Blacklist - Blacklist - Blacklist
unbeschränkten Zugang zu Catherines Zimmer hatte.
Ich schlenderte zu dem Fenster am Ende des Gangs. Wie ich erwartet hatte, konnte man von diesem Teil der Klinik, in dem die Privatpatienten untergebracht waren, auf den See blicken. Allerdings wurde direkt unter diesem Fenster ein Wohnhaus zerlegt, damit die ohnehin riesige Klinik sich weiter ausbreiten konnte. Sie nahmen das Gebäude Stück für Stück auseinander - eine Sprengung wäre wohl den Herzpatienten nicht gut bekommen. Eine Außenwand war schon entfernt worden, und ich sah herunterbaumelnde Rohre und ein zurückgebliebenes Bett.
Nach etwa zehn Minuten trat Renee Bayard mit ihrem Sohn aus dem Krankenzimmer. Mit Blick zu mir teilte sie dem Wachmann mit, dass absolut niemand Zutritt zu diesem Zimmer hätte außer der Privatschwester, den beiden Ärzten, deren Namen der Wachmann notiert hatte, und sie beide. Keine Schwesternhelferinnen, keine Detektivinnen und unter keinen Umständen Angehörige der Polizei. Falls einer der zuletzt Genannten sich Zutritt verschaffen wollte, solle der Wachmann umgehend Renee per Pieper verständigen, habe sie sich klar ausgedrückt?
Als der Mann das bestätigt hatte, bedeutete mir Renee, ihr zu folgen, und marschierte voran. Edwards und ich waren etwa gleich groß, gute zehn Zentimeter größer als Renee, aber wir mussten fast rennen, um den Anschluss nicht zu verlieren.
Im Fahrstuhl sprach Renee beiläufig über dies und das. Der Arzt sei der Ansicht, dass man Catherine ab heute Abend kein Morphium mehr verabreichen solle, ob Edwards damit einverstanden sei? Catherine müsse noch ein paar Tage im Krankenhaus bleiben, ob sie ihren Laptop vorbeibringen sollten, damit sie mit ihren Freundinnen Kontakt aufnehmen könnte? Sie müssten entscheiden, ob sie Besuch von Freunden haben dürfe.
Im Erdgeschoss ging Renee zu einem Wagen voraus, der wartete. Sie trug dem Chauffeur auf, uns nach Hause zu kutschieren. »In die Banks Street, Yoshi. Miss Catherine ist sehr schwach, aber bei Bewusstsein; sie macht gute Fortschritte.«
Wider Willen empfand ich etwas Mitleid mit Edwards, der seit seiner Äußerung »ja, ich möchte auch nicht, dass sie noch einen Tag Morphium bekommt« nicht mehr zu Wort gekommen war. Es war bestimmt nicht einfach, mit jemandem aufzuwachsen, der einen derartig überrollte. Vielleicht hatte er deshalb Zuflucht bei den Rechten gesucht, die für seine Eltern ein rotes Tuch waren.
37
Die beste Freundin eines Jungen
In der Wohnung in der Banks Street teilte Renee Elsbetta kurz mit, dass sie Kaffee ins Arbeitszimmer bringen solle, dann rauschte sie den Flur entlang, ohne abzuwarten, ob ihr Sohn und ich ihr folgten. Edwards stapfte hinter seiner Mutter her, ohne ein Wort mit mir zu wechseln - er war sauer, weil sie ihn wie einen Achtjährigen behandelte. Ich blickte neugierig in die Räume, an denen wir vorbeikamen, vor allem in ein lang gestrecktes Wohnzimmer, in dem ein Stutzflügel stand und die Wände voller Gemälde hingen. Im Flur waren Glaskästen mit allerhand Kuriositäten an den Wänden befestigt. Edwards tappte ungeduldig mit dem Fuß, als ich stehen blieb, um eine griechisch anmutende Vase zu begutachten. Ich fragte ihn, wie alt die sei, aber er sagte nur, ich solle mitkommen, und brachte mich in einen Raum, der nach hinten zum Garten hinausging.
Renee schien dieses Zimmer zur Arbeit und zum Entspannen zu nutzen; es war mit Bürogeräten, aber auch mit Büchern, Familienfotos, alten Teppichen und bequemen Sesseln ausgestattet. In einer Nische standen Stühle, die weniger behaglich aussahen, und auf denen sollten ihr Sohn und ich uns niederlassen.
»Edwards und ich möchten wissen, wie Sie in Verbindung zu Catherine traten. Und bitte keine Geschichten mehr über ein Interview für die Schulzeitung.« Renee Bayard konnte man so schwer Widerstand leisten wie einem Hurrikan: Man konnte nicht angreifen - entweder man hielt stand oder wurde platt gemacht.
Ich lächelte. »Das war Catherines Geschichte. Obwohl ich damals ziemlich genervt war über sie, fand ich es eindrucksvoll, wie sie sich auf die Schnelle diese Begründung einfallen ließ.«
»Das ist keine Antwort auf meine Frage - wie heißen Sie gleich wieder? Bislang schien mir Ihr Name nicht wichtig genug, um ihn mir einzuprägen.«
»V. I. Warshawski.« Ich reichte ihr eine Karte.
»Ja, richtig. Also, warum waren Sie am - Mittwoch war es, nicht wahr? - hier? Wieso haben Sie Catherine nach Hause verfolgt? Und warum waren Sie dann am Donnerstag
Weitere Kostenlose Bücher