Black Dagger 20 - Schattentraum
wirklich alle da. Also nicht nur die Brüder und die Kämpfer, sondern auch ihre Shellans … und die Hausangestellten?
An die vierzig Leute klemmten wie die Sardinen zwischen dem affigen Interieur.
Aber eigentlich kein Wunder. Nach diesem verdammten Attentat saß der König wieder hinter seinem Tisch auf dem Thron, fast so, als wäre er von den Toten auferstanden. Das konnte man durchaus als Grund zum Feiern betrachten.
Bevor sich Qhuinn ins Getümmel stürzte, wollte er sich noch einen Schluck genehmigen, doch als ihm der Geruch des Sherrys in die Nase stieg, blockierte seine Kehle. Also beugte er sich zur Seite und kippte das Zeug diskret in einen Blumentopf. Dann stellte er das Glas auf den Flurtisch und …
In dem Moment, als die anderen ihn durch die Tür treten sahen, verstummten sämtliche Gespräche. Als hätte jemand den Ton abgestellt.
Qhuinn verharrte an der Schwelle. Blickte unauffällig an sich hinab, ob irgendetwas an seiner Kleidung nicht in Ordnung war. Sah über die Schulter, ob jemand Wichtiges hinter ihm die Treppe hochkam.
Dann blickte er ratlos im Zimmer umher und fragte sich, was ihm wohl entging …
In der reglosen Stille, die sich breitmachte, stützte sich Wrath auf den Arm seiner Königin und erhob sich mit einem Grunzen. Er trug einen Verband um den Hals und war ein wenig blass um die Nase, aber er lebte … und sein Ausdruck wirkte derart ernst, dass Qhuinn das Gefühl hatte, körperlich umfangen zu werden.
Dann legte der König die Hand mit dem schwarzen Diamanten auf die Brust, genau in die Mitte, direkt über seinem Herzen … und verbeugte sich langsam und vorsichtig mithilfe seiner Shellan.
Vor Qhuinn.
Als alles Blut aus seinem Kopf wich und er sich fragte, was zum Henker der König da eigentlich veranstaltete, fing jemand langsam an zu klatschen.
Klatsch. Klatsch. Klatsch!
Andere fielen nun mit ein, bis die komplette Versammlung, von Phury und Cormia, Z und Bella und der kleinen Nalla, Fritz und den anderen Doggen , bis hin zu Vishous und Payne und ihren Gefährten, und Butch und Marissa und Rehv und Ehlena … alle für ihn klatschten und nur mit Mühe die Tränen zurückhielten.
Qhuinn schlang die Arme um sich, und seine verschiedenfarbigen Augen irrten rastlos von einem Punkt zum anderen.
Bis sie auf Blaylock fielen.
Der Rotschopf stand in der rechten Raumhälfte und klatschte mit dem Rest, und seine blauen Augen leuchteten ergriffen.
Aber er musste ja auch wissen, was diese Situation für einen kaputten Kerl wie Qhuinn bedeutete, der mit einem genetischen Makel zur Welt gekommen war und dessen Familie sich zeitlebens für ihn geschämt und ihn verstoßen hatte.
Er musste wissen, wie schwer es für ihn war, mit dieser Anerkennung umzugehen.
Er musste wissen, wie sehr Qhuinn einfach nur weglaufen und sich verkriechen wollte … auch wenn er grenzenlos gerührt war von dieser Ehrerbietung, die er nicht verdiente.
In seiner Not blickte er einfach seinen guten alten Freund an.
Und wie immer war Blay der Anker, der dafür sorgte, dass er nicht weggetrieben wurde.
Xhex kämpfte sich auf ihrer Maschine durch das Mhis. Es war kaum zu fassen, dass sie diese Reise zum Haus der Bruderschaft auf königlichen Befehl hin antrat, doch die Einladung kam von Wrath persönlich – und obgleich sie normalerweise nichts auf Obrigkeiten gab, einen direkten Befehl vom König wollte sie dann doch nicht missachten.
Mann, war ihr schlecht.
Als sie den Anruf auf ihrer Mailbox abgehört hatte, hatte sie im ersten Moment gedacht, John wäre tot, gefallen im Einsatz. Doch auf eine hektische SMS hin hatte er sofort geantwortet. Kurz und knapp. Einfach nur: Kommst du heute Abend?
Mehr kam nicht. Nicht einmal, nachdem sie zugesagt hatte.
Tja, und deshalb war ihr jetzt zum Kotzen zumute, denn das hieß doch wohl, dass John ihre Beziehung offiziell beenden wollte. Unter Vampiren waren Scheidungen selten, aber laut Altem Gesetz durchaus legal. Und jemand mit dem gesellschaftlichen Status von John – leiblicher Sohn eines Bruders – konnte sich natürlich nur mit königlicher Befugnis trennen.
Das war das Ende.
Scheiße, sie musste sich wirklich übergeben.
Sie fuhr auf das Haus zu und parkte die Ducati nicht neben den ordentlich aufgereihten protzigen Schlitten, Geländewagen und Kombis. Nein, sie stellte ihr Motorrad gleich am Fuß der Treppe ab. Wenn das ein königliches Scheidungsdekret werden sollte, würde sie John helfen, ihrem Leid ein Ende zu setzen, und dann würde sie
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