebenen Umständen möglich«, berichte Jane. »A ber da er unterwegs unter nicht sterilen Bedingungen behandelt wurde, besteht Infektionsgefahr, und wir müssen ihn vierundzwanzig Stunden beobachten.«
»A ber eine solche Infektion würdet ihr in den Griff bekommen«, erkundigte sich Bruder Rhage. »H abe ich recht?«
»D amit würden wir fertig«, nickte Manuel. »E r kommt durch – dieser zähe Bursche lässt sich nicht unterkriegen.«
Die Bruderschaft stieß einen spontanen Kriegsschrei aus, in dem Respekt, Bewunderung und Erleichterung zum Ausdruck kamen. Und während No’One selbst erleichtert aufatmete, erkannte sie, dass es ihr gar nicht um den König gegangen war. Für sie zählte allein, dass Tohr keine weiteren Verluste hinnehmen musste.
Das war … gut. Der Jungfrau der Schrift sei gedankt.
9
Zuerst verstand Layla gar nicht, was sie da vor sich hatte. Es war ein Gesicht, ja, und eines, das sie wahrscheinlich von der Form her kannte. Aber die einzelnen Bestandteile waren derart entstellt, dass sie den Vampir nicht erkannt hätte, wäre er ihr nicht so vertraut gewesen.
»Q huinn …?«, flüsterte sie und ging auf das Krankenbett zu.
Sie hatten ihn genäht. Dünne Linien aus schwarzem Faden schlängelten sich von der Stirn herab über die Wange, seine Haut glänzte von der Schwellung, in seinem Haar klebte verkrustetes Blut. Sein Atem ging flach.
Laylas Blick wanderte zu den Apparaten über dem Bett. Sie hörte nichts piepen und sah nichts blinken. Das war gut, oder?
Aber besser wäre es ihr gegangen, wenn er geantwortet hätte. »Q huinn?«
Er drehte die Faust auf dem Bett und öffnete seine große, breite Hand.
Layla legte ihre Hand in seine und fühlte, wie er sie drückte. »D ann bist du das also da drinnen«, krächzte sie heiser.
Noch ein Drücken.
»I ch muss dich nähren«, stöhnte sie und spürte seinen Schmerz, als wäre es ihr eigener. »B itte … öffne den Mund, damit ich dir helfen kann …«
Er tat wie geheißen, und es knackte, als wäre sein Kiefer ausgerenkt.
Layla biss sich ins Handgelenk und hielt es ihm an die geschwollenen, geöffneten Lippen. »N imm …«
Erst hatte er sichtbare Schwierigkeiten zu schlucken, also
Weitere Kostenlose Bücher