Black Mandel
jetzt darf ich Sie bitten zu gehen, wir versiegeln das Haus, bis unsere Spezialisten es untersucht haben. Sie können die Insel jetzt verlassen«, sagte der Polizist.
Der Mandel stand auf und ging nach draußen. Myklebust kam eine Minute später nach.
»Oje«, sagte der Mandel.
»Was denn?«, fragte Myklebust.
»Raskes Boot ist nicht mehr da«, sagte der Mandel.
Nach ein paar Minuten traten die beiden Polizisten aus dem Haus und versiegelten den Eingang mit einem gelben Plastikband.
»Auf Wiedersehen«, sagte der nette Polizist.
»Ciao«, sagte der Mandel und sah zu, wie das Boot wegfuhr.
Myklebust strich sich seine langen Engelshaare aus dem Gesicht.
»Gib mir dein Telefon«, sagte der Mandel, und Myklebust holte es aus seiner schwarzen Lederjacke. Der Mandel nahm es ihm aus der Hand. Er nahm einen Zettel aus seinem Portemonnaie und tippte eine Nummer. Er wartete kurz und sagte dann:
»Ich bin’s. Komm her!«
17: OMASTRAND
»Wo bist du?«, fragte ich den Mandel am Telefon.
»Auf Raskes Insel. Weißt du noch, wie man dahin kommt?«
»Nein«, sagte ich, weil ich mir nie einen Weg merken kann, wenn ich ihn nicht selbst fahre.
»Omastrand, Mundheimsvegen«, sagte der Mandel, und ich musste ein Lachen unterdrücken.
»Wie schnell kannst du da sein? Ich sitze hier fest«, sagte der Mandel.
»Wir sind schon im Auto. Ich komme mit Vilde. Weißt du, wie wir nach Omastrand kommen?«, fragte ich Vilde.
Vilde schüttelte den Kopf.
»Es heißt Mundheimsvegen. Omastrand ist nur die Straße«, sagte der Mandel.
»Das finden wir schon. Wie geht’s dir sonst?«
»Beeil dich«, sagte der Mandel und legte auf.
»Es heißt Mundheimsvegen. Omastrand ist nur die Straße«, sagte ich zu Vilde.
Vilde pflegte einen sportlichen Fahrstil. Nebenbei schaute sie mich an, und ich wollte schon fast sagen: Schau lieber auf die Straße bei der Geschwindigkeit und den vielen engen Kurven.
»Ich war nicht ganz ehrlich zu euch, Sigi. Ich glaube, Raske will sich an Cristian rächen«, sagte Vilde.
»Warum?«, fragte ich.
»Weil er ihn ins Gefängnis gebracht hat.«
»Wer hat wen ins Gefängnis gebracht?«
»Mein Bruder hat Raske ins Gefängnis gebracht«, sagte Vilde.
»Und wie hat er das gemacht?«
»Mein Bruder war derjenige, der Raske damals am Abend des Brandes in Fantoft gesehen hat.«
»Ich dachte, er war mit Dark Reich in England.«
»War er ursprünglich auch, aber er hatte von dem Vorhaben gehört und war für einen Tag nach Bergen zurückgeflogen.«
Jetzt begriff ich es.
»Dein Bruder hat für den Staatsschutz gearbeitet. Er war der Maulwurf, oder?«
Maulwurf. Mole . Herrliches Wort.
»Er hat gegen Raske ausgesagt«, sagte Vilde und schaltete nach der Kurve wieder in einen höheren Gang.
»Jesus Christus«, sagte ich. »Weiß Raske das?«
»Eigentlich nicht. Eigentlich wissen das nur ich und Cristians Freund Tomas. Es hat Cristian jahrelang gequält, weil er Raske nicht von der Brandstiftung abgehalten hat, stattdessen hat er im Nachhinein den Behörden davon berichtet, dass er ihm an dem Abend gefolgt war. Das schlechte Gewissen plagt ihn heute noch, weil er vielleicht das Leben von fünf Menschen hätte retten können.«
»Und warum hat er ihn nicht abgehalten?«, fragte ich.
»Weil er natürlich kein Verräter sein wollte, und grundsätzlich war er ja auch gegen die Kirche. Und er konnte ja nicht wissen, dass Raske die anderen in der Kirche einsperren würde. Er wusste nicht einmal, dass sie an dem Abend da waren.«
»Warum hat er überhaupt als Spitzel gearbeitet?«
»Die Polizei hatte etwas gegen ihn in der Hand.«
»Und was?«
»Das hat er mir nie erzählt. Irgendwas muss da vorgefallen sein. Etwas ziemlich Ernstes«, sagte Vilde und schaltete den Scheibenwischer auf eine höhere Stufe. Der Scheibenwischer machte dabei ein widerwärtiges Geräusch.
»Hat dein Bruder sich nicht der Mitwisserschaft schuldig gemacht, weil er Raske in der Nacht nicht sofort der Polizei gemeldet hat?«
»Man konnte ihm ja nicht nachweisen, dass er wusste, dass Raske vorhatte, die Kirche anzuzünden. Er hat nur beobachtet, dass sich Raske zur passenden Zeit bei der Fantoft-Kirche befand. Nachdem man Raske dann verurteilt hatte, war man vielleicht auch nachsichtig mit Cristian, weil er in einer gewissen Gefahrenlage verdeckt gearbeitet hatte.«
»Und seit wann weißt du das alles?«
»Als ich achtzehn geworden bin, sind wir zusammen in eine Bar gegangen. Wir sind vorher nie zusammen ausgegangen. Er hat mich
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