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Blackbirds

Blackbirds

Titel: Blackbirds Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chuck Wendig
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Abend, was hatte ich also zu verlieren?«
    Sie lacht, und dann lacht er. Es ist ein unerwartetes Geräusch.
    »Du bist beschädigte Ware«, sagt sie.
    Er nickt. »Vermutlich bin ich das. Ich vermute auch, dass das nicht besonders attraktiv ist.«
    Miriam spürt, wie heiße Erregung in ihre Wangen steigt.
    Er weiß nicht, wie sehr er sich irrt.
    Sie ist auf ihm im Motelzimmer, Fliegendreck auf Reis, abgestoßener Chrom auf einem Prellbock, ein hungriger Velociraptor, der sich auf eine angekettete Ziege stürzt. Miriam kann dem Duft beschädigter Seelen nicht widerstehen. Der Gestank des Todes ist ihr in die Nase gestiegen, und sie weiß,dass es zutiefst beschissen ist; aber wie ihre Mutter sagen würde, es ist, was es ist, und was sie ist, ist spitz und willig, bereit, loszulegen. Sie will hart geritten und völlig fertiggemacht werden.
    Louis, er ist wie ein gottverdammtes Gebäude – sie muss ihn besteigen wie King Kong das Empire State Building. Die Hand auf seiner Schulter, bringt sie ihren hungrigen Mund an sein Ohr, sie lässt die Hand um seinen Fassthorax gleiten, sie wickelt ihr Bein um seins. Es muss wie in einem Cartoon aussehen, denkt sie, aber scheiß drauf. Sie drehen keinen Porno. Das hier ist nicht für die Öffentlichkeit bestimmt.
    Er stöhnt. Er ist sich nicht sicher. Er fühlt sich nicht wohl. »Ich weiß nicht ...«
    Nein, oh-oh, diesen Gedanken zu beenden wird ihm nicht gestattet. Ihr Mund auf seinem Mund, ihre Zunge ist eine Schlange im Gras, ein Wurm im Apfel. Mit ihrer freien Hand, der, mit der sie sich nicht wie ein Bergsteiger an seiner Schulter festklammert, versucht sie, ihm das Hemd aufzuknöpfen, aber die Knöpfe sind widerspenstig wie nur was, also reißt sie sie einfach ab. Sie fliegen an die Wand, ein prasselnder Regen.
    Er protestiert, aber die Worte werden von ihrem Mund geschluckt.
    Da ist sie nun also. Hungrig. Lüstern. Durchgedreht.
    Und sie sieht einen Schatten hinter sich.
    Sie ist auf Louis, aber hinter ihnen ist noch ein Louis.
    Und der steht da und zieht das schwarze Isolierband über seinem linken Auge hoch, sodass ein Strom von Maden beginnt, aus dem runzligen, kaputten Loch zu purzeln.
    »Pssst!«, sagt Geister-Louis.
    Miriam tut es nicht mit Absicht, aber sie beißt Realo-Louis in die Zunge.
    »Au!«, sagt er.
    Sie zuckt zusammen. »Tut mir leid.«
    Sie will dem Geist zuschreien: Du bist ein Hirngespinst, h usch, geh mit den Kakerlaken schlafen! Hier drüben findet ein Fest des Lebens statt. Es ist nicht verdreht. Es ist nicht beschissen, sondern völlig normal.
    Geister-Louis zieht die andere, schlichte Augenklappe hoch. Ein hustendes Plätschern schwarzen Blutes fließt neben dem immer noch sprudelnden Madenstrom heraus. Er lächelt.
    »Du wirst mich sterben lassen und mir mein Geld stehlen«, sagt Louis, und Miriam fällt auf den Boden und weicht zurück, während ihr Herz wie eine Eisenfaust gegen ihr Brustbein hämmert.
    Sie weiß nicht, welcher von beiden das gesagt hat.
    »Was?« Louis, Realo-Louis, fragt.
    »Made, Geier, Parasit, Hyäne«, singt Geister-Louis leise in vergnügtem Singsang.
    Miriam schreit frustriert auf.
    Realo-Louis wirkt verwirrt. Er schaut hinter sich, und einen Moment lang rechnet sie halb damit, dass er sein eigenes geisterhaftes Spiegelbild erblickt. Aber Geister-Louis ist jetzt weg, und sie ist sich sicher, dass ihr Verstand ebenfalls völlig weg ist.
    »Was ist?«, fragt er. »Hab ich etwas gemacht?«
    Sie will sagen: Ja, du hast dich als Geist oder Dämon aus meinem eigenen Unterbewusstsein manifestiert und mich verspottet, während ich versuchte, ein bisschen Action zu kriegen.
    »Nein«, sagt sie stattdessen und winkt ab. »Nein, es liegt nur an mir. Ich kann es nicht. Ähh ... ich kann nicht. Nicht im Augenblick. Draußen ... Gibt es da einen Snack-Automaten? Eisautomat? Getränkeautomat? Irgendein ... Automat?«
    Er räuspert sich. »Ja. Äh, ja. Du gehst die Tür raus, dann links. Er steht in einer kleinen Nische direkt hinter dem Parkplatz.«
    »Cool«, sagt sie und macht die Tür auf.
    »Geht es dir gut?«
    Sie schüttelt den Kopf. »Nicht besonders. Ich weiß, es ist ein Klischee, aber es liegt an mir, es hat mit dir nichts zu tun. Du hast meine vollste Unterstützung, wenn du diese Nummer unter der Rubrik ›Frauen sind scheiße‹ verbuchst.«
    »Kommst du wieder?«
    Sie antwortet ehrlich. »Ich weiß es nicht.«
ZWISCHENSPIEL
    Das Interview
    »Es fängt bei meiner Mutter an«, sagt Miriam.
    »Jungen werden von ihren

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