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Black Rabbit Summer

Black Rabbit Summer

Titel: Black Rabbit Summer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kevin Brooks
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Ich hab sie nur einfach beobachtet, verstehst du...«
    »Wieso?«
    Er schloss die Augen, legte die Hände auf sein Gesicht und |231| für einen kurzen Moment glaubte ich tatsächlich, er würde anfangen zu weinen. Doch das tat er nicht. Er rieb sich nur die Augen und zog langsam die Hände nach unten über sein Gesicht, als würde er sich auf etwas wirklich Schwieriges vorbereiten. Er holte Luft, öffnete die Augen, nahm wieder die Zigarette und sah mich an. »Hör zu«, sagte er. »Ich wollte nur wissen, was sie vorhatten, okay? Das ist alles. Ich hab sie zusammen gesehen und wusste nicht... verstehst du... ich wusste nicht,
wieso
sie zusammen waren. Eric und Wes. Das war nicht okay, verstehst du?«
    »Wieso nicht?«
    Die Kruste unter seinem Auge war abgegangen und die Wunde begann zu bluten. Er fuhr mit der Hand drüber, dann wischte er die blutige Hand am Bett ab. »Du weißt doch, wie Eric ist«, sagte er mit bösem Unterton. »Er passt nicht zu Leuten wie Wes.«
    »Wie meinst du das?«
    »Du weißt genau, wie ich das meine.« Er reckte sein Kinn Richtung Fenster und deutete auf die Straßen der Siedlung draußen. »Das da ist unsere Welt – meine und die von Wes. Eric hat damit nichts zu tun. Wenn er hierherkäme, würde er keine fünf Minuten überleben.«
    »Wieso – weil er schwul ist?«
    »Nein, weil er Eric ist.«
    Dieser Satz klang zwar einigermaßen unsinnig, aber ich verstand genau, was Pauly mir sagen wollte. Wes Campbell war das eine und Eric etwas anderes. Egal, was beide für Pauly bedeuteten, sie durften keine Verbindung zueinander haben. Sie waren verschiedene Teile seines Lebens. Sie kamen aus verschiedenen Kreisen, aus verschiedenen Lebensbereichen. Sie gehörten nicht zusammen.
    |232| »Wo sind sie hingegangen?«, fragte ich ihn.
    »Was?«
    »Eric und Wes. Auf der Kirmes, als du mich auf der Bank zurückgelassen hast – da bist du ihnen doch gefolgt, oder?«
    Einen Moment lang sagte Pauly gar nichts. Er fummelte wieder an der Wunde in seinem Gesicht herum, wischte noch etwas Blut ab, dann drückte er die Zigarette aus, stand auf und ging zur Tür.
    »Ich muss mal schnell pinkeln« sagte er. »Dauert nur eine Minute.«
    Er schloss die Tür hinter sich.
    Das Badezimmer war direkt neben seinem Zimmer, deshalb hörte ich, wie er reinging und die Tür schloss. Ich wartete, bis ich ihn pinkeln hörte, dann ging ich hinüber zu seinem Computertisch und öffnete leise die Schublade. Oben auf einem Chaos von CDs und DVDs lag das, was Pauly vom Tisch genommen und versteckt hatte: ein Medikamentendöschen aus Plastik voll mit kleinen blauen Pillen, ein Stück Cannabis, eingewickelt in Frischhaltefolie, und ein bisschen glitzernd weißes Pulver in einem Plastiktütchen.
    Während ich dastand und auf das ganze Zeug herunterschaute – mich fragte, was die Pillen und das Pulver sein mochten und warum sich Pauly die Mühe gemacht hatte, sie vor mir zu verstecken –, hörte ich ihn im Badezimmer murmeln. Es klang so, als ob er mit jemandem sprach. Ich horchte genau hin und versuchte herauszubekommen, was er sagte, aber mehr als den
Klang
seiner Stimme konnte ich nicht hören – ein tiefes, vorsichtiges Flüstern... zu gedämpft, um einen Sinn zu ergeben.
    Nach circa einer Minute hörte das Flüstern auf und die Klospülung rauschte. Ich schloss die Schublade und ging zurück |233| auf die andere Seite des Zimmers.
    »Tut mir leid«, sagte Pauly, als er wieder hereinkam.
    Ich beobachtete ihn, wie er hinüberging und sich aufs Bett setzte. Er sah mich nicht an und er sagte auch nichts, sondern saß bloß da – starrte zu Boden, kaute auf der Lippe und wippte mit der Ferse hin und her.
    »Mit wem hast du gesprochen?«, fragte ich ihn.
    »Hä?«
    »Ich hab dich sprechen hören.«
    »Wann?«
    »Gerade eben, im Badezimmer. Ich hab dich mit jemandem sprechen hören.«
    »Mich nicht«, sagte er kopfschüttelnd. »Das waren wahrscheinlich die Leute von nebenan... man hört alles durch diese Wände.« Er sah auf und grinste mich an. »Du kannst dir nicht
vorstellen
, was ich manchmal höre... letzte Nacht zum Beispiel –«
    »Danke, das will ich gar nicht wissen.«
    Er zuckte die Schultern. »Wie du meinst.«
    Ich sah ihn an. »Du hast mir immer noch nicht von Eric und Wes erzählt.«
    »Was soll mit ihnen sein?«
    »Ich hab dich gefragt, wo sie hingegangen sind.«
    Er runzelte die Stirn. »Wann?«
    »Auf der Kirmes«, sagte ich geduldig. »Als du ihnen gefolgt bist. Wo sind sie da hingegangen, Pauly?«
    Er

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