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Blackhearts: Roman (German Edition)

Blackhearts: Roman (German Edition)

Titel: Blackhearts: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chuck Wendig
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Chemotherapie. Aggressiv wie Blutegel bei einem Aderlass, aber Heiler nichtsdestoweniger.«
    »Darum geht es hier, nicht wahr? Deshalb das ganze … Ritual. Die Verkleidung als mittelalterlicher Arzt, die mythische Aufmachung, der Holztisch. Die Tatsache, dass Sie eine Krankenschwester sind. Sie haben sich in diese Idee verliebt. Sie schnüffeln Ihre eigenen verrückten Dämpfe wie die alten Orakel, nur dass Sie die Orakelsache einen Schritt weiter entwickelt haben: Sie machen sich die Hände schmutzig und lassen Dinge wahr werden.«
    »Und was machen Sie, Miss Black? Ein Leben für ein anderes. Wir steigen beide in den Fluss und lassen unsere Körper die Richtung des Wassers verändern – wir leiten das Schicksal um. Indem wir einige Leben beenden, retten wir so viele andere.«
    Miriam merkt, wie die X-Schnitte in ihren Handflächen jucken. Sie muss etwas unternehmen. Bald.
    Aber noch nicht jetzt.
    »Sie könnten sie einfacher töten, die bösen Mädchen. Aber nein, diese Theatralik! Sie jagen ihnen nicht bloß eine Kugel in den Kopf, sie machen eine … Aufführung daraus. Ein Ritual für all die scheiß nicht existenten Götter und Göttinnen.«
    »Rituale sind notwendig«, sagt Beck.
    Eleanor sagt: »Meine Gabe kommt vom Göttlichen. Wir müssen das in all seinen Aspekten feiern. Es überraschtmich, dass Sie nicht genauso empfinden. Glauben Sie denn nicht an Dinge, die größer sind als Sie selbst?«
    »Ich glaube nicht an wirre Volkslieder und abgefuckte Gesichtsmasken.«
    »Das Lied ist unser Gebet. Es ist alt, Carls Mutter hat es ihm immer vorgesungen.« Eleanor lächelt bemüht. »Die Maske ist sowohl Symbol wie Funktion. Die Pestarztmaske war das Gesicht eines Vogels – denn die Pest befiel Säugetiere, aber keine Vögel. Der Arzt war durch die Kräuter im Schnabel davor geschützt, von der Pest befallen zu werden. Diese war damals mehr als nur eine Krankheit, sie wurde für ein Mal der Sünde gehalten. Eine Strafe Gottes.«
    »Scheiße! Wer hat Ihnen das denn beigebracht?«
    »Mein Vater war Akademiker. Was soll ich sagen? Seine blühende Fantasie war ansteckend.«
    »Diese Mädchen. Wieso … sollte man ihnen nicht einfach helfen? Ihnen eine Chance geben? Sie behaupten doch, Sie haben die Macht, das Schicksal zu beeinflussen – wieso zeigen Sie ihnen dann nicht, wie sie zu besseren Menschen werden können? Anstatt sie zu foltern und zu töten.«
    »Genau das tun wir doch!«, sagt Eleanor, als ob Miriam es schon längst verstanden haben müsste. »Das ist der Grund, weshalb unsere Schulen existieren.«
    O Gott! »Plural?«
    »Wir haben vier Schulen in drei Bezirken: Caldecott, Woodwine, Bell Athyn und Breckworth. Drei laufen unter Scheinfirmen, aber ich sitze im Ausschuss jeder Schule, ebenso wie mein Sohn Edwin.«
    Miriam will nicht weiter fragen, sie will gar nicht mehr wissen. Ihr ist jetzt schon ganz schlecht. Aber der Drang zu wissen, zu sehen ist allgegenwärtig – der gleiche Drang, der sie Haut an Haut legen lässt, damit sie den intimsten und aufwühlendsten Moment im Leben eines Menschen sehen kann.
    Deshalb fragt sie doch: »Wie viele? Wie … viele Mädchen? Wie viele Opfer?«
    Eleanor sagt zu Beck: »Zeig es ihr!«
    Beck winkt sie weiter.
    Er führt sie am Ficus vorbei, entlang einer Reihe weißer Orchideen, die Blüten haben wie weiße Spinnen.
    Am Ende der Reihe: ein Metallschrank. Rost an Scharnieren und Kanten.
    Beck legt Miriam die Hand aufs Kreuz ( nicht tiefer, allen Göttern sei Dank ). Seine Berührung verunsichert sie, verursacht ein flaues und mulmiges Gefühl in ihrem Magen, als würde sich ihr Körper auf eine ekelerregende Frequenz einstellen.
    Er nimmt einen kleinen Schlüssel heraus, schließt das Vorhängeschloss auf und öffnet den Schrank.
    Darin … Einmachgläser.
    Der Schrank ist mit Einmachgläsern gefüllt.
    Fünf Einlegeböden, locker ein Dutzend stehen in jedem Fach.
    Jedes Glas enthält eine trübe Flüssigkeit, schlammig wie brackiges Teichwasser.
    Darin schwimmt etwas, das wie eine Nacktschnecke oder Seegurke aussieht. Dünn an einem Ende, faserig am andern, wie die Wurzel eines widerspenstigen Unkrauts.
    Zungen.
    In jedem Glas eine Mädchenzunge.
    Sie rang die Hände und stöhnte und schrie
    biss auf die Zunge, bevor sie verschied   …
    Miriam will es nicht tun, aber sie muss.
    Sie nimmt ein Glas vom obersten Fach. Nichts weist darauf hin, zu wem es gehört: kein Aufkleber, kein Name, kein Datum. Das Glas zittert in ihrem Griff. Bläschen, die noch

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