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Blackhearts: Roman (German Edition)

Blackhearts: Roman (German Edition)

Titel: Blackhearts: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chuck Wendig
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Miriams Arm wird fester.
    »Wir sind sehr verschieden«, sagt Miriam, aber sie will nicht näher darüber nachdenken. Schau nicht zu genau hin. Die Antwort wird dir vielleicht nicht gefallen .
    »Ach wirklich? Das Schicksal sieht einen Weg vor, und dann treten Sie auf den Plan: Sie verändern ein Leben, indem Sie ein anderes beenden, ist es nicht so? Das ist es auch, was ich tue. Was wir als Familie tun. Wir sehen diese Mädchen, die sich im Wind verbiegen, vergiftete Mädchen, geschädigte, kaputte Mädchen. Mädchen, die irgendwann selbst zu Zerstörern werden. Ihre Leben sind wie Wirbelstürme und Orkane, die alles auf ihrem Weg mitreißen und so fest zu Boden schleudern, dass es zerbricht.«
    »Nehmen Sie Ihre Hand weg! Ich habe gesagt, ich will Wren sehen!«
    Aber Eleanor spricht weiter, mit Augen, die weit aufgerissen sind von der Leidenschaft ihrer Überzeugungen. »Annie Valentines Tod ist etwas Reines. Etwas Gutes. Und wirklich Gutes, entsteht nicht ohne Opfer. Sie war wie ein Garten das Hasses: Lässt man den Boden öde, wird nur Ödes daraus wachsen. Ein totes Kind. Eine tote Mutter. So viele andere. Entfernt man sie aber aus der Zeitlinie …« Eleanor bildet mit zwei Fingern eine Schere – schnipp, schnipp, schnipp, »… gedeiht der Garten.«
    Miriam versucht sich loszumachen, doch der Griff der alten Frau ist wie eine Zange. Eleanors Atem duftet nach Hagebutten.
    Brennende Rosen und Nelken, Rauchfahnen aus den Nasenlöchern der Maske .
    Eleanors Augenlider flattern, beinah als wäre sie in den Geburtswehen einer ekstatischen Offenbarung gefangen. »Es ist wie bei Krebs, verstehen Sie? Um den Körper zu retten, muss man bisweilen die Krankheit herausschneiden, ein ganzes Organ entfernen, ein Glied abtrennen. Annie Valentine und all die andern Mädchen – all die andern – waren bösartig. Tumore, die das Messer verdienten.«
    »Oder die Axt.«
    Bei diesen Worten lächelt Eleanor.
    Dann dreht sie sich um und schließt mit einem kleinen Messingschlüssel die Gartenhaustür auf. Aus dem Inneren weht Miriam ein Treibhausgeruch aus umgegrabener Erde, Dünger und dem berauschenden Duft nasser Blätter entgegen. Sie sieht eine grüne Brandung, die sich an Inseln leuchtender Blumen bricht: Orchideen, Teerosen und Strelitzien.
    In der Mitte des langen Treibhauses steht ein Baum – ein Ficus mit drei einzelnen sich verjüngenden Stämmen, die sich umwinden und wieder aufteilen.
    Neben dem Baum sitzt Wren. Ihre Hände stecken in glänzenden Handschellen, eine Kette verbindet diese Handschellen mit einer rostigen Öse im Gewächshausboden.
    Ihr Unterkiefer hängt schlaff herunter, ihre Lider schwer über den Augen. Die Unterlippe ist nass von Speichel.
    »Sie haben sie unter Drogen gesetzt!«, sagt Miriam.
    »Um sie ruhigzustellen«, antwortet Beck. »Sie ist … ein bisschen vorlaut.«
    Miriam eilt zu Wren, kniet sich neben sie. Die Augen des Mädchens versuchen, sie zu fokussieren, aber die stecknadelkopfgroßen Pupillen schweifen durch den leeren Raum um sie herum. Als sähe Wren mehr als eine Miriam. Zwei von ihr? Drei? Unendlich viele?
    Der gruseligste Gedanke von allen .
    »Sssch«, macht Miriam beruhigend und zieht das Mädchen fest an sich. Sie ist nicht gut darin, Zuneigung zu zeigen, aber Wren braucht das jetzt. Während schwerer Regen auf die Fenster über ihren Köpfen eintrommelt, murmelt Miriam ihr beruhigend zu und reibt ihr in Kreisen über den Rücken. Ihre Schulter wird nass vom Sabber des Mädchens.
    »Mama«, murmelt Wren.
    Miriam erschauert. Es ist, als könnte sie geradezu fühlen, wie ihre Eierstöcke sich anspannen und ein Jahrzehnt Eis und Schnee abschütteln – ein entsetzliches Gefühl. Sie muss ihre ganze Kraft aufbringen, um einen gequälten Schrei hinunterzuschlucken und die Tränen, die fallen wollen, einzudämmen.
    Behutsam lehnt sie Wren wieder an den Baum und steht auf.
    »Was wollen Sie von mir?«
    Langsam kommt Eleanor auf sie zu. Das gütige Lächeln in ihrem Gesicht verleiht ihr ein gruseliges, großmütterliches Leuchten. Die grünenden Pflanzen um sie herum – Leben, das aus Töpfen, Kästen und über Tischkanten quillt – erinnern an den Garten Eden: den Ort, an dem eine Frau eine Entscheidung traf, die auf einer Lüge basierte.
    »Ich will, dass sie sich unserer Familie anschließen«, sagt Eleanor.
    »Sie haben wohl Ihre Pillen nicht genommen. Sie sind Monster!«
    »Wir sind Heiler. Aggressiv vielleicht, wie eine Ektomie, wie Bestrahlung oder

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