Blackbirds
Folgerichtigkeit oder Konsequenz.
Wenn an der Küste ein Sturm tobt, hinterlässt er Strandgut. Lose Bretter, Pappbecher, Müll und Treibgut. Nur Abfall und kaputte Dinge.
Walter war solcher Abfall. Er kam von der Arbeit nach Hause – er war Vertriebsleiter in einer Firma für Pigmente, die Farben und Färbemittel hauptsächlich an Kosmetik-Unternehmen verkaufte –, und dort brachte er die Ordnung, die ich geschaffen hatte, durcheinander.
Das ist das, woran ich mich bei Walter erinnere. Das, was er hinterließ, wenn er vorüberging.
Er hatte Farbe an den Schuhen und hinterließ blaue Fußabdrücke auf dem Teppich.
Er hat diese Schuhe dann einfach unter den Couchtisch fallen und dort liegen lassen.
Schmutzige Handabdrücke auf einem Hemd, einer Gardine oder den Armlehnen seines Stuhls.
Eine Krawatte, die einfach an der Türklinke oder dem Kopfteil unseres Betts hing.
Ein schmieriges Whiskeyglas auf der Kante des Nachttischchens.
Seine Berührung war wie ein Krebsgeschwür. Er berührteetwas – Ordnung, Sauberkeit, Perfektion – und besudelte es, machte es kaputt und dreckig und ließ es verwelken.
Unser Intimleben war nicht anders. Er lag auf mir, grunzte und stieß. Immer mit diesem grotesken Klatschen von Haut an Haut, wie Fröschequaken oder Kröten, die ständig applaudierten.
Seine Hände waren immer feucht von Schweiß. Sein Haar am Ende auch. Ich fühlte mich, als müsse ich in dem Zeug ertrinken. Er aß den ganzen Tag diese Sub-Sandwiches. Mit Öl, mit Essig, Zwiebeln und Knoblauch. Sein Schweiß war damit getränkt; wo auch immer er mich berührte, hinterließ er diesen üblen Geruch. Ich fühlte mich schmierig. Betatscht. Belästigt.
Walter war ein ungeschickter Höhlenmensch.
Wir waren drei Jahre verheiratet, als Walter Kinder wollte. Er hat es mir gleich nach dem Abendessen gesagt. Wir haben nie zusammen gegessen, er aß immer allein am Couchtisch, und ich wartete im anderen Zimmer, am Frühstückstisch, darauf, dass er fertig war, so dass ich die Überreste wegräumen konnte, damit sie keine permanenten Flecken hinterlassen konnten.
An diesem Abend hatte ich Rigatoni in Tomaten-Sahne-Sauce gekocht, mit Wodka. Ich erinnere mich so klar daran, als wäre es gestern gewesen. Eine der Nudeln war vom Tellerrand – er hat immer so schlampig gegessen – auf den Boden gefallen. Wie ein Wurm, der sich in den Teppich bohrt, lag sie da. Der geschmolzene Parmesan klebte schon an den Fasern. Der Teppich hatte die rosafarbene Sauce bereits aufgesaugt. Ich dachte gerade, dass ich den ganzen Boden würde dampfreinigen müssen. Wieder einmal.
Da sagte er es.
Er stand auf, legte die Hand auf mein Kreuz, denn ich bückte mich gerade, um die Nudel aufzuheben, und sagte es ganz sachlich.
»Lass uns Kinder haben.«
Vier Worte. Jedes davon ein Dreckklumpen. Jedes wie eine dreckige Nudel auf dem Teppich.
Ich stand auf. Zum ersten Mal rebellierte ich.
Ich sagte: »Wir werden Kinder haben, wenn du dich nicht mehr benimmst wie ein schmutziges kleines Kind.«
Walter hatte da noch eine Chance. Er hätte sich retten können. Er hätte einfach nur etwas Nettes oder auch gar nichts sagen können.
Aber er öffnete seinen Mund und sagte: »Pass verdammt nochmal auf, was du sagst.«
Und er tat ... das. Er griff nach meinem Handgelenk, dem Handgelenk, das immer noch diese blöde Rigatoni-Nudel festhielt, und das so fest, dass es wehtat. Er wollte, dass es wehtat. Ich sah es in seinem Blick.
Ich riss mich los.
»Damit wäre das geklärt«, sagte er.
Ich ging in die Küche.
Ich ging hinüber zum Mixer. Er war alt, ganz klassisch mit zwei Geschwindigkeiten, einem Fuß wie einem Bienenkorb und einem schweren Glaskrug darauf.
Ich nahm ihn am Griff und marschierte ins Wohnzimmer.
Walter hatte sich wieder in seinen Sessel fallen lassen. Er sah auf, als ich vor ihm stand.
»Was willst du denn damit?«, wollte er wissen.
Und dann schlug ich ihm das Ding auf den Kopf.
Er wurde davon nicht bewusstlos, aber es verletzte ihn schwer. Er fiel aus dem Sessel, er blutete und konnte nicht mehr aufstehen, egal, wie oft er es versuchte.
Ich zerrte ihn in die Küche.
Ich holte mir den Messerblock heran, dazu einen Fleischklopfer und ein Hackbeil.
Ich schnitt ihn auseinander. Ich hab außen angefangen undmich nach innen vorgearbeitet, so dass er die meiste Zeit noch lebendig dabei war. Finger flogen beiseite. Zehen. Filets von Wade, Schenkel und dem Bizeps. Zweihundert Pfund Fleisch. Und eimerweise Blut, das in die
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