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Blackbirds

Blackbirds

Titel: Blackbirds Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chuck Wendig
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komplett rot.
    Miriam spricht mit leiser Stimme. »Miss Nancy? Geht es Ihnen gut?«
    »Was sind Sie?«, faucht die.
    »Was? Was meinen Sie?«
    »Etwas Totes ist in Ihnen. Tief in Ihnen, ein schwarzes, verschrumpeltes Ding, und es schreit wie ein verirrtes Kind nach seiner Mutter. Sie sind die Hand des Todes. Sie sind sein Werkzeug. Ich kann hören, wie die Räder sich drehen, wie die Rollen an den Seilen ziehen.« Nancy greift unter ihreStrickjacke und fischt die zwei Zwanziger aus ihrem Hemd heraus. Sie knüllt das Geld zu kleinen Felsbrocken zusammen und wirft sie zu Miriam zurück. »Nehmen Sie es. Ich will Ihr Blutgeld nicht. Ihnen folgt der Tod, und Sie haben irgendein Monster – irgendeine Präsenz – im Herzen und im Verstand. Ich will nichts davon abkriegen. Machen Sie, dass Sie hier rauskommen!«
    »Augenblick!«, bittet Miriam. »Warten Sie! Nein, helfen Sie mir, helfen Sie mir zu verstehen, sagen Sie mir, wie ich damit aufhören kann, sagen Sie mir, wie ich das loswerden kann, damit es aufhört und ...«
    »Verschwinden Sie!«, schreit Miss Nancy. Der Beagle stimmt mit seinem eigenen Heulen in ihres ein.
    Schwankend steht Miriam auf und geht rückwärts zur Tür.
    »Bitte ...«
    »Raus!«
    Miriam stößt mit den Schultern an die Tür und geht benommen hinaus.
    Miriam verbringt fünfzehn Minuten in einer kleinen Gasse neben einer chemischen Reinigung nur eine Gehminute von der Hellseherin weg. Sie raucht. Sie zittert. Ihre Gedanken irren herum.
    Dann fasst sie sich und geht zum Diner zurück.
    »Und, hat sie dir deine Zukunft verraten?«, fragt Louis.
    Miriam zeigt ihm ein künstliches Lächeln. »Totaler Beschiss. Sie hatte mir nichts zu erzählen, was ich nicht schon wusste. Können wir los?«
SECHSUNDZWANZIG
    Sackgasse
    Der Gestank überrascht Harriet. Es ist der Geruch nach frisch gemähtem Gras. Es könnte ebenso gut der Geruch von vergammeltem Pilz sein oder der einer Leiche in einem Abzugsgraben, die tagelang Insekten und Bakterien ausgesetzt war. Für sie ist es der Geruch nach Verwesung. Der Duft völliger Stagnation. All ihre Muskeln ziehen sich zusammen wie ein zu enger Gürtel.
    Ingersoll (seiner Anwesenheit hat sie zweifellos die Verbesserung dem Cutlass Ciera gegenüber zu verdanken) sieht vom Fond des Escalades aus, wie ihre Schultern sich anspannen, und sagt: »Das ist dir doch wohl bekannt, Harriet.«
    »Ja«, sagt sie. Das Wort liegt da, jeder Emotion beraubt.
    Um sie herum: die Vorstadthäuser. Die getünchten Bordsteine, die Vogeltränken. Die Solarleuchten, die Clematis, die Briefkästen umranken. Pastellfarbene Hausverkleidungen. Strahlend weiße Regenrinnen.
    Sie will alles hier in Brand stecken, will zusehen, wie es zu schmieriger Asche verbrennt.
    »Ich denke, ich drehe hier um«, sagt Frankie und macht dann nicht, was er gerade gesagt hat. »Nein, Scheiße, verdammt, Augenblick mal! Das da! Das ist es! Diese verfickten kleinen Straßen sehen eine wie die andere aus. Die Häuser, die Rasen. Nullachtfünfzehn-copy-and-paste-Scheiße!«
    Sie kann spüren, wie er sie vor, während und nach dem Wenden beäugt.
    »Er weiß es nicht«, sagt Ingersoll.
    »Wer er?«, fragt Frankie. »Meint ihr mich?«
    Harriet rutscht hin und her. »Nein, er weiß es nicht.«
    »Wie lange ist es her, seit ich euch beide als Partner eingeteilt habe?«, fragt Ingersoll.
    Frankie muss überlegen.
    Harriet nicht. »Zwei Jahre, drei Monate.«
    »Was weiß ich nicht?«, fragt Frankie.
    »Nichts«, antwortet Harriet.
    »Alles«, sagt Ingersoll.
    »Sagt’s mir«, sagt Fankie. »Ich will’s wissen. Ihr wisst alles über mich. Ich bin hier das offene Buch. Ich halte nichts vor euch geheim.«
    »Willst du es ihm sagen?«, fragt Ingersoll, während Frankie in eine Sackgasse fährt, eine Vorort-Sackgasse identischer Häuser, und anhält.
    Frankie schaut sie an.
    Sie fühlt sich schlecht.
    Eigenartig, wo Harriet doch nur selten überhaupt etwas fühlt. Genießt sie das Gefühl, bloß weil es eine Empfindung ist? Bereitet es ihr genauso viel Spaß, sich selbst zu quälen wie andere?
    Sie entscheidet sich dafür, Ingersolls Frage nicht allein zu beantworten.
    Stattdessen sagt sie: »Wir sind da«, und steigt aus dem Auto.
    »Er bringt sie nicht um?«, fragt Ingersoll, während seine flinken Finger einen Weidenkorb mit Post durchsehen, der in der Diele hängt.
    »Nein«, sagt Harriet. »Er ist ein Trickbetrüger. Er schwatzt es aus ihnen heraus.«
    Frankie schreit aus dem andern Zimmer, einem Wohnzimmerbüro: »Keiner

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