Black Rabbit Summer
sowieso nicht sicher, ob Dad mich ernst nahm, aber ich versuchte mein Bestes, den Mann zu beschreiben, den ich gesehen zu haben glaubte.
Bis ich fertig war, war es draußen dunkel, und als ich aufstand und – gähnend und die Arme streckend – zum Fenster ging, um den Vorhang zu schließen, erhob sich auch Dad und schlug vor, dass wir beide schlafen gehen sollten.
Ich nickte, lächelte ihn an und unterdrückte ein weiteres Gähnen.
Er lächelte zurück. »Meinst du, du bist okay?«
»Ja, ich glaub schon.«
»Gut, versuch nicht zu viel über alles nachzugrübeln. Leg dich einfach hin und schlaf. Vielleicht fühlst du dich morgen früh etwas besser.«
»Ja...«
Er nickte. »Dann Gute Nacht.«
»Ja, Nacht, Dad.«
»Bis morgen.«
Ich wartete, dass er die Tür schloss, und horchte auf seine Schritte die Treppe hinunter, dann zog ich Erics Handy aus der Tasche und setzte mich aufs Bett. Ich klappte es auf, schaltete es an und stellte den Klingelton stumm.
|370| Ich hatte mich noch nie im Leben wacher gefühlt.
|371| Dreiundzwanzig
E s dauerte nicht lange, bis ich mit Erics Handy klarkam, und als Erstes fand ich heraus, dass er sämtliche SMS gelöscht hatte. Natürlich war es auch möglich, dass der Speicher für ausgehende SMS nur deshalb leer war, weil er in letzter Zeit keine verschickt hatte, aber so wie ich Eric kannte, bezweifelte ich das. Er war schon immer schreibbesessen gewesen. Er konnte keinen Tag vergehen lassen, ohne irgendwem etwas Getextetes zu schicken.
Auch der Speicher für eingehende SMS war leer.
Ich verließ das Nachrichten-Menü, öffnete sein Telefonverzeichnis und ging sämtliche Einträge von oben nach unten durch. Einige waren einfach abgekürzte Vornamen –
JO, MART, MICH, NIC
–, während andere den abgekürzten Vornamen mit dem Anfangsbuchstaben des Nachnamens kombinierten –
ALI F, PET B, ROB S
. Die Namen jedoch, die mich am meisten interessierten, waren welche, die überhaupt nicht richtig nach Namen aussahen. Davon gab es drei:
PYG,
AMO
und
BIT
.
PYG
stand wahrscheinlich für Pauly – Pauly Gilpin –, doch die andern zwei,
AMO
und
BIT
, sagten mir gar nichts.
Ich untersuchte die Details der drei Einträge. Es handelte sich bei allen um Handynummern und sie waren alle mit |372| Kurzwahl gespeichert.
AMO
und
BIT
...?
Ich drückte weitere Tasten und guckte im Menü für eingegangene Anrufe nach. Die letzten zehn waren aufgelistet:
10) MAILBOX
9) PYG
8) PYG
7) AMO
6) AMO
5) AMO
4) PYG
3) MAILBOX
2) AMO
1) BIT
Die Anrufe 2 – 10 waren zwischen Samstag und heute eingegangen. Der Anruf von
BIT
stammte von Freitag. Dem Tag vor der Kirmes.
Die letzten zehn ausgehenden Anrufe waren:
10) AMO
9) AMO
8) AMO
7) PYG
6) AMO
5) PETB
4) AMO
3) PYG
2) AMO
1) AMO
|373| Alle diese Anrufe waren in den letzten zwei Tagen gemacht worden.
Ich saß lange da, starrte auf das Handy, starrte zur Decke, starrte auf das Handy, starrte ins Leere... versuchte nachzudenken, versuchte herauszufinden, ob irgendwas etwas bedeutete ... versuchte herauszufinden, wie man herausfinden könnte, ob irgendwas etwas bedeutete und was das eventuell bedeuten könnte...
Wenn überhaupt.
Vielleicht bedeutete ja auch
nichts
davon etwas? Ich meine, was, wenn Eric einfach nur regelmäßig mit
PYG
,
AMO
und
BIT
telefonierte? Die Anrufe von und bei Pauly bedeuteten nicht zwingend irgendwas – außer der Tatsache, dass Eric mich angelogen hatte, als er behauptete, er hätte die Handynummer nicht. Und
AMO
und
BIT
...? Tja, sie konnten jeder sein. Vielleicht waren sie einfach nur Freunde von Eric, völlig unschuldige Freunde, die nichts mit Pauly, Stella oder Raymond zu tun hatten...
Aber das glaubte ich nicht.
Eric hatte Samstagnacht irgendetwas mit Campbell geplant.
Sie waren beide in der Nähe gewesen, als Stella zum letzten Mal gesehen wurde.
Eric hatte mich angelogen.
Campbell hatte mich zweimal gewarnt.
Pauly hatte mit Campbell geredet.
Pauly hatte den Tequila mit Drogen versetzt...
Schwarze Fliegen summten...
Verbinden trennen verbinden trennen verbinden tren |374| nen...
Ich wusste, dass das alles etwas bedeutete, und ich wusste, dass der Schlüssel zu allem – wenn es denn einen Schlüssel
gab
– darin bestand herauszufinden, wer
AMO
und
BIT
waren, und es war unglaublich verlockend, die Nummern ganz einfach anzurufen und zu sehen, was passierte. Aber zugleich war es auch unheimlich. Was sollte ich sagen? Was würden sie
mir
sagen? Würden sie wissen, dass ich es
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