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Black Rabbit Summer

Black Rabbit Summer

Titel: Black Rabbit Summer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kevin Brooks
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– mit gekreuzten Beinen, den Oberkörper leicht hin- und herbewegend – und mich mit leerem Blick anstarrte, begriff ich, dass er nicht nur unter Schock stand und völlig durcheinander war, sondern auch total zugedröhnt. Sein Gesicht war blass, die Haut gespannt, die Hände zitterten. Er war in Schweiß gebadet und seine Augen waren schwarz und eingesunken. Er sah aus, als hätte er eine Woche lang nicht geschlafen.
    »Alles in Ordnung mit dir?«, fragte ich. »Du siehst nicht gerade toll aus.«
    »Was kümmert dich das?«
    »Wie lange nimmst du das schon?«
    »Was?«
    |429| »Das Juice, TCI... das Zeug, dass du in den Tequila geschüttet hast.«
    »Du weißt es?«
    Ich nickte.
    Er grinste. »Und wie findest du’s? Hat’s dir gefallen? Ich hab noch was da, wenn du –«
    »Warum hast du das gemacht?«
    »Was gemacht?«
    »Den Tequila mit diesem Zeug versetzt. Wieso hast du uns nicht
gefragt
, ob wir TCI wollen?«
    Pauly lachte. »Ihr habt doch viel zu viel Schiss, so was zu nehmen. Ihr seid doch alle zu brav, ihr kleinen Scheißer.« Er grinste mich wieder an. »Außerdem hat es so viel mehr Spaß gemacht.«
    »Spaß?«
    »Ja, Spaß.« Er starrte mich an. »Weißt du, was das ist?«
    »Hast du jetzt Spaß?«, fragte ich ihn.
    Er zuckte die Schultern und schaute weg.
    Ich sagte: »Du weißt schon, dass die Polizei nach dir sucht, oder?«
    »Na und?«
    »Du kannst dich nicht für immer verstecken.«
    Er sah mich an und lächelte seltsam. »Meinst du?«
    »Sie werden dich finden.«
    »Die wissen gar nichts. Die können mir überhaupt nichts
beweisen
...«
    Ich sagte nichts, sondern saß nur da und beobachtete ihn, wie er seine Pauly-Identität beizubehalten versuchte – Pauly, der harte Kerl; Pauly, der Witzbold; Pauly, der Junge, der sich um gar nichts scherte. Doch es gelang ihm nicht mehr. Sein Gesicht zuckte, die Lippen zitterten, die Augen waren außer |430| Kontrolle – er brach zusammen.
    »Was hat dir Eric erzählt?«, fragte er plötzlich und starrte mich mit weit aufgerissenen Augen an. »Hat er gesagt, ich war’s?« Er schüttelte den Kopf. »Das
war
nicht nur ich... hat er gesagt, ich war’s?«
    »Warum erzählst du mir nicht einfach, was passiert ist?«, sagte ich leise, um ihn zu beruhigen.
    »Wirst du’s melden? Tust du das?« Er redete jetzt wirr durcheinander. »Was hat Eric gesagt? Hat er’s der Polizei erzählt –?«
    »Hör zu«, sagte ich, »das Einzige, was ich rausfinden will, ist, ob Raymond irgendwas damit zu tun gehabt hat. Ich hab nicht vor, dich zu verpfeifen oder so. Ich will nur wissen, was mit Raymond ist.«
    Pauly runzelte die Stirn. »Was hat Raymond damit zu tun?«
    »Das versuch ich ja rauszufinden.«
    »Hat Eric gesagt, Raymond war da?«
    »Nein, aber ich glaub nicht, dass Eric in allem die Wahrheit erzählt.« Ich sah Pauly an. »Ich glaub, er versucht alles auf
dich
zu schieben.«
    »Nein«, sagte Pauly verzweifelt und schüttelte wieder den Kopf. »Das war nicht
nur
ich... das waren Eric und Wes. Ich mein, es war
ihr
Ding. Nicht meins. Es lief zwischen ihnen und Stella. Ich hab nicht mal gewusst, was sie vorhatten.« Er sah mich flehend an. »Außerdem war es sowieso nur ein Unfall ... es war nicht meine Schuld. Wenn Stella nicht... wenn sie nicht...«
    Er weinte jetzt.
    »Pauly?«, sagte ich leise.
    Er schniefte schwer und sah mich an. »Es war
ihre
|431| Schuld... alles. Stella hat mit dem Ganzen angefangen.«
    »Wie meinst du das? Mit was hat sie angefangen?«
    Er wischte sich die Nase am Handrücken ab und sah mich mit einem rotzverschmierten Grinsen an. »Willst du wirklich die Wahrheit wissen?«
    »Ja.«
    »Alles?«
    »Ja.«
    »Und du schwörst, keinem was zu erzählen?«
    »Ich schwör’s.«
    »Hand aufs Herz?«
    Ich legte die Hand aufs Herz. »Bei meinem Leben.«
    Pauly starrte mich einen Moment lang an, die hohlen Augen feucht von Tränen, dann wischte er sich noch einmal die Nase ab, schaute zu Boden und fing an zu reden.

|432| Siebenundzwanzig
    S amstagabend. Es ist spät, gegen Mitternacht, doch auf der Kirmes ist noch viel los. Menschenmengen schieben sich durch die Gassen, die Lichter funkeln, überall plärrt noch immer die wahnwitzige Musik. Zwei Jungen sitzen auf einer Holzbank, die ein bisschen zurückgezogen in einer Lücke zwischen einem Hamburgerstand und einer Reihe von Öltonnen voller Abfall steht. Während der eine von ihnen nur dasitzt und verwirrt und verloren wirkt, steht der andere plötzlich auf und jagt quer über die Kirmesgasse, sein

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