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Black Monday

Black Monday

Titel: Black Monday Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R. Scott Reiss
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»Ich habe fast mein ganzes Geld bei Circus Circus verloren und jetzt … Ich schenke es Ihnen.«
    Miss Rollstuhl schlägt sich die Hand vor die Brust, und ihr Mund steht so weit offen, als wollte sie gleich den ganzen verdammten Spielautomaten verschlucken. Lewis bahnt sich einen Weg durch die Menge und kümmert sich nicht um die klickenden Kameras der Touristen. Die Frau von der Hotelzeitung hängt sich an seine Fersen, um ein Interview zu ergattern. Die Überwachungskameras folgen zweifellos jeder seiner Bewegungen, als er den Automatenbereich schnell hinter sich lässt und über das falsche Kopfsteinpflaster vorbei an Restaurants in die Richtung der Sportwettenhalle humpelt, und er muss sich beeilen, denn Bobby ist verschwunden!
    Hinter sich hört er verblüffte Kommentare: »Ergeht einfach weg ohne das Geld!«
    »Er hat es der alten Dame geschenkt.«
    »Warum ihr und nicht mir?«
    Niemand folgt ihm mehr. Alle starren gebannt auf den Spielautomaten, wild darauf, zu erfahren, wer seinen Gewinn einstreicht. Er bewegt sich jetzt schneller, schiebt einen stämmigen Mann beiseite und erblickt Grady, der in der Sportwettenhalle steht und auf einen Bildschirm starrt, auf dem die Ergebnisse der heutigen Trabrennen in Aqueduct angezeigt werden.
    Robert Grady wendet sich von den Bildschirmen ab und eilt nach draußen. Offensichtlich macht er sich auf die Suche nach einem anderen Kasino.
    Stokes schiebt die Hände in die Taschen und folgt ihm hinaus auf die Las Vegas Avenue, diese berühmte Straße, wo rund um die Uhr Trubel herrscht. Hinter ihm erhebt sich die nachgebaute Manhattan-Skyline des Hotels New York-New York. Die falsche Freiheitsstatue. Die schwarzen Türme, vermeintliche Wolkenkratzer, recken sich widersinnig in den pastellfarbenen Wüstenhimmel. Unablässig rast die dröhnende gelbe Hotel-Achterbahn mit ihren kreischenden Passagieren dahin.
    Ich muss mein Aussehen verändern, darf aber Grady dabei nicht aus den Augen verlieren.
    Bei Einbruch der Dämmerung gehen die Kasinolichter an. In der Ferne, jenseits des Staus auf der I-15, erscheinen die Berge im lavendelfarbenen Dunst. Hier ist es so trocken, dass Lewis selbst bei 38 Grad Hitze nicht schwitzt – oder der Schweiß trocknet so schnell, dass er ihn gar nicht bemerkt. Er liebt die Hitze. Jenseits der schrillen Hotels – lauter Gebäude mit begrenzter Haltbarkeit – liegt die zeitlose Wüste. Schon seit Jahren arbeitet er in der Wüste, diese hier ist jedoch anders, härter an der Oberfläche, weniger weißer Sand, überall Kakteen mit rasiermesserscharfen Nadeln und spitze Steine. Aber sie ist sauber wie eine richtige Wüste, ausgelaugt von der täglichen Hitze und der nächtlichen Kälte, den Reinigungsprozessen der Natur. Die Wüste ist ein Ort, wo die Kraft, das Glück und die Ausdauer eines Menschen auf die Probe gestellt werden, ein Ort, an dem diejenigen, denen es an Überlebensfähigkeit mangelt, zugrunde gehen, als hätten sie nie existiert.
    Lewis blendet alles aus, menschliche Gerüche, den Gestank von Teer, Hot Dogs, Parfüm, Busabgase. Er passt sich perfekt seiner Umgebung an.
    Denn, wie sein Ururgroßvater in der gestelzten Prosa der Ära des Ersten Weltkriegs geschrieben hatte, »man kann nicht in die Haut von Fremden schlüpfen, aber wenn man sich nur geschickt verstellt, kann man sich unerkannt unter Fremden bewegen«.
    Das Buch, ein Geschenk des Mentors, verleiht Lewis immer wieder Kraft. Wenn er sich einsam fühlt, findet er Trost darin.
    »Wir lebten für den Tag und starben für ihn«, hatte sein Ururgroßvater geschrieben, und er hatte das Leben im Verborgenen sehr gut gekannt.
    Bobby Grady steuert das erstbeste Kasino an, das Monte Carlo. An einem Blackjacktisch tauscht er Dollars gegen Chips. Gleich beim ersten Versuch streicht er einen hohen Gewinn ein.
    Lewis geht das Risiko ein und verschwindet auf der nahe gelegenen Toilette. Eigentlich hatte er seine Verwandlung erst für später anberaumt, aber er kann es sich nicht leisten, nach dem Hauptgewinn am Spielautomaten erkannt zu werden. Jemand, der einen 20000-Dollar-Gewinn einfach liegen lässt, könnte leicht in den Nachrichten landen, denkt er, stellt sich vor, wie irgendein Tourist einen Schnappschuss von ihm an einen lokalen Fernsehsender weitergibt, und malt sich aus, wie am späten Abend über ihn berichtet wird.
    Haben Sie diesen Mann gesehen?
    Er findet eine leere Kabine, sein Puls rast. Er setzt darauf, dass Robert Grady noch ein paar Minuten am Blackjacktisch verweilt.

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