Blacklist - Blacklist - Blacklist
entdeckt, das namentlich nicht genannt wurde - und auf den Schirmherrn des Komitees. Könnte das Ihr Mann gewesen sein?«
Sie blickte mich herablassend an. »Calvin ist als großzügiger Förderer der schönen Künste bekannt. Aber ich muss sagen, es erstaunt mich, dass Sie genügend Zeit haben, um Bibliotheken aufzusuchen. Wollen Sie es diesem verstorbenen Journalisten gleichtun und ein Buch über Kylie Ballantine schreiben?«
»Nein, Ma'am. Ich versuche nur herauszufinden, warum er sich in New Solway aufgehalten hat.«
»Tja, nun, ich wüsste nicht, was mich das angeht. Ich möchte lediglich wissen, inwieweit Ihre Aktivitäten Einfluss auf das Wohlergehen meiner Enkelin haben.« Sie erhob sich und drückte einen Knopf an ihrem Haustelefon. Kurz darauf erschien Elsbetta, der aufgetragen wurde, mich hinauszubegleiten.
»Wenn Sie sich entschließen, mir über diesen Sadawi Bescheid zu geben, rufen Sie in meinem Büro an und vereinbaren Sie einen Termin. Ich sage meiner Sekretärin, dass sie Sie jederzeit einplanen soll.« In der Tat, dezent war sie nicht, sie schwang lieber den Holzhammer.
Ich ging die sechs Kilometer von der Banks Street zu meinem Büro zu Fuß. Ich hatte mir heute schon viel angehört und hoffte, dass ich genügend Zwischentöne herausgespürt hatte, um Lügen von Wahrheit unterscheiden zu können. Am liebsten hätte ich mit jemandem ausführlich über alles gesprochen. Meine frühere Assistentin, Mary Louise, mit ihrem pragmatischen Ansatz hätte mir gutes Feedback geben können.
Oder Morrell, der immer ruhig und bedächtig reagierte, wenn mein Temperament mit mir durchging; Morrell - ich konnte seinen Namen kaum mehr denken, ohne dass sich irgendetwas in meiner Mitte aufzulösen schien. Einen Moment lang überkam mich die Verzweiflung so heftig, dass ich mich auf eine Bank setzen und den Kopf auf die Knie legen musste. Ich streckte die Hand aus, wie um ihn zu berühren.
Ich spürte etwas Kaltes an den Fingern; ein Passant hatte mir einen Quarter in die Hand gelegt. Ich schaute mich um, aber ich saß an einer betriebsamen Kreuzung an der North Avenue. Jeder, der bei Walgreens rauskam oder auf Starbucks zusteuerte, konnte Erbarmen empfunden haben für eine Frau, die so geschwächt war, dass sie den Kopf nicht mehr aufrecht halten konnte.
Ich seufzte und stand auf. Zurück zum Webstuhl, Penelope.
Ich wanderte weiter die North Avenue Richtung Westen entlang und zerbrach mir dabei den Kopf über die Familie Bayard. Renee oder Edwards alleine hätten mir niemals so viel erzählt wie zu zweit. Edwards in seiner Wut über den Umgang seiner Mutter mit Catherine, und Renee in ihrem Zorn über seine rechtslastigen Ansichten hatten mir offenbart, dass es früher oder sogar noch heute einen wunden Punkt in der Finanzierung von Bayard Publishing gab. Außerdem hatte Edwards durchblicken lassen, dass sein Vater untreu gewesen war - der Unterton bei dem Ausdruck »Projekte« hatte Bände gesprochen.
Und Geraldine Graham? Ich war an der Brücke über den Chicago River angekommen, blieb stehen und starrte auf einen Kran, der in einer Fabrik am Ufer Metallschrott herumhievte. War sie auch eines von Calvin Bayards »Projekten« gewesen? Eine Geliebte, die sich von der jungen Gattin aus Vassar verdrängt fühlte? Falls das zutraf, fand ich es sonderbar, dass MacKenzie Graham sich erst umgebracht hatte, nachdem Calvin mit seiner neuen Frau in New Solway eintraf, und nicht während der Zeit, als die beiden noch ein Verhältnis hatten.
All diese Lebensläufe von New Solway, sie waren wie die verdrehten Stahlbänder, die von dem Kranmagneten herunterbaumelten. Man konnte sie hin und her drehen und aus unterschiedlichen Blickwinkeln betrachten. Ich sah eine Version der Geschichte, in der Geraldine Graham die Maske in den Teich warf, um sich nicht mehr an den Liebhaber erinnern zu müssen, dem sie mit dem Kauf einen Gefallen erweisen wollte. Oder weil sie erfahren hatte, dass die Frau, von der die Maske stammte, denselben Liebhaber hatte wie sie. Weniger deutlich sah ich eine Szene, in der ihre alles beherrschende Mutter die Maske wegwarf: primitive Kunst verboten? Primitive Gefühlsregungen verboten? Oder Darraugh, der sie fortwarf, weil er nichts mit Calvin Bayard zu tun haben wollte - falls er Geraldines Liebhaber gewesen war.
Calvin hatte auch Olin Taverner dazu genötigt, eine Maske zu kaufen. Und Edwards Bayard hatte als Erwachsener Olin bei jedem Racheakt gegen dessen einstigen Nachbarn unterstützt. Aber
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