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Blackout

Blackout

Titel: Blackout Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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Frage.
    »Keine Ahnung«, log ich.
    »Er ist jetzt Richter - in Los Angeles. Alle drei großen ›Staatsoberhäupter‹, sind, glaube ich, nach Los Angeles gezogen. Hickle ist eine Art medizinischer Techniker geworden, wollte Arzt werden, genau wie Willie, und hat sogar damit begonnen, Medizin zu studieren. Er war zu blöd, um durchzukommen. Aber Hay den - und Richter! Das sagt eine ganze Menge über den Zustand unserer Justiz.«
    Die Informationen häuften sich jetzt, und mir ging es so wie dem armen Schlucker, der plötzlich eine unerwartete Erbschaft macht: Ich wußte nicht genau, was ich damit anfangen sollte. Am liebsten hätte ich meine Rolle aufgegeben und alles bis zur kleinsten Information aus dem Alten herausgelockt, doch ich mußte an den Fall denken und an das, was ich Margaret versprochen hatte.
    »Ich bin ein ekelhafter, alter Zyniker, nicht wahr?« gackerte van der Graaf.
    »Sie scheinen ein sehr scharfer Beobachter zu sein, Professor.«
    »Ach, wirklich?« Er lächelte schlau. »Kann ich Ihnen noch andere Brocken vorwerfen?«
    »Ich weiß, daß Doktor Towle vor vielen Jahren Frau und Kind verloren hat. Was können Sie mir dazu sagen?« Er starrte mich an, schenkte sich dann nach und trank einen Schluck. »Das gehört alles zu Ihrer Reportage?«
    »Das ist Fleisch für das Porträt«, sagte ich. Es klang schwach. »Ach ja, das Fleisch. Natürlich. Nun, das war eine Tragödie, darüber gibt es keinen Zweifel, und Ihr Doktor war fast zu jung, um damit fertigwerden zu können. Er hat lange vor seinem Abschlußjahr ein zauberhaftes Mädchen aus einer guten Familie von Portland geheiratet. Zauberhaft- aber nicht aus seinen Kreisen. Die Zweihundert heirateten in der Regel untereinander. Die Verlobung kam überraschend. Sechs Monate nach der Hochzeit brachte die junge Frau einen Sohn zur Welt, und das Geheimnis war aufgeklärt.
    Eine Weile sah es so aus, als ob das Trio damit zerbrochen wäre. Hickle und Hayden gingen ihre eigenen Wege, während sich Willie den Pflichten eines Ehemanns widmen mußte.
    Dann kamen die Frau und das Kind ums Leben, und die »Staatsoberhäupter kamen wieder zusammen. Ich nehme an, es ist nur natürlich, wenn ein Mann nach einem solchen Verlust Trost bei seinen Freunden sucht.«
    »Wie ist das passiert?«
    Er schaute in sein Glas und trank die letzten Tropfen aus. »Das Mädchen - die Mutter - brachte das Kind ins Krankenhaus. Der Kleine hatte Keuchhusten oder so etwas ähnliches. Die nächste Klinik war das orthopädische Kinderkrankenhaus der Universität. Es war in den frühen Morgenstunden, noch dunkel. Sie ist mit dem Wagen durch das Geländer der Evergreen Bridge gerast und in den See gestürzt. Erst nach Tagesanbruch hat man sie gefunden.«
    »Und wo war Doktor Towle?«
    »Er hat studiert. Beim Schein der nächtlichen Lampe, sozusagen. Natürlich hat das sein Schuldgefühl geweckt; er war völlig am Boden zerstört. Er machte sich Vorwürfe, weil er nicht dabeigewesen war und nicht selbst mit ertrunken ist. Sie kennen die Art von Selbstzüchtigung, wie sie die Trauernden entwickeln.«
    »Eine tragische Sache.«
    »O ja. Sie war ein reizendes Mädchen.«
    »Doktor Towle hat ihr Photo in seinem Büro hängen.«
    »Sentimental, nicht wahr?«
    »Vermutlich.« Ich trank einen Schluck. »Und nach dieser Tragödie hat er seine Freunde wieder öfter gesehen?«
    »Ja. Aber weil Sie das Wort jetzt erwähnen, wird mir etwas klar. In meiner Vorstellung gehört zu einer Freundschaft eine starke Bindung, eine Zuneigung, vielleicht auch gegenseitige Bewunderung. Diese drei haben immer grimmig dreingeschaut, wenn sie beisammen waren - es sah nicht so aus, als ob sie ihr Beisammensein genossen hätten. Ich konnte mir nie vorstellen, worin die Bindung zwischen ihnen bestehen mochte, aber sie war zweifellos vorhanden. Willie ging von hier auf eine medizinische Hochschule, und Stuart kam mit.
    Edwin Hayden studierte Jura an derselben Universität. Sie lebten in derselben Stadt. Ich nehme an, Sie werden auch mit den beiden anderen sprechen, um zitierfähige Sentenzen für den Artikel über unseren Willie zu erhalten - vorausgesetzt, es gibt überhaupt einen solchen Artikel.« Ich hatte Mühe, ruhig zu bleiben. »Wie meinen Sie das?«
    »Oh, ich glaube, Sie wissen ganz genau, was ich meine, mein Junge. Ich werde Sie jetzt nicht darum bitten, sich mir gegenüber auszuweisen und mir zu bestätigen, daß Sie das sind, was Sie zu sein vorgeben- es würde auch wenig Beweiskraft haben -, und ich rede

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