Blacklist - Blacklist - Blacklist
die Siedlung verließ, war ihm einerlei.
Ich nahm nicht die Mautstrecke, sondern entschied mich für die Ogden Avenue. Wenn Schorr einen Suchbefehl nach mir rausgab, würden sie als Erstes die Autobahnen überprüfen. Sie wussten nicht, was für ein Auto ich fuhr, würden aber folgern, dass es ein gestohlenes sein musste, wenn ich mich nicht bei meinem Mustang blicken ließ.
Auch sechzig Kilometer vor der Stadt ist die Ogden Avenue keine Prachtstraße. Offenbar hat jede Gemeinde an der Strecke beschlossen, hier ihre Autohändler, Fast-Food-Ketten, Tankstellen und Schrottplätze unterzubringen, was für eine grellschäbige Atmosphäre sorgt. In Chicago selbst wird die Straße regelrecht bedrohlich, bis sie schließlich unweit der Cabrini Sozialsiedlung endet. Ein paar Hochhäuser der Siedlung sind abgerissen worden, weil die Gold Coast immer mehr nach Westen drängt, aber die restlichen blicken mit ihren zerbrochenen Fensterscheiben und von Einschusslöchern verunstalteten Spielplätzen drohend auf die Stadt.
Es war schon ziemlich viel los auf der Straße - Pendler, die in den riesigen Einkaufszentren Halt machten, um sich den ersten Kaffee zu genehmigen, Leute, die von der Nachtschicht kamen und einen Burger essen wollten. An einer Ampel nickte ich wieder ein. Das markerschütternde Tröten eines Lasters hinter mir sorgte dafür, dass ich hochfuhr - ich glaubte, ich hätte einen Schuss gehört, und wir seien umzingelt. Das Adrenalin von diesem Schreck reichte, um mich für den Rest der Fahrt wach zu halten.
Der Motor des Jaguar machte nicht mehr Lärm als eine Feder, die auf ein Blatt fällt, und die Kraft, die in dem Wagen steckte, verlockte mich dazu, entfesselt Spuren zu wechseln oder Straßen mit einer Sechziger-Begrenzung mit neunzig Sachen entlangzubrettern, aber ich beherrschte mich. Als ich an der Austin, kurz vor Chicago, an einer Ampel warten musste, rief ich mit dem Handy kurz entschlossen Murray Ryerson an. Er war mufflig, weil ich ihn geweckt hatte, wurde aber schnell wach und sogar bockig, als ich ihm erzählte, dass ich in Larchmont mit den Deputys der dortigen Sheriff-Dienststelle zu tun gehabt hatte.
»Die drehten durch, dachten, sie hätten einen arabischen Terroristen vor der Nase. Sie haben auf jemanden geschossen. Mir stand nicht der Sinn danach, weiter da rumzuhängen - sie waren rüpelig -, aber ich habe ein blödes Gefühl wegen der Schüsse.«
»Was ist blöd daran, einen Terroristen zu erschießen?«, konterte Murray.
»Ich glaube, sie haben jemand anderen getroffen, jemanden aus der Familie Bayard. Möglicherweise Calvin Bayards Enkelin. Und wenn dem so ist, werden sie zusehen, dass keiner das mitkriegt.«
»Hast du die Leiche gesehen? Ist das die Begründung für dein Gefühl?« Murray war renitent - er kennt mich schon ewig.
»Ich habe da draußen wegen Marcus Whitby nach Spuren in diesem Teich gesucht. Und dabei übrigens seinen Terminplaner gefunden.« Seither schienen Jahre vergangen zu sein. »Jedenfalls kamen da auch zwei Personen aus der Bayard-Familie vorbei, und ihrem Gespräch habe ich entnommen, dass sie vielleicht noch einmal zurückkommen wollten. Das ist alles.«
»Das ist wenig. Viel zu wenig. Erzähl mir von Whitbys Büchlein. War da irgendwas Aufschlussreiches drin?«
»Ja - Modder aus dem Teich. Ich gebe es in ein Labor, in der Hoffnung, dass sie noch irgendwas retten können.«
Empörtes Gehupe hinter mir holte mich mit einem Riesen-schreck wieder hinters Steuer zurück. Ich unterbrach die Verbindung hastig, obwohl Murray am anderen Ende seinem Frust darüber Ausdruck gab. Ich schaltete das Handy aus - wenn Murray zurückrief, würde das Piepen womöglich Benjamin wecken. Außerdem wollte ich Murray nicht mehr sagen; ich hatte nur dafür sorgen wollen, dass Lieutenant Schorr es nicht vertuschen konnte, wenn er Catherine angeschossen hatte.
An der Western Avenue führt die Ogden Richtung Nordwesten, an der Jugendstrafanstalt vorbei. »Da landest du nicht, wenn's nach mir geht, mein Freund«, sagte ich zu dem schlafenden Jungen. Er murmelte irgendetwas, das kehlig klang, vermutlich auf Arabisch, und schlief weiter.
Ich bog auf die Western in nördlicher Richtung ab und kutschierte sechs Kilometer durch die öden Ausläufer der Industriegebiete. Die Laster und Fabriken erhellten die Nacht, sodass man nicht sehen konnte, ob der Himmel noch dunkel war; hier war die Luft tagsüber so grau und schmutzig wie nachts.
Wir befanden uns jetzt auch in der Nähe der
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