Black Jack: Bei Anruf Mord!
habe.“
„Auch dann nicht, wenn es in deren Interesse ist?“
„Victoria möchte ihren Mann zurückhaben. Das wissen wir doch alle.“
„Meine Nichte ist hoffnungslos romantisch. Für diese Schwäche wird sie eines Tages teuer bezahlen müssen.“
Kelly erhob sich. Es gab nichts mehr zu sagen. Sie und Cecily würden nicht auf einen gemeinsam Nenner kommen. „Ich habe immer noch das Gefühl, dass Sie mir etwas verheimlichen.“ Sie ergriff ihre Tasche. „Wenn Sie es mir doch noch sagen wollen, rufen Sie mich an. Und wenn es etwas ist, was der Suche nach Jonathan dienlich ist, bitte ich Sie, es mir sehr schnell mitzuteilen. Oder der Polizei, wenn Ihnen das lieber ist.“
Auch Cecily hatte sich erhoben und begleitete sie bis zur Tür. „Eigentlich wusste ich schon vorher, wie Sie reagieren würden, aber ich wollte es wenigstens versuchen“, meinte sie lächelnd. Sie war wirklich eine gute Verliererin. „Was werden Sie jetzt als Erstes tun? Mit Syd Webber reden?“
„Er steht ganz oben auf meiner Liste.“
„Nehmen Sie sich vor ihm in Acht, Kelly. Er mag zwar reich, charmant und erfolgreich sein, aber unter dieser Maske verbirgt sich ein korrupter Mann, der vor nichts zurückschreckt, um sein Ziel zu erreichen. Denken Sie daran, wenn Sie mit ihm reden.“
Kelly nahm diesen Hinweis nicht sehr ernst, denn sie wusste, was Cecily von Syd Webber hielt. Ihr Misstrauen gegenüber diesem Mann war allerdings nicht ganz unbegründet. Früher am Morgen hatte sie sich bereits in die Datei von Nexis eingeloggt, um alle möglichen Auskünfte über den Casino-Besitzer einzuholen. Er war wirklich kein Heiliger. In Las Vegas, wo er sein Vermögen gemacht hatte, hatte er sich mit dem berüchtigten Bandenchef Tony Marquese angefreundet und war in Machenschaften verwickelt gewesen, bei denen es um Flüchtlinge aus China ging. Er war zwar kurz darauf entlastet worden, aber der Verdacht hatte dennoch lange über ihm gehangen.
„Das werde ich. Danke für den Tipp.“
„Halten Sie mich über Ihre Ermittlungen auf dem Laufenden?“
Kelly war es nicht gewohnt, andere über ihre Recherchen zu unterrichten, aber Cecily gehörte ja praktisch zur Familie. „Ich werde Victoria informieren“, antwortete sie diplomatisch. „Sie wird Ihnen bestimmt alles sagen.“
5. KAPITEL
J edesmal, wenn Kelly nach Atlantic City kam, war sie überrascht darüber, wie sehr sich dieser Küstenort in den vergangenen Jahren verändert hatte. Einst ein Spielplatz der High Society, hatte Atlantic City Mitte der 60er Jahre an Anziehungskraft eingebüßt, als andere Städte durch bessere Flugverbindungen attraktiver geworden waren. Bald darauf begann die Stadt zu veröden, und einstmals großartige Luxushotels verloren an Glanz und verfielen. Der Besucherstrom versiegte, und Familien, die seit Jahrzehnten hier gelebt hatten, zogen fort und ließen verrottende Straßenzüge zurück, in denen das Verbrechen regierte.
Die Legalisierung des Glücksspiels Ende der 70er Jahre sollte der Stadt ihren alten Glanz zurückbringen, aber irgendwann hatten die Politiker ihr Ziel aus den Augen verloren. Während die Spielbanken florierten und die Bauunternehmer Millionen scheffelten, änderte sich nichts an der Armut und dem Verfall hinter den glitzernden Fassaden.
Erst mit der Wahl eines neuen Bürgermeisters nahmen die längst fälligen Renovierungen von Atlantic City Gestalt an. Straßen wurden ausgebessert, heruntergekommene Häuser abgerissen und durch Neubauten ersetzt, und die Arbeitslosenquote sank. Diese Veränderungen geschahen zwar nicht über Nacht, aber nach und nach konnte Atlantic City sich erholen.
Das 22-geschossige Chenonceau, eine Beton-und-Glas-Konstruktion direkt am Meer, übertraf an Luxus und Glamour sogar das Tadsch Mahal von David Trump. Die weitläufige Eingangshalle war eine Orgie in Gold. In der Mitte stand ein marmorner Springbrunnen, umgeben von eleganten Boutiquen, wo die Neureichen ihre Gewinne verjubelten, ohne auf die Preisschilder zu achten.
Aus dem Casino drang das beständige Klackern der Einarmigen Banditen, und manchmal hörte Kelly das Triumphgeheul eines Gewinners, der den Jackpot geknackt hatte.
Obwohl sie mit Syd Webber einen Termin vereinbart hatte, brauchte die Empfangsdame fast eine Viertelstunde, ehe sie ihn ausfindig machen konnte. Als er endlich auftauchte, erkannte er Kelly sofort schon von weitem. Er hatte sich überhaupt nicht verändert, seitdem sie ihn das letzte Mal auf der Party anlässlich Jonathans
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