Black, Jenna - Die Exorzistin Bd. 1 - Dämonenkuss
frische Blumen, exotische Gewürze, Obst und Gemüse, Backwaren und Fleisch. Zur Mittagszeit verwandelt sich die Halle in ein Irrenhaus. Das größte Tagungszentrum Philadelphias liegt gleich nebenan, so dass sowohl Einheimische als auch Touristen den Terminal besuchen.
Ich hatte mich mit Val an einem der Tresen verabredet, an denen einfache Gerichte in der Tradition der örtlichen Mennonitengemeinden serviert werden, und kämpfte mich durch die Menge zu unserem Treffpunkt. Val war schon da und hatte es trotz des Andrangs irgendwie geschafft, mir einen Platz freizuhalten. Wir begrüßten einander verhalten, und ich setzte mich auf den hochbeinigen Hocker. Ich bestellte ein Putensandwich und einen Kaffee, wobei ich laut schreien musste, um mir in dem ohrenbetäubenden Stimmenwirrwarr Gehör zu verschaffen. Dann drehte ich mich auf meinem Hocker zu Val um.
Sie war in ihrem »legeren« außerdienstlichen Look erschienen. Die Haare fielen ihr offen auf die Schultern. Sie trug Kontaktlinsen statt Brille und hatte eine perfekt gebügelte blaue Bluse an, die sie akkurat in die beigefarbene Tuchhose gesteckt hatte. Ihre weißen Turnschuhe sahen aus, als seien sie noch nie getragen worden, und strahlten vor Sauberkeit.
»Ich lade dich ein«, sagte sie, etwas nach vorne gebeugt, damit sie nicht so schreien musste. »Das ist das Mindeste, was ich tun kann.«
Meine beste Freundin geht mit einem Taser auf mich los und glaubt, sie könne alles mit einer Einladung zum Lunch wiedergutmachen?
Ich gab ihr durch meinen Gesichtsausdruck zu verstehen, was ich davon hielt, und sie besaß zumindest den Takt, verlegen auszusehen.
»Es tut mir wirklich leid, Morgan.« Sie blickte auf ihre manikürten Hände hinab und verknotete nervös ihre Finger ineinander. »Ich habe mich unglaublich dumm verhalten, und ich …«
»Ersparen wir uns diesen Unsinn, okay?« Sie hob ruckartig den Kopf und sah mich mit großen, unschuldigen Rehaugen an. Wäre nach ihrem Angriff nicht noch dieser ganze andere Mist passiert, wäre ich vielleicht sogar darauf reingefallen. Aber der Mist war passiert, und ich nahm ihr einfach nicht ab, was sie mir verkaufen wollte.
»Du bist mit dem Taser auf mich losgegangen, weil du den Namen des Dämons erkannt hast, von dem ich besessen bin.«
Ihre Augen wurden noch größer. »Du meinst, du bist tatsächlich besessen?«
Ich war froh, dass es in der Halle so laut war. Ich hülle es gar nicht lustig gefunden, dieses Gespräch in einem ruhigen kleinen Cafe zu führen. Obwohl Val den letzten Satz praktisch geschrien hatte, schaute sich noch nicht einmal jemand nach uns um.
Ich lehnte mich zu ihr hin und ballte die Hände zu Fäusten, um dem Drang zu widerstehen, sie ihr um den Hals zu legen und mit aller Kraft zuzudrücken. »Und nachdem du mich außer Gefecht gesetzt hattest, wolltest du mich zu deinen Freunden bringen – um wen auch immer es sich dabei handeln mag –, damit sie mich bei lebendigem Leibe verbrennen könnten.«
Die Farbe wich ihr aus dem Gesicht, und sie konnte mir nicht mehr in die Augen sehen. »Morgan«, sagte sie mit heiserer, leiser Stimme. »Wie kannst du nur so etwas von mir glauben?«
Der verletzte Klang ihrer Stimme war zwar halbwegs überzeugend, aber ihre Miene passte nicht dazu.
»Wenn das so abwegig ist, warum machst du dann so ein schuldbewusstes Gesicht?« Darauf schien sie keine Antwort zu haben. Mein Essen kam, aber ich war kein bisschen hungrig. Ich hatte mir eingeredet, bereits jede Hoffnung aufgegeben zu haben, Val könnte immer noch meine Freundin sein. Doch der Schmerz, der mir jetzt die Brust zu zerreißen drohte, zeigte mir, dass sich ein Teil von mir an diese Hoffnung geklammert hatte.
Ich schüttelte ungläubig den Kopf. »Val, wie konntest du nur?«
Sie blickte auf und sah mich an. Ihre Augen waren mit einem glänzenden Tränenfilm überzogen. Sie blinzelte, um die Tränen zu vertreiben. »Es ist nichts Persönliches«, versicherte sie mir. »Die Sache … sollte eigentlich ganz anders ablaufen.« Sie atmete tief durch und schien sich dadurch etwas zu fangen. Ihre Augen waren wieder klar, und obwohl sie niedergeschlagen aussah, wirkte ihre Miene bestimmt und entschieden. »Ich kann dir nicht sagen, wie leid es mir tut, dass du da hineingezogen worden bist.«
»Erklär mir bitte, in was genau ich hineingezogen wurde«, verlangte ich, doch Valerie schüttelte den Kopf.
»Das kann ich nicht.« Sie fuhr sich mit der Zunge über die Lippen und sah mir geradewegs in die
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