Black Jack: Bei Anruf Mord!
wusste, dass er meinen Vater nicht kaufen konnte, Joe aber schon.“
„Und wie willst du das beweisen?“
„Das kann ich noch nicht. Aber ich habe noch mehr.“ Er griff in seine Brusttasche und holte einen großen Briefumschlag heraus. Er reichte ihn ihr. „Schau dir das mal an.“
„Was ist das?“
„Magdalena Montoyas Werdegang.“
Kelly hielt das Dokument in das Licht der Tischlampe und überflog den dreiseitigen Bericht. Vieles davon bestätigte nur, was Magdalena ihnen über sich erzählt hatte. Überraschend waren jedoch die Auskünfte über ihren Bruder und seine Verbindungen zu Syd Webber.
Als sie zu Ende gelesen hatte, schaute sie auf. „Magdalenas Bruder hat einen Mann umgebracht?“
„Nicht nur das. Er ist danach auch so schnell verschwunden, dass die Polizei vermutet, jemand habe ihm dabei geholfen.“
Sie schaute noch einmal über die letzte Seite. „Und du glaubst, dieser Jemand ist Syd Webber?“
„Das ist durchaus möglich. Sie kannten sich, und Webber hatte Verbindungen. Er hätte Enrique innerhalb von 48 Stunden eine neue Identität verschaffen können.“
„Aber warum sollte Syd Enrique aus einem Mordfall heraushelfen?“
„Vielleicht sollten wir Enrique diese Frage stellen.“
„Dafür musst du ihn doch erst einmal finden. Es sei denn …“ Ihre Augen wurden schmal. „Du weißt bereits, wo er ist.“
„Ich habe eine Vermutung.“
„Und die wäre?“
„Er ist da, wo alles angefangen hat – in Miami.“
Kelly schüttelte den Kopf. „Die Polizei von Las Vegas hat die Stadt doch bestimmt vom einen bis zum anderen Ende durchgekämmt. Wenn sie ihn nicht gefunden hat, wieso glaubst du, dass du es schaffst?“
Er beugte sich vor und zwickte ihr in die Nase. „Also bitte, Robolo. Hab ein bisschen Vertrauen, ja?“
Sie verstand auf einmal, warum er in seinem Job so gut war. Es war die Leidenschaft, mit der er an die Sache heranging; es war die Anspannung, die er verspürte, wenn er sich mit einer neuen Herausforderung konfrontiert sah. Sie hatte keine Ahnung von seinen Plänen oder ob er erfolgreich sein würde. Trotz allem konnte diese Besessenheit auch sein Ende bedeuten. Aber das schien ihm nichts auszumachen. Und ihr machte es in diesem Moment auch nichts aus.
Er lächelte, als wüsste er ganz genau, was sie gerade dachte. „Na, was ist, Robolo? Willst du mir helfen, einen Mörder zu fangen?“
26. KAPITEL
Z uerst glaubte Kelly zu träumen. Aber als sie die Augen öffnete, wurden die Geräusche, die sie zunächst nur in ihrem Unterbewusstsein vermutet hatte, deutlicher. Jemand lief vor ihrem Haus herum – durch den Garten.
Hellwach blieb sie liegen. Sie bewegte sich nicht und hielt den Atem an. Nichts. Hatte sie sich das nur eingebildet? Doch dann hörte sie es wieder: das unverkennbare Geräusch von Kies, der unter langsamen, vorsichtigen Fußtritten knirschte.
Sie warf das Federbett zur Seite und stand auf, zog den Morgenmantel an und lief die Treppe hinunter. Als sie an der gläsernen Schiebetür im Wohnzimmer vorbeikam, waren die Geräusche wieder verstummt. Ganz ruhig ergriff sie eine Ecke der schweren, rosafarbenen Vorhänge und schob ihn ein wenig beiseite. Ein Dreiviertel-Mond warf sein bleiches Licht in den Garten, den man problemlos von der Straße aus betreten konnte.
Und dann sah sie es – eine verschwommene Figur in einem unförmigen Parka, die geduckt und verstohlen über das kleine Grundstück huschte. Eine Pelzkappe verdeckte die Frisur, so dass sie nicht erkennen konnte, ob der Eindringling ein Mann oder eine Frau war. Ebenso wenig konnte sie sehen, was er oder sie tat.
Kelly überlegte nicht lange. Im Handumdrehen war sie bei der Alarmanlage neben dem Fenster und drückte auf den Knopf.
Lautes Sirenengeheul zerriss die Nacht, und die Außenlichter schienen über der kleinen Grünfläche zu explodieren.
Der Eindringling fuhr herum. Er sah aus wie ein Tier, das in eine Falle geraten war. Erst als die Kappe zu Boden fiel und schulterlanges braunes Haar freigab, sah Kelly, dass ihr nächtlicher Gast eine Frau war.
Kelly öffnete die Schiebetür, machte einen Satz nach vorn, warf ihre Arme um die Frau und zwang sie zu Boden. „Wer sind Sie?“ fragte sie, als sie rittlings auf ihr saß. Sie musste über das durchdringende Geheul der Sirene schreien. „Was tun Sie auf meinem Grundstück?“
Zu ihrer Überraschung ließ die Frau es nicht auf einen Kampf ankommen. Sie versuchte auch nicht zu fliehen. Stattdessen wandte sie den Kopf von den
Weitere Kostenlose Bücher