Black Dagger 20 - Schattentraum
nicht besser, wenn nicht sogar noch schlechter.
Blay schüttelte sich, als ihm auffiel, dass er schweigend am Bett stand. »Ä h …«
Vor langer Zeit, einer Ewigkeit, so schien es ihm, war nie Schweigen zwischen ihnen entstanden. Doch damals waren sie Jungen gewesen. Keine ausgewachsenen Vampire.
Da galten wohl andere Regeln.
»I ch schätze, ich sollte jetzt gehen«, sagte er. Und rührte sich nicht vom Fleck.
Diese Sache hätte leicht in die Hose gehen können, dachte er. Blay wusste von Xcors Killerinstinkt – nicht aus persönlicher Erfahrung, aber er hatte die Geschichten aus dem Alten Land gehört. Und außerdem war jemand, der den Mumm besaß, nicht nur große Töne zu spucken, sondern sich tatsächlich mit Wrath anzulegen und auf ihn zu schießen, entweder gemeingefährlich oder total bekloppt. Und Letzteres zählte in diesem Fall nicht.
Qhuinn hätte ganz andere Sachen als Fausthiebe einstecken können.
»K ann ich dir irgendetwas bringen?«, erkundigte sich Blay. Doch Qhuinn konnte ja gar nicht essen, und genährt war er auch schon.
Dafür hatte Layla gesorgt.
Mann, wenn er schonungslos ehrlich zu sich selbst war – und »s chonungslos« schien heute das Wort des Tages zu sein –, gab es Momente, in denen er die Auserwählte hasste, obwohl es natürlich reine Zeitverschwendung war. Er hatte kein Recht, sich abgewiesen zu fühlen, erst recht nicht, wenn man bedachte, was er und Saxton regelmäßig trieben. Und wenn man sich in Erinnerung rief, dass sich von Qhuinns Seite her nichts ändern würde.
Du wärst heute Nacht beinahe gestorben, wollte er sagen. Du dummer Idiot, fast wäre es passiert … und was hätten wir dann gemacht?
Und damit meinte er nicht »w ir« im Sinne von »d ie Bruderschaft«.
Nicht einmal »w ir« im Sinne von er und John. Eher im Sinne von … »i ch«.
Scheiße, warum landeten er und dieser Kerl immer wieder in der gleichen Sackgasse?
Es war bescheuert, als er so vor ihm stand und zusah, wie Farbe in sein verwüstetes Gesicht zurückkehrte, wie sich die schwerfällige Atmung beruhigte und die Schwellung zurückging … alles dank Layla.
»I ch gehe dann mal besser«, kündigte er an, ohne sich zu bewegen.
Dieses eine Auge, das blaue, sah ihn unvermittelt an. Es war blutunterlaufen, und durch die Braue darüber verlief ein Schnitt. Eigentlich konnte sich ein solches Auge gar nicht gezielt auf einen Punkt richten. Aber das tat es.
»I ch muss gehen«, sagte Blay schließlich.
Doch er ging nicht.
Verdammt, er wusste einfach nicht, was er hier tat …
Eine Träne rollte aus Qhuinns Auge. Sie schwoll am Unterlid an, sammelte sich im äußeren Augenwinkel, formte eine kristallene Perle und wuchs, bis die Wimpern sie nicht mehr halten konnten. Dann löste sie sich und wanderte zur Schläfe, wo sie sich in Qhuinns dunklem Haar verlor.
Blay hätte sich ohrfeigen können. »S cheiße, ich hole Doc Jane – du hast sicher Schmerzen. Ich bin gleich zurück.«
Qhuinn rief seinen Namen, aber Blay hatte sich bereits abgewandt.
Was war er bloß für ein Idiot. Der arme Qhuinn lag auf dem Bett und sah aus wie ein Komparse aus Sons of Anarchy. Er litt Schmerzen – da brauchte er keine Gesellschaft, sondern stärkere Schmerzmittel.
Blay joggte den Korridor entlang und entdeckte Doc Jane vor dem Hauptcomputer der Klinik, wo sie Krankenblätter ergänzte.
»Q huinn braucht etwas gegen Schmerzen. Komm bitte schnell.«
Die Ärztin war sofort auf den Beinen. Sie schnappte sich eine altmodische Arzttasche und lief mit Blay zu Qhuinns Zimmer zurück.
Blay ließ sie alleine reingehen und wanderte vor der Tür auf und ab.
»W ie geht es ihm?«
Blay erstarrte. Dann wirbelte er herum und bemühte sich, Saxton mit einem Lächeln zu begegnen – doch er scheiterte kläglich. »E r hat versucht, den Helden zu mimen … und ich habe so das Gefühl, es ist ihm vielleicht sogar gelungen. Aber er sieht aus …«
Saxton kam auf ihn zu, voller Eleganz in seinem maßgeschneiderten Anzug und den Loafers, die kaum ein Geräusch verursachten, als wären sie für lautes Auftreten einfach zu fein – selbst auf Linoleum.
Saxton gehörte nicht in den Krieg. Er würde nie dorthin gehören.
Und er würde nie sein wie Qhuinn, der die Deckung verließ, um sich ins Kampfgemenge zu stürzen, der mit bloßen Händen auf einen Gegner losging, um ihm seine Eier zum Frühstück zu servieren.
Das war vielleicht ein Grund dafür, dass man mit Saxton leichter umgehen konnte. Außerdem war er
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