Black Monday
schämen!«
Gerard kneift Bob in die Schulter, damit er sich mit Kommentaren zurückhält, und versucht, die Frau davon zu überzeugen, dass ein Fehler vorliegt. »Möglicherweise wurden an anderer Stelle irrtümlich falsche Informationen eingegeben«, sagt er, während sich ihm der Magen verkrampft.
»Ich weiß nur, was hier steht. Kommen Sie nächste Woche wieder. – Sergeant! Hier ist jemand, der zum zweiten Mal ansteht!«
Es ist Les, der die Nerven verliert, nicht Bob Cantoni. Blass vor Wut, greift Les nach dem Monitor und versucht, ihn zu sich herumzudrehen, damit er etwas sehen kann. Gerard zieht ihn weg. Ihm ist klar, dass sie hier mit Gewalt keine Chance haben.
»Das geht doch nicht!«, klagt Les.
»Diese Lebensmittel sind für unsere Kinder«, faucht Bob, als ein älterer Soldat – grauhaarig und mit ziemlich entschlossener Miene – herbeischlendert, offenbar nicht in der Stimmung für Ärger. Wahrscheinlich hat er sich schon den ganzen Morgen mit Leuten herumgeschlagen, die schwindeln, sich einschmeicheln oder sich mit falschen Papieren als Einheimische ausgeben, um zusätzliche Lebensmittel zu ergattern.
Bitte, Sir. Es handelt sich um eine Verwechslung. Jemand hat meinen Ausweis gestohlen. Ich bin erst kürzlich hierhergezogen und habe noch keine Papiere. Ich habe die Papiere verloren.
Die Fäuste in die Hüften gestemmt, blickt der Sergeant von der Frau am Computer zu Gerard, der die Situation zu erklären versucht. Der Sergeant winkt noch weitere Soldaten zu sich heran. »Sir, bitte gehen Sie. Wenn Sie sich beschweren wollen, dann rufen Sie die Nummer an, die da drüben auf der Tafel steht.«
Einer spontanen Eingebung folgend, holt Gerard seine Brieftasche hervor und zückt seinen Dienstausweis von Fort Detrick, der ihn als wichtiges Mitglied des Ölkrisenstabs ausweist. Unter dem laminierten Foto befindet sich die – vom Verteidigungsminister unterschriebene – Anordnung, dass alle Militärangehörigen mit »dem Inhaber dieses Ausweises« in jeder Hinsicht zu kooperieren haben.
Nachdem der Sergeant den Ausweis studiert hat, verzieht er wütend und angewidert das Gesicht.
»Das beinhaltet nicht das Recht auf doppelte Lebensmittelrationen.«
»Die Lebensmittel anderer Leute«, faucht die Frau.
Wenn Hauser das erfährt, buchtet er mich ein. Aber ohne Lebensmittel für meine Familie gehe ich hier nicht weg.
Gerard spürt, wie ihm der Schweiß am Rücken hinunterläuft. »Rufen Sie an. Überprüfen Sie den Ausweis. Machen Sie schon. Verschwenden Sie hier nicht noch mehr Zeit.«
Aus der Schlange hinter ihnen schreit jemand: »Wer hält denn da den Betrieb auf?«
Jemand anders argwöhnt: »Denen gehen die Lebensmittel aus!«
Die Leute in der Schlange wirken plötzlich wie elektrisiert. Der Sergeant gibt auf der Stelle den Dienstausweis zurück und weist die Frau an der Ausgabe an, Gerard eine zweite Ration Lebensmittel auszuhändigen, jedoch zu vermerken, dass die Marion Street zwei Rationen erhalten habe. Beide von Gerard in Empfang genommen.
»Sie widern mich an«, sagt der Sergeant und winkt Gerard zum nächsten Tisch durch, wo man ihm acht blaue Coupons aushändigt, einer für jeden Haushalt in der Marion Street, und ihn damit in den hinteren Teil der Turnhalle schickt. Dort erhält er Quittungen über die Bezahlung von 300 Dollar – in bar – für jeden Coupon. Vor ihm werden die Lebensmittel aufgestapelt: Eintopf und Thunfisch in Dosen, Brot, Milch, Butter, Tiefkühlerbsen. Darüber hinaus chinesische Nudeln, Würstchen, Cornflakes, Gewürzgurken, drei Eier pro Haushalt, Baked Beans und acht Gläser mit Maraschinokirschen.
Bob starrt auf die Kirschen. »Das sind doch keine Lebensmittel.«
»Jeder erhält Obst«, sagt ein erschöpfter Helfer. »Kirschen sind Obst. Sie müssen es ja nicht nehmen.«
»Diese krebserregenden Zuckerkugeln nennen Sie Obst?«
»Ich habe keine Zeit, mich mit Vorlieben zu beschäftigen.«
Die drei Männer behalten die Maraschinokirschen.
»Was für ein bescheuertes System! Das werden sie nicht lange durchziehen können«, bemerkt Les, als sie die Turnhalle verlassen.
Der alte verrostete Pontiac taucht aus dem Nichts auf, wirbelt eine Pfütze auf und hält in der Nebraska Avenue neben ihnen am Bordstein. Die getönten Scheiben werden heruntergelassen. Aus dem Wageninneren ist Jazz zu hören – Nat King Cole. Zwei Männer grinsen ihn an, ein Weißer und ein Chinese. Die müssen noch sauberen Sprit haben, denkt Gerard. Polizisten?
Werden wir jetzt
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