Black Monday
verschwunden ist. »Das waren Neulinge in dem Metier«, sagt er, »sonst wären sie uns bis nach Hause gefolgt, um uns erst dort anzusprechen.« In ein paar Wochen werden sie ein besseres Auto fahren, besser essen und teurere Anzüge tragen. Und dann werden sie sich nicht mehr bluffen lassen.
Alles ist im Umbruch.
Oder haben sie unsere Adressen schon bei der Lebensmittelausgabe in Erfahrung gebracht?
Seine linke Hand zittert. Er nickt Bob Cantoni zu, spürt, wie er sich langsam wieder beruhigt.
Er meint: Ich komme mit dir, um Waffen zu besorgen.
Es hat aufgehört zu regnen. Gerard und Bob fahren mit ihren Mountainbikes entlang der Grand Road durch den Rock Creek Park. Die Luft ist kalt, der Park liegt verlassen da. Gerard sieht gefällte Eichen neben den Wegen liegen, manchmal auch nur noch Stümpfe, wo vorher Eichen standen.
»Holzklau«, sagt Bob. »Zum Heizen.«
Bob trägt die Sig-Sauer-P-226 unter seiner Jacke. Gerard ist unbewaffnet.
Gerard sagt: »Warum wollte dein Freund uns unbedingt hier treffen? Werden hier nicht ständig Leute überfallen?«
»Naja, das ist typisch Leon. Er sucht den Kampf. Bei den Marines hat er sich ungefähr neunmal pro Monat Death Wish reingezogen.«
Als sie auf der Höhe des Baseballspielfelds ankommen, kommt ihnen unter den kahlen Bäumen ein Mann auf einem Mountainbike entgegengeradelt. Von ferne wirkt er noch jung, aber aus der Nähe sieht man, dass er bereits um die dreißig sein muss. Er trägt eine Redskins-Jacke, eine schwarze Mütze und einen Rucksack. Seine harten Gesichtszüge hellen sich auf, als er Bob erblickt.
»Auf dem ganzen Weg kein einziges Problem«, verkündet er enttäuscht.
»Hätten wir das nicht bei dir zu Hause erledigen können?«, fragt Bob.
»Geht nicht. Mein Nachbar glaubt schon, ich würde mit Waffen handeln.«
»Stimmt das etwa nicht?«, fragt Gerard.
»Würde ich damit handeln, müsste ich für diese hier zwanzigtausend nehmen. Aber euch überlasse ich sie für ein Viertel.«
»Fünftausend Dollar?«, stöhnt Gerard.
»Das ist die Hälfte von dem, was ein Apfel in einer Woche kosten wird, Kumpel.« Grinsend öffnet Leon den Rucksack.
Bob Cantoni und Gerard bezahlen für eine Ruger-9-mm und einen Browning .38 einschließlich Munition. Dann klatschen Bob und Leon sich ab, und Leon macht sich auf den Weg Richtung Stadtzentrum, der einsame Kämpfer in der Hoffnung auf einen Hinterhalt, damit er sich mit jemandem prügeln kann.
Gerard fragt: »Wie wollen wir denn überhaupt Schießübungen machen? Sobald irgendwelche Nachbarn Schüsse melden, haben wir doch die Polizei auf dem Hals.«
»Das ist unser geringstes Problem, und das weißt du. Wir beide sind jetzt wie die Herdenführer bei den Neandertalern. Wir sorgen für Essen, Schutz und Waffen. Dafür, dass die Leute in unserer Höhle überleben.«
»Du scheinst ja richtig froh darüber zu sein. Genau wie Leon.«
»Nein. Aber ich kann nicht wie die anderen in unserer Straße die Augen davor verschließen, dass es hart auf hart kommen wird. Richter Holmes denkt, die Gerichte würden die Probleme lösen. Alice vertraut darauf, dass der Präsident die Lage retten wird. Aber wir beide wissen, wie schnell alles zusammenbrechen kann.«
»Noch ist es nicht so weit, dass ich anfange, um mich zu schießen, Bob.«
»Trotzdem ist dir klar, dass wir alle über kurz oder lang Entscheidungen treffen müssen. Prioritäten setzen. Wir sind nirgendwo in Sicherheit und können nirgendwohin abhauen. Das Lebensmittelverteilungsprogramm wird nicht lange funktionieren. Es gibt zu viele Leute und zu wenig Nachschub. Deshalb solltest du anfangen, dir zu überlegen, wie du diesen Ausweis möglichst sinnvoll für uns einsetzen kannst.«
»Du meinst, wir sollen Lebensmittel stehlen?«, fragt Gerard entgeistert.
»Hast du gesehen, wie Dubbs uns gemustert hat, und hast du gehört, worüber diese Typen geredet haben? In leerstehende Häuser einbrechen. Das müssen wir ernst nehmen. Irgendwann werden wir uns so oder so mit denen anlegen müssen, Greg, das ist dir doch klar, oder?«
Gerard seufzt. Erneut fühlt er sich in seine Jugendgang-Zeit zurückversetzt: Die Aryan-Gang formiert sich, daraufhin stehlen Gerard und seine Freunde Werkzeuge aus dem Heimwerkerladen, um sich verteidigen zu können. Er erinnert sich an einen Hammer, den er hat mitgehen lassen. »Wir müssen den Fußweg zwischen den Grundstücken und die Gärten sichern. Vielleicht sollten wir auch Überwachungskameras anschaffen und sie so
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