Black Mandel
Mandel, unseren Bluff zu wahren.
»Nein«, sagte Vilde und sah jetzt so aus, als hätte sie ihren Fehler bemerkt. Ich sah, wie Myklebust ihre Beine musterte.
»Aber vielleicht will dir Mister Utgang ja erzählen, wie das mit der Kreuzigung war, wenn er schon mal hier ist«, sagte ich, weil ich den Druck von Vilde nehmen wollte.
»Nein, nicht jetzt«, sagte Myklebust, aber wild entschlossen klang das nicht. Angesichts der Übermacht der Gutmenschen wirkte er verunsichert.
»Jetzt wäre gut«, sagte ich. »Du willst doch nicht auf der Insel bleiben.«
»Ich kann auch rüberschwimmen«, sagte Myklebust.
»Ist ziemlich kalt, das Wasser«, sagte ich, und Vilde schnappte kurz nach Luft, so als müsste sie ein Lachen unterdrücken.
»Wo ist eigentlich Raske?«, fragte ich.
»Verhaftet«, sagte der Mandel.
»Von wem?«, fragte ich.
»Von der Polizei. Von wem sonst?«
»Keine Ahnung, wer in diesem Land so alles verhaften darf. Und warum?«, fragte ich.
»Ich bin mir nicht sicher. Anders hat etwas von einem Brandanschlag aufgeschnappt«, sagte der Mandel und neigte den Kopf in Richtung Myklebust.
»Der Anschlag auf Gunarrs Haus«, sagte Vilde.
Der Mandel schaute uns fragend an.
»Gunarr Aasen. Raskes ehemaliger Bandkollege«, erklärte ich.
»Ich weiß, wer das ist«, sagte der Mandel.
»Jemand hat vor ungefähr drei Stunden zwei Mollis durchs Fenster geworfen. Wir waren da, als es passiert ist«, sagte ich.
Myklebust hörte uns aufmerksam zu. Er sah aus, als würde er eine interessante Nachrichtensendung im Fernsehen verfolgen.
»Was war jetzt mit der Kreuzigung?«, fragte Vilde, und ihre Stimme war lauter als gewohnt. Man traute Vilde so ein halb autoritäres Auftreten gar nicht zu, wenn man sie nur in ihrem üblichen Zustand der perfekten seelischen Balance kannte.
»Genau vor einer Woche, am Freitag, war Baalberith bei uns in der Franangr-Höhle«, sagte Myklebust.
»Wo?«, fragte Vilde, und der Mandel sprang ein:
»Das ist der Utgang-Proberaum in Fykse.«
»Wie ist er dahin gekommen?«, fragte Vilde.
»Wir haben unsere Instrumente in eine Höhle gestellt und Strom hineingelegt«, sagte Myklebust.
»Sie meint ihren Bruder. Wie kam er nach Fykse?«, half der Mandel.
»Mit dem Auto. Raske hat den Kontakt hergestellt und sogar den Termin vereinbart.«
»Raske?«, fragte ich jetzt nach.
»Ja, er hat Baalberith kontaktiert. Dein Bruder ist freiwillig gekommen«, sagte er schmunzelnd zu Vilde, als würde er damit einen Trumpf ausspielen.
»Warum sollte er das machen?«, fragte Vilde.
»Frag ihn doch selbst, wenn du ihn triffst«, sagte Myklebust, dem längst klar sein musste, dass wir keinen Schimmer hatten, wo Baalberith war. Trotzdem fühlte er sich unwohl in der Rolle des Verhörten, er zog nervös die Haut an seinem Hals in die Länge.
»War die Kreuzigung echt?«, fragte ich, weil ich jetzt auch keine Lust mehr hatte, so zu tun als ob.
»Unsinn, natürlich nicht. Wir haben ihn an das Kreuz gebunden und ihn an den entsprechenden Stellen mit Kunstblut beschmiert. Die Nägel hat ein Freund von Raske mit dem Computer erstellt. Das hat alles länger gedauert als geplant. Eigentlich sollte das Bild noch vor dem Dark-Reich-Konzert online gehen.«
»Habt ihr euch nicht gewundert, warum er euch hilft?«, stieg jetzt auch der Mandel in das Verhör mit ein.
»Das war eine Sache zwischen ihm und Raske«, sagte Myklebust.
»Raske weiß mehr über das Verschwinden, als er uns gesagt hat. Das ist ein ganz mieser Trickser«, sagte ich.
»Leider können wir ihn gerade nicht fragen«, sagte der Mandel.
»Warum nicht?«, fragte ich.
»Weil er verhaftet wurde«, sagte der Mandel.
»Stimmt«, sagte ich.
»Wenn mein Bruder nicht wieder auftaucht, dann schicke ich euch die Polizei. Los, fahren wir, Max«, sagte Vilde.
»Ich komme nicht mit«, sagte der Mandel. Ich hörte wohl schlecht.
»Was ist denn mit dir los?«, fragte ich.
»Sigi, unter vier Augen«, sagte der Mandel, stand auf und ging einmal um das Haus herum, bis wir vor der versiegelten Haustür standen. Ich fror mich zu Tode in der nassen Kleidung.
»Mach schnell«, sagte ich.
»Ich kann nicht mitkommen. Ich muss bei Utgang bleiben.«
»Wieso?«
»Weil sie irgendetwas im Schilde führen.«
»Was führen sie denn im Schilde?«, fragte ich.
»Ich weiß es nicht«, sagte der Mandel.
»Und was willst du machen?«, fragte ich.
»Schlimmeres verhindern«, sagte der Mandel.
»Dann geh zur Polizei«, schlug ich vor.
»Und weswegen? Wegen
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