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Black Rose

Black Rose

Titel: Black Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Black Rose
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niemandem, der
nicht bereit ist, die Regeln zu brechen.« Sein Lächeln wurde breiter, und er
lachte laut auf. »Ich sagte Ihnen doch gestern schon, dass Verbrecher mich
faszinieren.«
    Der Wind wurde stärker, und das Schiff tauchte tiefer in
die See. Die Wirkung auf St. James war nicht zu übersehen: Er wurde lebendiger,
intensiver.
    »Nichts ist so wie hier draußen! Besonders dieser Teil der
Küste, die sich kaum verändert hat, die nicht bebaut wurde – Big Sur und San
Simeon. Man kann fast fühlen, wie es damals ganz zu Anfang gewesen sein muss,
als die Spanier und die Engländer kamen und all das hier nur darauf wartete, in
Besitz genommen zu werden – von jedem, der den Mumm dazu hatte.«
    Erstaunt sah Morrison zu, wie sich St. James’ Ausdruck
veränderte: ein Mensch, der um seinen rechtmäßigen Besitz betrogen worden war.
    »Ein ganzes Land, das darauf wartete, aufgebaut zu werden –
und was haben wir jetzt?« Er wandte sich wieder an Morrison. »Geld machen … Zahlen
addieren … Das ist die Welt, in der wir heute leben – sogar den Verbrechern
fehlt jeder Ehrgeiz! Haben Sie mal jemanden verteidigt, der wegen
Unterschlagung angeklagt war? Und selbst wenn er Millionen beiseite geschafft
hätte, das würde keine Rolle spielen, nicht wahr? Verglichen mit einem Bankraub
wäre es immer noch langweilig!«
    St. James wandte sich mit einem sarkastischen Lachen zum
Gehen. »Vielleicht ist es das, was ich tun sollte«, rief er in den böigen Wind,
die rechte Hand hoch in die Luft gereckt. »Die Totenkopfflagge hissen und die
sieben Meere befahren!« Plötzlich blieb er stehen und wirbelte herum. Ein
breites, unwiderstehliches Grinsen zog sich über sein ganzes Gesicht: »Sie
würden mich mit einem Ortungssatelliten aufspüren und selbst dem jeden Spaß
nehmen!«
    Er verstummte. Mit gesenktem Blick schien er in sich
hineinzuhorchen. »Kennen Sie das Gedicht – ich habe seit Jahren nicht mehr daran
gedacht, ich kenne es noch aus der Schule –, ich glaube, ich kann es noch
auswendig:
     
    › Unser Gaffelschoner schießt
schnittig durch die Wellen
Am Heck hörst du den Stoff der Totenkopfflagge bellen … ‹«
     
    St. James lächelte versonnen. Nach einer Weile angestrengten
Nachdenkens fielen ihm die nächsten Zeilen ein, und nun wurde sein Lächeln, das
jetzt auf Morrison gerichtet war, breit und stark.
     
    »›… Leichen im Speigatt, in den
Wanten nur Krüppel
An den Wänden der Feinde Blut und Hirngestückel.‹
     
    Trinken Sie noch eine Bloody Mary! Ich habe noch
ein paar langweilige Dinge zu erledigen – alles andere als Piratenabenteuer –; wird
wahrscheinlich den ganzen Nachmittag in Anspruch nehmen.«
    Morrison machte es sich auf einem Deckstuhl bequem. Er schlug
den Kragen seiner gelbbraunen Windjacke hoch, schob die Hände in die Taschen
und beobachtete lustlos, wie sich das Kielwasser in einer langen weißen
Schaumspur in die Ferne erstreckte – ein kurzlebiger Hinweis darauf, wo sie
gewesen waren. Er dachte an St. James und seine Worte, an die Leute an Bord,
die nur mit sich und ihren hohlen Träumen beschäftigt waren, und an St. James’
Frau oder vielmehr daran, wie er über sie gesprochen hatte. Es war nicht der
Stolz auf seinen Besitz, sondern seine Gleichgültigkeit dem gegenüber – die
gespielte Verachtung für das, worum ihn andere beneideten, die Tatsache, dass
er sie nur als einen weiteren Beleg für seine Leistung ansah, als etwas, dessen
Wert allein in ihrer Schönheit lag. War das der Grund für den merkwürdigen
Unterton gestern Abend? Dass St. James und seine Frau beide wussten, dass nur
Geld und nichts als Geld sie zusammengebracht hatte, dass sie es wussten und
dass es beide störte.
    Morrison sagte sich, dass es ihn nichts anging, was andere
Leute taten. Man hatte ihn zu einer Kreuzfahrt vor der Küste Kaliforniens
eingeladen; er war der Einladung gefolgt, weil er der Stadt entkommen wollte,
einen Törn auf dem Pazifik machen und einmal wenigstens die Gelegenheit haben
wollte, auf die Küste zurückzublicken, ein wenig Distanz zu seinem Alltag zu
finden. St. James mochte Verbrecher interessant finden, aber er, Morrison,
wusste ganz genau, dass die meisten von ihnen kaum lesen und schreiben konnten
und nur höchst selten ihre Verbrechen vorher planten.
    Der Wind legte sich, die See wurde ruhig, und das einzige
Geräusch, das jetzt noch zu hören war, während die lange weiße Yacht durchs
Wasser glitt, war das leise Murmeln aus dem Maschinenraum. Morrison beschloss,
das

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