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Black Swan - Silberner Fluch

Titel: Black Swan - Silberner Fluch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Carroll
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jeden Preis verhindern musste, dass er das Kästchen bekam. Das passte ja alles durchaus zusammen, aber ich fand es dennoch schwer zu begreifen, wieso er Lol hatte umbringen können und mich hier zum Sterben zurückließ.
    Dennoch, die Uhr zeigte inzwischen schon 18:03 an. Mir blieb nur noch eine halbe Stunde. Vielleicht würde Jay aus dem Krankenhaus zurückkehren – er war seit letzter Nacht dort, und irgendwann würde er vielleicht zumindest zum Duschen und Umziehen hier vorbeischauen. Aber dann rief ich mir Jays erschüttertes Gesicht in Erinnerung, wie er an Beckys Bett saß, und dachte mir, dass er sich vermutlich keinen Zentimeter von dort wegbewegen würde. Und ansonsten hatte niemand den Schlüssel zu unserem Haus.
    Doch es gab einen, der gar keinen Schlüssel brauchen
würde. Will hatte gesagt, dass er sich heute Nacht mit mir treffen wollte, aber wann? Die Sonne war bereits untergegangen, aber er würde auf Nahrungssuche sein. Wie lange würde das dauern? Wo fand er überhaupt seine Opfer … oder hatte er willige Spender? Der Gedanke daran, dass er das Blut einer anderen Frau trank, während ich hier saß und starb, hätte mir erneut die Tränen in die Augen steigen lassen, wären meine Tränenkanäle nicht versteinert gewesen.
    Hätte ich doch nur meine Finger bewegen können, dann hätte ich ihm einen Feuerball geschickt, aber so konnte ich lediglich an ihn denken und hoffen, dass irgendeine Art Vampir-Radar mein mentales Verzweiflungssignal auffing. Schließlich hatte Oberon gesagt, dass Will und ich uns in einem Leben nach dem anderen wiederfanden. Hieß das nicht, dass wir ein spirituelles Band zueinander hatten?
    Das Band hatte Madame Dufay allerdings auch nichts geholfen, überlegte ich. Sie war Will zu Hilfe geeilt und war dabei getötet worden.
    Die Zahlen auf dem Kabeltuner sprangen von 18:15 auf 18:16.
    Ich versuchte, mir Wills Gesicht in Erinnerung zu rufen, wie es letzte Nacht im Feuerschein ausgesehen hatte, die Augen voller Verlangen nach mir … Und dann sah ich ihn tatsächlich, aber er sah anders aus als letzte Nacht. Nun hatte er längeres Haar, zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden, und trug einen Spitzenkragen um den Hals. Der Schimmer auf seinem Gesicht stammte nicht von einem Feuer, sondern vom orangefarbenen Schein der untergehenden Sonne. In seinen Augen stand kein
Verlangen, sondern tiefe Trauer. Irgendwie wusste ich, dass dies Madame Dufays letzte Erinnerung an ihn war, ein Überbleibsel ihres Bewusstseins, das sie für mich zurückgelassen hatte: wie ihr Geliebter um Sekunden zu spät kam, um sie zu retten.
    Würde so auch meine letzte Erinnerung aussehen?
    Ich verbannte dieses Bild aus meinem Kopf und konzentrierte mich auf die echte Person, auf den Vampir , mit dem ich die letzte Nacht verbracht hatte.
    Die Uhr zeigte 18:23.
    Will, ich liebe dich , sagte ich in Gedanken und merkte überrascht, dass es die Wahrheit war. Komm schnell.
    Oben in meinem Studio erklang ein metallisches Klappern, wie ein Windspiel. Hatte ein Windstoß etwas umgeworfen?
    Jetzt hörte ich den Wind tatsächlich. Er war im Haus und pfiff durch den Treppenschacht. Vielleicht klang es einfach so, wenn der Tod kam, um einen zu holen. Wie ein starker Wind. Aber hatte ich nicht noch ein paar Minuten? Ich konnte die Uhr nicht länger lesen. Ein Schatten war zwischen mich und den Fernseher gefallen, wie ein riesiger schwarzer Flügel, der sich um mich legte. Der Tod kam, um mich zu holen. Und wieso sollte ich nicht mit ihm gehen? Der Tod hatte ein wunderschönes Gesicht … wie ein Engel … weiß wie Marmor, die Augen silbern wie frisch geprägte Münzen.
    Der Tod berührte meine Stirn, und ich fühlte, wie meine Seele durch einen Fleck zwischen meinen Augen aus meinem Körper hinausströmte. Mein Yogalehrer hatte Recht gehabt – das dritte Auge war wirklich der Sitz der Erleuchtung und der Visionen! Jetzt konnte ich wahrhaft
alles sehen. Eine Million Erinnerungen – aus meinem eigenen Leben und einem Dutzend anderer – glitten in erstaunlicher Geschwindigkeit an mir vorüber, aber ich erkannte sie alle. Ich war alle Marguerites, die mir vorangegangen waren. Zuletzt hielt die Diashow bei einem Bild an: bei dem runden Weiher neben dem steinernen Turm und dem schwarzen Schwan, der über das Wasser glitt. Ja, hörte ich mich selbst denken – alle meine verschiedenen Ichs - , letztlich führt alles immer wieder zu diesem Punkt zurück. Ein Pfeil zischte durch die stille Luft, ein gequälter Schrei brach

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