Black Dales
selbstverständlich die Worte über ihre Lippen kamen – zumal sie nicht verhindern konnte, dass die Bilder des vergangenen Abends noch im selben Augenblick vor ihr geistiges Auge drängten, in dem sie Nathan sah. Sie musste sich alle Mühe geben, nicht zu zeigen, was sie dachte, und sie hätte gerne gewusst, ob es Nathan insgeheim ganz genauso ging.
»Und danke für meine Sachen!«, fügte sie hinzu. »Damit hatte ich wirklich nicht gerechnet!«
»Nun, ich habe mir gedacht, dass du nichts dagegen haben würdest, wenn du mal wieder etwas Frisches zum Anziehen hättest.«
Kate musste lachen. »Woher wusstest du, wo mein Auto steht?«
Nathan nickte zu Allan hinüber. »Er hat mir die Ecke verraten, an der er dich gefunden hat. Und dein Schlüssel war von Vauxhall.« Er machte wohl keinen Hehl daraus, dass er den Schlüssel aus ihrer Jackentasche genommen hatte. »Dein Wagen steht in der Garage.«
»Du hast mein Auto geholt?!«
»Ich war so frei. Er kann ja nicht die ganzen Tage über in Settle bleiben.«
Nathan und Allan warteten höflich, bis Kate mit dem Frühstück fertig war, dann begannen sie, den Tisch abzuräumen.
»Schon in Ordnung«, versicherte Allan Nathan, der gerade zurück aus der Küche kam. »Ich mach das! Geh ruhig, bevor es zu regnen anfängt.«
Nathan schien darauf gehofft zu haben. »Danke dir«, antwortete er knapp, nickte kurz mit dem Kopf und verließ dann mit raschen Schritten den Raum, als hätte er es plötzlich sehr eilig.
»Wohin geht er?« Kate war etwas überrumpelt, so schnell war Nathan verschwunden.
»Noch einmal hinunter zu den Danags«, erklärte Allan, während er drei Teller und ihre Teetassen samt Untertasse gefährlich schwankend Richtung Tür balancierte. »Und jetzt, wo es noch halbwegs sonnig ist, bleiben sie eher in ihrem Versteck unter sich, dass er sie besser beobachten kann. Aber keine Sorge, Kate«, fügte er hinzu, als er schon fast auf dem Korridor stand. »Es hat nichts mit dir zu tun.«
Wieder blieb Nathan bis zum späten Abend weg – es war schon fast Mitternacht, als er nach Combs Manor zurückkehrte – und er sah nachdenklich aus, als er das Kaminzimmer betrat.
Allan, der es sich mit Kate vor dem Feuer bequem gemacht hatte, drehte den Kopf zur Tür, als er seinen Freund hereinkommen hörte.
»Was ist los?«, fragte er unsicher, als er Nathans abwesende Miene sah. »Ist was passiert?«
Nathan schüttelte den Kopf und ließ sich mit einer anmutigen Bewegung in einem der Sessel vor dem Kamin nieder.
»Andrew Reynolds ist vor drei Tagen gestorben«, meinte er nur, und irgendwie schien er verärgert. »Wusstest du das?«
»Von Reynolds’ antiques ?« Allan nickte langsam. »Ich habe die Todesanzeige in der Zeitung gelesen, na und?«
Nathan sah nicht auf, eine Regung in seinem makellosen Profil erkannte man nur, als sich seine Kiefermuskeln ein wenig anspannten. »Und warum zum Teufel erfahre ich so etwas als Letzter? « Er wartete gar nicht auf eine Antwort, stattdessen verkündete er mit beherrschter Stimme: »Er hat einen Sohn.«
»Ich weiß.« Allan schien nicht zu verstehen. »Dean. Ich kenne ihn. Er ist mit seiner Mutter weggezogen, als er zehn war. Das ist jetzt vielleicht zwölf Jahre her.«
Nathan massierte sich langsam die Schläfen seines perfekten Gesichts. Mit seinen edlen Zügen sah er aus wie ein Held aus einem der alten Schwarzweißfilme, schoss es Kate durch den Kopf.
»Die Danags wissen, dass er seit gestern in der Stadt ist«, erklärte er, und endlich war bei den anderen beiden der Groschen gefallen.
»Das darf nicht wahr sein!«, rief Allan, und Kate hob erschrocken den Kopf.
»Nein!«
Nathan nickte langsam, ohne die Hand von der Stirn zu nehmen.
»Sie wollen ihn!«, begriff Kate.
»So ist es. Jetzt, wo sie von dir abgelassen haben, haben sie sich jemand anderen ausgesucht. Sie brauchen unbedingt einen Menschen für ihr Ritual, und dass Reynolds’ Sohn so kurzfristig aufgetaucht ist, ist perfekt für sie. So müssen sie niemanden aus dieser Stadt nehmen.«
»Dann müssen wir ihn warnen!«
»Nein, Kate.« Allans Stimme klang zu niedergeschlagen, um laut zu werden, also sprach er nur leise weiter. »Das können wir nicht.«
Kate sah ihn entgeistert an. »Warum nicht? Wir können ihn doch nicht einfach sterben lassen! Bitte! Wir…!«
»Nein«, unterbrach Nathan sie. »Hör zu – so einfach ist das nicht. Wir können ihn nicht warnen, ohne zu wissen, ob die Danags ihn nicht irgendwie beobachten. Wenn wir jetzt zu
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