Blackhearts: Roman (German Edition)
Chemikalien. Lecker!
»Da gibt es etwas, was ich dir erzählen muss«, sagt Louis.
»Das ist nicht der Zeitpunkt für Geständnisse.«
»Womöglich doch.«
Katey verfolgt den Wortwechsel. Miriam seufzt, zündet sich mit den verletzten Händen die Zigarette an, bläst einen Rauchschwaden ins Freie.
»Na schön. Dann darf ich zuerst gestehen.« Bevor Louis sie unterbrechen kann, platzt sie damit heraus. »Ich hatte … etwas mit einem der Lehrer am Laufen. Dem Trainer an der Caldecott. Oder Sensei. Oder wie zum Teufel ihr ihn nennen würdet.«
Katey ist die Erste, die etwas sagt. »Beck Daniels?«
»Ich … ich kenne ihn. Ich bin ihm mal begegnet. Ein Mal.« Louis strafft sich in seinem Sitz. »Habe ein paar Turnmatten ausgeliefert.«
»Wir haben nicht gefickt«, sagt Miriam.
»Na klar.«
Sie kann sehen, wie seine Hände das Lenkrad fest umklammern. Wäre das Lenkrad die Schulter eines Mannes, so würde dieser mit zertrümmertem Schlüsselbein zu Boden sinken.
»Wir haben bloß gekämpft, im wörtlichen Sinne. Und dann – prallten wir zusammen, und um ein Haar – aber wir haben nicht, und – weißt du was? Ich hätte das für mich behalten sollen. Wie gesagt, das ist ein schlechter Zeitpunkt für Geständnisse.«
Louis atmet tief durch die Nase ein, als würde er versuchen, sich entweder zu beruhigen oder genug psychische Energie aufbauen, um jeden im Truck durch Telepathie zu töten.
»Ich gehöre an deine Seite«, sagt Louis plötzlich.
»Was?«
»Ich habe eine Aufgabe. Und die lautet, dich zu beschützen.« Noch ein tiefer, nasenlochblähender Atemzug. »Ich habe etwas gesehen.«
»Du hast – was? Was hast du gesehen?«
»Einen Vogel. Eine Krähe.«
Miriam spannt sich an.
Louis erzählt ihr alles. Es war nicht nur eine Krähe, sondern eine ganze Straße voll davon – aber nur eine, auf die es ankam: die Krähe, die mit Miriams Stimme gesprochen hat. Und dann, seine Augenhöhle, die Feder. Die schlammigen Haarsträhnen.
»Der Unbefugte«, sagt sie laut, ohne es zu wollen. Ihre innere Stimme wurde aus dem Käfig gelassen.
Das bedeutet, dass der Unbefugte real ist. Nicht beschränkt auf das Gefängnis ihres eigenen Verstands und nicht bloß ein Ausdruck ihres Unterbewusstseins.
»Ich sehe den Unbefugten jetzt schon seit einiger Zeit.Ich habe immer gedacht, das sei bloß ich, nur ein Teil von mir, das in meinem Kopf ist, aber …«
»Das könnte es trotzdem sein«, sagt Katey. »Vielleicht kam das, was Louis gesehen hat, von dir, du hast es … na ja, in Ermangelung eines besseren Wortes, ausgesendet. Hast es wie ein Leuchtsignal ausgeschickt.«
»Diese Botschaft ist der Grund, weshalb ich hierher gerast bin«, sagt Louis. »Katey könnte recht haben. Immerhin hat der Vogel mit deiner Stimme gesprochen.«
Weiter vorn ist nun das Tor zur Caldecott-Schule zu sehen.
So spät ist das Torhaus nicht mehr besetzt. Sie halten davor an, und Louis würgt den Motor ab. Miriam berührt seine Hand.
»Nein – du bleibst im Truck. Bleib hier, nur für den Fall, dass wir schnell abhauen müssen. Katey wird mich reinbringen, denn sie hat die Schlüssel.«
Katey klimpert mit dem Schlüsselbund und lächelt traurig.
»Ich komme mit rein!«, knurrt Louis. »Ich hab dir gerade erst gesagt: Ich bin hier, um dich zu beschützen. Ich kann dich nicht allein da reinlassen!«
Miriam lacht halbherzig. »Es ist eine Mädchenschule. Eine Schule voller Mädchen. Okay, klar, ein oder zwei werden wissen, wie man sich einen Dildo aus einem Stück Dove-Seife schnitzt, aber ich denke, dass ich es – im Großen und Ganzen – mit ihnen aufnehmen kann.«
»Der Irre, der dir die Botschaft hinterlassen hat, könnte noch da drin sein!«
»Hey, wir wollen versuchen reinzugehen und keine Aufmerksamkeit auf uns zu ziehen! Ich nenne dich nicht wegen einer Vorliebe für Plateauschuhe Frankenstein. Du bist riesig! Wir werden das schon hinkriegen.« Sie sagt es, und sie hofft, dass es ehrlich wirkt. Es geht ihr gar nicht darum, dasssie keine Aufmerksamkeit auf sich ziehen will. Es geht darum, dass sie sich nach dieser Truckführerhaus-als-Beichtstuhl-Sache ein bisschen unbehaglich fühlt. Sie braucht den Abstand. Und er auch, glaubt sie.
Er lächelt nicht, aber er nickt. »Na schön. Trödel nicht!«
»Werd ich nicht.«
Sie will ihm schon einen Kuss auf die Wange geben, ist sich dann aber nicht sicher – ist das eine widersprüchliche Botschaft? Weiß sie überhaupt, was sie sagen will?
Stattdessen salutiert
Weitere Kostenlose Bücher