Blackcollar
Herr Judas«, sagte er und zeigte ihm seinen Ausweis. »Ich bin Sicherheitspräfekt Galway. Darf ich hereinkommen?«
Judas warf einen Blick auf die Waffen, die auf ihn gerichtet waren; dann öffnete er stumm die Tür und trat zur Seite. »Sie und Ihre Männer warten hier«, befahl Galway Weissmann und folgte Judas ins Haus.
Sie betraten ein schlichtes, aber gemütliches Wohnzimmer. »Liegt denn etwas gegen mich vor?«, fragte Judas und blieb in der Mitte des Raums neben einem Tisch stehen, der so aussah, als ob der Besitzer ihn selbst kunstvoll gezimmert hätte.
»Wie man's nimmt«, sagte Galway. Sogar die Stimme des Mannes war die gleiche. »Ich bin gekommen, um Ihnen einen Vorschlag zu unterbreiten. Setzen Sie sich doch bitte.«
Nach anfänglichem Zögern ging Judas zu einem gepolsterten Sessel und nahm dort Platz. Der Sessel schien ebenfalls handgefertigt zu sein. »Schönes Mobiliar«, bemerkte Galway und setzte sich auf eine zweisitzige Couch, die von ihm aus gesehen auf neun Uhr vorm Tisch in der Mitte stand. »Haben Sie das gemacht?«
»Ja, das ist mein Hobby«, sagte Judas. »Was denn für einen Vorschlag?«
»Ein Vorschlag, der Ihnen und Ihrer Familie für den Rest Ihres Lebens völlige Sicherheit garantiert«, sagte Galway.
Judas schnaubte leise. »Das klingt irgendwie zu schön, um wahr zu sein«, sagte er. »Wieso kommen Sie nicht gleich zur Sache und sagen mir, was genau dieser Super-Deal mich kosten wird?«
Galway lehnte sich im Sessel zurück und musterte den Mann gründlich. Das Gesicht und die Stimme waren perfekt, doch soweit er den Körper des Mannes unter dem Morgenmantel zu beurteilen vermochte, würde der definitiv noch einige Aufbauarbeit erfordern. Mindestens vier Monate, schätzte er, und zwar ohne die Ausbildung, die der Mann außerdem noch brauchte.
Aber sie hatten noch mindestens fünf Monate, bevor die letzte Phase der Operation anlaufen würde.
Also reichlich Zeit. »Es wird Sie sechs bis acht Monate Ihres Lebens kosten«, sagte er. »Angesichts der Umstände ist das aber kaum der Rede wert.«
»Ach was«, sagte Judas mit dem zynischen Grinsen eines Mannes, der sich mit einem berufsmäßigen Spieler auf eine Pokerpartie eingelassen hatte. »Und was genau hätte ich in diesen sechs bis acht Monaten zu tun?«
»Eine Aufgabe, die nur Sie erledigen können«, sagte Galway. »Wir brauchen Sie als Doppelgänger.«
»Wie, läuft denn irgendwo noch ein Zwillingsbruder von mir rum?«
»Sie haben sogar zwei Zwillingsbrüder«, stellte Galway richtig und beobachtete ihn aufmerksam. »Vielleicht noch mehr. Sehen Sie, Herr Judas... Sie sind ein Klon.«
Dem anderen verging das Grinsen. »Das ist eine Lüge«, sagte er mit plötzlich belegter Stimme.
Galway wusste, dass das die richtige Reaktion war. Aber sie war doch etwas zu schnell, etwas zu geübt, etwas zu perfekt. Judas hatte bereits Kenntnis davon, wer und was er war. Und es gab nur einen Ort, wo er die Wahrheit hätte erfahren können. »Ich befürchte, Ihre Freunde haben Sie belogen«, sagte er. »Nicht ich.«
»Welche Freunde?«
»Ihre Kontakte im Widerstand«, sagte Galway leise. »Und zwar diejenigen, die Sie seit Ihrer Kindheit auf einen Spezialauftrag vorbereitet und die Sie und das Projekt dann vor etwas über zwei Jahren aus unerfindlichen Gründen plötzlich im Stich gelassen haben.«
Judas war gut, das musste man ihm lassen. Man merkte ihm den emotionalen Schock kaum an, unter dem er gewiss stehen musste, als er hörte, wie ein Sicherheitspräfekt seelenruhig vermeintlich geheime Sachverhalte aus seinem Lebenslauf zitierte. »Ich habe keine Ahnung, wovon Sie überhaupt sprechen.«
»Natürlich nicht«, sagte Galway. »Das ist auch das zweite Angebot, das ich Ihnen mache: die Chance, als Entschädigung für Ihre schäbige Behandlung einen Teil Ihrer wahren Identität zurückzuerlangen. Interessiert?«
»Wieso machen Sie sich überhaupt die Mühe, mich das zu fragen?«, entgegnete Judas. »Fünfzehn Tage Loyalitätskonditionierung, und ich würde sowieso nach Ihrer Pfeife tanzen.«
Galway zuckte die Achseln. In dieser Hinsicht hatte er sicher recht. »Das entspringt wohl meinen persönlichen Moralvorstellungen«, sagte er. »Ich möchte, dass Sie in dieser Angelegenheit eine gewisse Würde bewahren.«
»Eine falsche Würde.«
»Vielleicht«, sagte Galway. »Nur um das klarzustellen: Die Loyalitätskonditionierung würde doch etwas länger dauern. Wenn wir nach den üblichen fünfzehn Tagen aufhörten, würden die Psychor-Barrieren, die
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