Blackhearts: Roman (German Edition)
anzubehalten.«
Wieder das Herumgefummel an der Augenklappe. »Ich dachte nur, es könnte ein Problem geben. Mit deinem Job.«
»Immerhin lässt du sie mich im Bett ausziehen.«
Er wird rot. Nach all der Zeit wird er noch rot.
Sie beschließt, der Hase zu sein, der dem ganzen Unsinn zuvorkommt. »Also, Frau Lehrerin ist der totale Hypochonder. Sie glaubt, sie stirbt. Du erwähnst mich, erzählst ihr von meinem gestörten Talent. Wann war das?«
»Vor drei Monaten. So ungefähr.«
»Und du meinst, sie ist noch interessiert?«
Er nickt. »Ich habe sie schon angerufen.«
»Du durchtriebener Hund!«
»Und, was denkst du?«
Ihre Hände kribbeln. Als wären ihre Fingerspitzen Hornissenflügel, die gegen eine Fensterscheibe schlagen. Sie denkt, dass jeder Teil von ihr das auf eine Art will, die sie nicht mal versteht – als hätte sich diese Sehnsucht, dieses tiefe Bedürfnis in ihrem gesamten Körper festgesetzt, von ihrer Zunge und ihren Zähnen den ganzen Weg hinunter bis zu dem Tal zwischen ihren Beinen. Sie kann das verlockende Lied in den feuchten und übelriechenden Höhlen ihres Verstandes hören: den Ruf der Sirene, die wieder einmal vom Tod und fernen Highways singt, von Vögeln, die sich an dunklen Orten rühren, und von Goldmünzen, die glitschig sind von schmierigem Blut. Der Körper begehrt. Der Geist sucht.
Ihr Hunger muss sich wohl deutlich zeigen. Ihr Gesicht wie eine Antenne, die diesen Eifer ausstrahlt, der an Ungeduld grenzt.
Louis mustert sie.
»Ich nehme mal an, das ist ein Ja«, sagt er.
»Ich habe nichts gesagt.«
»Trotzdem.« Seine Stimme ist traurig, und sie ist sich nicht sicher, wieso.
»Es ist ein Ja.«
NEUN
Keine Zeit für Liebe
In dieser Nacht bleiben sie in einem Motel. Es befindet sich gleich hinter dem Laden. Das Sugar Sands Motel. Der Typ, bei dem sie sich anmelden, sieht wie ein waschechter Schwesternficker und wie der Sohn eines solchen aus. Die Augen zu groß. Das Gesicht zu klein. Die Fingernägel so brüchig, dass sie wie kaputte Muschelschalen wirken.
Das Zimmer ist auch nichts, dem man nachhupen würde. Es hat wieder mal dieses Strandleitmotiv – Steuerrad an der holzvertäfelten Wand, Bad in Rosa- und Gischttönen gehalten. Das beschissene Acrylgemälde eines Leuchtturms hängt über zwei Einzelbetten, die sich einander zuneigen, als seien sie voneinander abhängig.
Es stinkt nach Schimmel und Salzwasser.
Egal. Miriam fühlt sich wach. Lebendig. Elektrisiert. Es ist nicht nur das Koffein. Auch nicht das Nikotin. Ihre Hände beben wie ein brummender Rasentrimmer.
Das ist krank. Sie weiß, dass es krank ist. Wegen dieser fernen, schleichenden Verheißung von Tod fühlt sie sich so lebendig wie seit einem Jahr nicht mehr.
Es ist wie Benzin für den Motor. Und sie kann nicht umhin, die Maschine aufheulen zu lassen.
Louis setzt sich aufs Bett und tastet nach der Fernbedienung für den kleinen kastenförmigen Fernseher auf der wackligen Kommode. Aber Miriam gibt ihm keine Chance, sie zu finden.
Sie springt auf seinen Rücken. Beißt ihm ins Ohr. Stößt einen affenähnlichen Schrei aus und lässt die Hand über seine Brust nach unten wandern. Sie findet, wovon sie hofft, dass es ein Nippel und kein Knopf ist, und dreht ordentlich daran.
»Ich will dich überall berühren!«, zischt sie. Und das tut sie auch. Es ist, als ob ihre Hände in Flammen stünden. Zum Teil ist es frustrierend: Sie weiß nicht mehr, wie Louis sterben wird. Einst hat sie es gewusst – durch Stiche in beideAugen, oben im Barnegat-Leuchtturm –, aber dann kam sie und veränderte den Lauf des Schicksals, und jetzt bleibt sein Tod ein köstliches Rätsel. So wie ihr eigener.
Ihre Hand bewegt sich zu seiner Hüfte und dann langsam auf seinen Schoß zu. Louis atmet schwer.
Aber dann hält er die Luft an, packt Miriam mit beiden Händen und hebt sie hoch, als wäre sie nichts – schließlich wiegt er mindestens 120 Pfund mehr als sie. Er wirft sie aufs Bett. Die Sprungfedern geben einen Laut von sich wie ein Maultier.
»Nein!«, sagt er. Als würde er einem Kind sagen, es soll diesen Keks fallen lassen.
Sie greift noch einmal nach ihm und hakt einen Finger in eine seiner Gürtelschlaufen. Er zieht ihre Hand weg und legt sie in ihren eigenen Schoß zurück.
»Das werden wir nicht tun«, sagt er.
»Im Ernst?«
»Ja. Im Ernst.«
»Aber das ist es doch, was wir sonst tun«, sagt sie. »Kann ja sein, dass wir auf einer emotionalen, gefühlsduseligen Komm-her-und-drück-mich-Ebene
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