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Black Mandel

Black Mandel

Titel: Black Mandel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berni Mayer
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ihre nackten Beine lagen ausgestreckt auf der Bettdecke. Sie hatte ein weißes T-Shirt an, und ihre Haare waren offen, was ich gar nicht kannte an ihr. Ich fühlte mich wie ein Perverser, obwohl ich ihr nur beim Lesen zusah. Plötzlich, ohne die geringste Vorwarnung, kam jemand ins Zimmer und beugte sich über Vilde. Es war ein schwarz gekleideter Mann mit einer schwarzen Skimaske – natürlich denkt man sofort, dass es sich bei Maskierten um Männer handelt – , und er schlug ihr mit der flachen Hand mehrmals ins Gesicht und dann mit der Faust in den Bauch. Vilde schrie, aber nicht so laut, wie man das in so einer Situation erwarten konnte. Sie wehrte sich im Grunde nicht einmal. Der Angreifer drückte ihre Hände auf die Matratze und riss ihr das T-Shirt am Kragen in zwei Teile, ähnlich wie Hulk Hogan das in den Achtzigern immer mit seinem gelben Hulkamania-Shirt getan hatte. Statt ihre jetzt freigelegten kleinen Brüste anzufassen, schlug er sie erneut ins Gesicht, und danach sah es so aus, als würde er sie in den Oberarm beißen. Dann zog er ihr den Rock und die Unterhose aus und stieß in sie hinein, so ungern ich das auch in Worte fasse. Vilde gab jetzt keinen Laut mehr von sich, es wirkte, als hätte sie aufgegeben. Ich konnte mir das nicht mehr anschauen und spulte an die Stelle, wo der Angreifer mit einem Lippenstift Quisling auf ihren Oberschenkel schrieb. Vilde blickte in meine Richtung, als ob sie genau wüsste, dass ich zuschaue. Ich schloss das Video und klickte das übernächste der insgesamt zehn Videos an. Es war von diesem Januar. Es fing genauso an wie das letzte, nur dass Vilde dieses Mal ein langes weißes Männerhemd trug und anscheinend nichts darunter. Und sie las wieder Camus, obwohl sie ja offenbar eher der Anne-Rice-Typ war. Als der Maskierte erneut den Raum betrat, schaltete ich den Videoplayer aus und klappte den Computer zu. Ich ging in die Küche und trank die Hälfte einer Mineralwasserflasche in zwei Zügen leer, bevor ich mich an den Küchentisch setzte. Die Erkenntnis aus diesem Fund hätte nicht deprimierender sein können. Der Maskierte war Håvard. Er missbrauchte seine Mitbewohnerin in regelmäßigen Intervallen für seine sadistischen Fantasien und filmte das Ganze. Wer weiß, was er gegen Vilde in der Hand hatte, dass sie sich das gefallen ließ. Aber konnte man gegen eine Süße wie Vilde überhaupt etwas in der Hand haben? Mir war schwindlig. Seit dem Blackout letztes Jahr am Scharmützelsee ist das mit dem Schwindel zwar besser geworden, aber ganz weg ist er nicht mehr gegangen. Laut Diagnose vom Dr. Fritsch ist es der Kreislauf, aber ich habe immer noch otogenen Schwindel oder Schlimmeres im Verdacht. Ich fragte mich, ob Vilde überhaupt von der Kamera in ihrem Zimmer wusste, aber es hatte stellenweise so ausgesehen, als schaue sie direkt hinein. Das regt mich ja bei den Pornovideos immer dermaßen auf, wenn die Leute komplett die Illusion zusammenbrechen lassen und beim Sex in die Kamera schauen. Ich wollte auf jeden Fall dringend mit Vilde reden, bevor ich nach Fykse fuhr und sie erneut auf den verrückten Håvard traf. Vielleicht konnte ich ihr helfen, damit sie das nicht mehr zu tun brauchte. Vielleicht musste ich mich dafür mit ihrem kranken Mitbewohner anlegen, als ob wir nicht schon genug Ärger hatten, jetzt wo auch noch Baalberith tot war. Kreuzkruzifix, ich hatte endgültig keine Lust mehr auf diesen Urlaub.
    Nach ungefähr einer Stunde kam Vilde nach Hause, und sie sah aus, als wäre sie erfroren. Jegliches Rot war aus ihrem Gesicht gewichen, die Pausbacken waren erschlafft, und ihre goldblonden Haare wirkten farblos und brüchig. Es bestand kein Zweifel, dass der Tod ihres Bruders sie schwer verletzt hatte. Es kam mir vollkommen falsch vor, jetzt über Håvard zu reden, aber ich konnte nicht anders.
    »Hallo. Hältst du das durch?«, fragte ich und umarmte sie. Ihre Gegenumarmung war leblos.
    »Ich muss mich jetzt um unsere Mutter kümmern«, sagte sie, und ich war mir gar nicht sicher, ob sie mich anschaute oder durch mich hindurch in eine andere Dimension.
    »Und ich hol den Mandel. Der Irrsinn muss jetzt ein Ende haben«, sagte ich.
    »Der Irrsinn hat meinen Bruder das Leben gekostet«, sagte Vilde, und da war es wieder, das Gefühl, dass der Mandel und ich an allem schuld waren.
    »Weiß man schon, wie er gestorben ist?«, fragte ich.
    »Sie sagen, er hat mehrere Wunden, aber die Todesursache ist vermutlich Ersticken. Die Untersuchung ist noch nicht

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