Blacklist - Blacklist - Blacklist
für den Jungen. Jesus ist es gleich, ob er auf Arabisch betet.«
Er stapfte einen dunklen Flur entlang, der das Pfarrhaus mit der Kirche St. Remigio verband. Ich ging mit Benjamin einen anderen, unbeleuchteten Flur entlang zur Küche. In Pater Lous Pfarrgemeinde war Geld knapp, und der Priester sparte, indem er die Flure nicht beleuchtete. Ich musste meine Kopflampe einschalten, um den Weg zu finden. Die Batterien gingen allmählich zur Neige; das Licht war so schwächlich wie meine Beine.
In der Küche machte ich die Streichhölzer ausfindig und zündete eine Flamme auf dem schweren, alten Gasherd an. Ich wunderte mich, dass Pater Lou überhaupt Geld für einen Gasherd ausgegeben hatte, anstatt den Kohleherd zu behalten oder was auch immer hier 1880 gestanden hatte, als die Kirche erbaut wurde.
Im Kühlschrank fand ich Eier, die Grundlage von Pater Lous Speiseplan, sowie Margarine und einen Klumpen Käse. Ich rührte eine gute Portion zusammen und briet sie in einer gusseisernen Pfanne. Pater Lou aß auch viel Bratspeck, aber mir fiel noch rechtzeitig ein, dass ich den einem Muslim lieber nicht anbieten sollte.
Während die Margarine schmolz, schaltete ich das Transistorradio ein, das auf dem Kühlschrank stand. Falsche Zeit für Nachrichten: nur Werbung und Sport. Die Bulls hatten wieder verloren, die Blackhawks auch. Fan von Chicagoer Mannschaften zu sein ist im Winter so anstrengend wie im Sommer.
Benjamin hatte sein Sweatshirt ausgezogen, es sorgfältig zusammengefaltet und auf den gesprungenen Linoleumboden gelegt. Nun kniete er sich darauf, um sein Morgengebet zu verrichten, doch als ich das Radio anmachte, schaute er ängstlich auf.
»Keine Nachrichten«, sagte ich. »Ich schalte wieder ein, wenn du fertig bist.«
Ich räumte einen Platz auf dem Küchentisch frei. Kostenaufstellungen, die Sportseiten aus den Zeitungen einer ganzen Woche, Schulaufsätze und Werbekataloge lagen dort wild durcheinander. Ich schichtete sie auf einen Haufen, ohne sie irgendwie zu ordnen - falls Pater Lou etwas suchte, würde er den ganzen Stapel durchsehen. Ich hatte das schon öfter erlebt, wenn er nach alten Predigten suchte. Er ist der einzige Mensch, den ich kenne, der noch unordentlicher ist als ich.
Ich stellte Eier, Tortillas und dünnen schwarzen Tee mit viel heißer Milch und Zucker auf den Tisch. Wir hatten es beide nötig, unseren Blutzuckerspiegel hochzufahren. Ich holte ein paar Aspirin aus der Flasche in meinem Rucksack und schluckte sie mit Tee. Vielleicht konnten die meine schmerzende Schulter besänftigen.
Benjamin beendete sein Gebet und warf mir dabei einen abweisenden Blick zu. Der Zeitplan für seine Gebete hatte ihm sicher während der Zeit, in der er alleine gewesen war, Halt gegeben. Der Koran seines Vaters, die Gebetsvorschriften seines Vaters, wie die Stimmübungen meiner Mutter: Die Gewohnheiten geliebter Menschen vermitteln einem das Gefühl, dass sie bei einem sind.
»Nachrichten jetzt?«, fragte er. »«Bitte du finden heraus von Catterine.«
»Über Catherine«, verbesserte ich ihn geistesabwesend.
»Über Cat-herine«, wiederholte er.
Ich schaltete das Radio wieder an. Um halb brachten sie endlich die Lokalnachrichten.
Aufgrund einer Beschwerde von Nachbarn durchsuchten Deputys von der Sheriff-Dienststelle des DuPage County heute früh ein leer stehendes Haus in New Solway. Sheriff Rick Salvi zufolge versteckte sich in dem Haus ein Araber, der wegen der Terrorakte vom 11. September vernommen werden sollte. Der Mann entkam durch ein Fenster im dritten Stock, als die Deputys das Haus stürmten. Bei der Durchsuchung des Grundstücks wurde ein Mädchen aus der Gegend durch einen Schuss verletzt. Der Sheriff weigerte sich, Berichte zu bestätigen, denen zufolge einer der Deputys den Schuss abgegeben hatte. Bei dem verletzten Mädchen handelt es sich um Catherine Bayard, die in der Nähe des Hauses ihres Großvaters, des Chicagoer Verlegers Calvin Bayard, einen Abendspaziergang machte. Sheriff Salvi ließ verlauten, es sei möglich, dass Ms. Bayard von dem gesuchten Mann angeschossen wurde; er wird einen vollständigen Bericht bekannt geben, nachdem die Waffen der Deputys untersucht wurden. Ms. Bayard befindet sich in einem regionalen Krankenhaus. Ihr Zustand ist ernst, aber stabil.
Der gesuchte Mann hielt sich in demselben Haus auf, vor dem die Chicagoer Privatdetektivin V.I. Warshawski Sonntagnacht eine Leiche entdeckte. Warshawski hielt sich auch in dem Haus auf, als die Deputys
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