Black, Jenna - Die Exorzistin Bd. 1 - Dämonenkuss
durchtränkte den hellen weißen Stoff. Er hatte die Augen zusammengekniffen und versuchte mit zusammengebissenen Zähnen, keinen Laut mehr von sich zu geben. Doch als sein Peiniger einen weiteren Schnitt setzte, entfuhr ihm trotzdem wieder ein Schrei.
Ich wollte am liebsten in den Fernseher hineinspringen, auf magische Weise Zeit und Raum überwinden, um Brian zu retten. Das Gefühl der Ohnmacht lastete mir wie ein erdrückendes Gewicht auf Brust und Schultern.
Der Folterknecht wendete das Gesicht erneut der Kamera zu. Doch alles, was ich im Schatten der Kapuze erkennen konnte, waren seine blauen Augen und dunklen großen Pupillen sowie seine zum Lächeln geschürzten Lippen. Er hatte Spaß an der Sache. Mir wurde übel, aber ich riss mich am Riemen. Gleich konnte ich mir in Ruhe die Seele aus dem Leib kotzen. Aber erst musste ich das hier zu Ende ansehen.
»Das war nur ein kleiner Vorgeschmack«, sagte der Mann mit digital verfremdeter Stimme. Im Hintergrund kam ein zweiter Kapuzenmann ins Bild und drückte Brian den Knebel wieder in den Mund.
»Kooperiere, dann wird er keine weiteren Schmerzen erleiden müssen. Wie du sehen kannst, tragen wir Kapuzen, damit er unsere Gesichter nicht erkennen kann. Folgst du unseren Anweisungen, gibt es für uns keinen Grund, ihn nicht wieder freizulassen.«
Das Bild verwandelte sich wieder in graues Gekräusel. Es war vorbei.
Ich rannte ins Badezimmer und erreichte es gerade rechtzeitig.
Nicht krank zu sein und trotzdem zwei Tage am Stück zu spucken, war ein neues Erlebnis für mich. Keins, das ich gerne wiederholen möchte.
Meine Gedanken rebellierten immer wieder gegen die Bilder in meinem Kopf und schrien: »Genug! Es reicht! Hört endlich auf damit!« Vorübergehend fürchtete ich ernsthaft um meinen Verstand. Wut stieg in mir auf, und einen Moment lang dachte ich, das könnte mir helfen, wieder einen klaren Kopf zu bekommen. Aber dafür saß der Schock einfach zu tief.
Sie hatten Brian. Sie hatten Brian weh getan! Ich hatte verzweifelt versucht, ihn zu schützen, und das war dabei herausgekommen. Ich wollte laut schreien, alles zu Kleinholz schlagen, mich zusammenrollen wie ein Säugling und sterben.
Doch mit alldem wäre Brian nicht geholfen gewesen. Ich musste ihn da rausholen. Es war zu spät, um ihn gänzlich vor Schaden zu bewahren, aber retten würde ich ihn auf jeden Fall. Oder bei dem Versuch umkommen.
Ich hatte den leisen Verdacht, dass Letzteres wahrscheinlicher war.
Nachdem ich mich einigermaßen gefangen hatte, griff ich mir das Telefon und setzte mich auf einen Stuhl. Ich war mir nicht sicher, ob ich mich auf den Beinen würde halten können, wenn ich diesen Anruf im Stehen erledigte.
Ich wählte Andrews Handynummer und empfand dabei mehr Hass für ihn als jemals für irgendeinen anderen Menschen auf der Welt. Bisher hatte ich es nicht für möglich gehalten, dass man jemanden so sehr hassen kann.
Er ging beim zweiten Klingeln dran.
»Wenn ich dich jemals in die Finger kriege«, erwiderte ich auf seine fröhliche Begrüßung, »dann kastrier ich dich mit einem Buttermesser.«
»Amüsante Vorstellung. Aber ich hab meine Zweifel, dass dein Bruder Andrew viel Freude daran hätte.«
Ich unterdrückte ein Schluchzen. »Andrew hat dich in diese Welt eingeladen, du Mistkerl, also kann er auch mit dir zusammen zur Hölle fahren. Wo ist Brian?«
Raphael lachte. »Denkst du tatsächlich, wir würden es dir so einfach machen?«
»Reiz mich nicht, Raphael. Es ist mir egal, ob ich dafür von den Toten auferstehen muss, aber ich werd dich für das alles büßen lassen.«
»Möchtest du über die Bedingungen von Brians Freilassung reden oder lieber weiter mit Beleidigungen um dich werfen? Ich habe jede Menge Zeit, also nur zu. Ich finde das sehr unterhaltsam.«
Ein Stechen raste durch meinen Kopf, das mich laut den Atem einziehen ließ. Der Schmerz verschwand augenblicklich wieder. Ich hatte das Gefühl, das Lugh ihn unbeabsichtigt verursacht hatte, weil Raphaels Art ihn genauso auf die Palme brachte wie mich. Wenn es nach mir ging, würde ihm jedoch keiner von uns beiden die Befriedigung geben, sich das anmerken zu lassen.
»Alles in Ordnung bei dir?«, fragte Raphael mit gespielter Besorgnis in der Stimme.
Ich suchte nach einer schlauen, schlagfertigen Antwort, die ihm beweisen würde, dass ich keine Angst vor ihm hatte. Hätte ich nicht so viel Angst vor ihm gehabt, wäre mir vielleicht eine eingefallen.
»Sag mir einfach, was ich tun muss, damit du
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