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Blackout

Blackout

Titel: Blackout Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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noch einen Nutzen gebracht. Meine Beine sind hart wie Eisenträger. Und mein Kreislauf ist gut wie bei einem Mann, der nur halb so alt ist wie ich.«
    Ich setzte mich in einen bequemen Armlehnsessel. Jetzt befanden wir uns in Augenhöhe.
    »Diese Maggie…« sagte er. »So ein trauriges Mädchen. Ich flirte mit ihr, versuche, sie ein bißchen aufzumuntern. Sie kommt mir so einsam vor.« Er kramte unter den Papieren und brachte einen Flachmann zum Vorschein. »Irischer Whisky. Sie finden zwei Gläser in der rechten oberen Schreibtischschublade. Bitte holen Sie sie und geben Sie sie mir.«
    Ich fand die Gläser, die nicht allzu sauber aussahen. Van der Graaf schenkte in jedes zwei Fingerbreit Whisky, ohne einen Tropfen zu verschütten. »Hier.«
    Ich schaute zu, wie er seinen Whisky trank, und folgte seinem Beispiel.
    »Glauben Sie, sie könnte noch Jungfrau sein? Wäre so etwas in dieser Zeit noch möglich?« Er stellte die Frage, als wäre es ein erkenntnistheoretisches Rätsel.
    »Das kann ich wirklich nicht beurteilen, Professor. Ich habe sie vor etwa einer Stunde zum erstenmal gesehen.«
    »Ich kann mir das nicht vorstellen, Jungfräulichkeit bei einer Frau in ihrem Alter. Aber die Vorstellung dieser Milchmädchenschenkel, wie sie sich um zwei rammelnde Hinterbacken schlingen, ist ebenso ungeheuerlich.« Er trank wieder einen Schluck, dachte schweigend über Margaret Dopplemeiers Liebesleben nach und starrte ins Leere.
    Schließlich sagte er: »Sie sind ein geduldiger junger Mann. Eine seltene Eigenschaft.« Ich nickte.
    »Ich denke mir, daß Sie es schon sagen, wenn Sie bereit sind, Professor.«
    »Ja, ich gestehe, ich verhalte mich oft recht kindisch. Das ist ein persönliches Vorrecht meiner Stellung und meines Alters. Wissen Sie, wie lange es her ist, seit ich Vorlesungen gehalten und gelehrte Abhandlungen geschrieben habe?«
    »Eine ziemliche Weile, nehme ich an.«
    »Mehr als zwei Dekaden. Seit damals bin ich hier oben und ergehe mich in langen, einsamen Stunden tiefen Nachdenkens - genau gesagt, ich faulenze so herum. Und doch bin ich ein hochgeehrter Professor Emeritus. Finden Sie nicht, daß es ein absurdes System sein muß, wenn es solchen Unsinn zuläßt?«
    »Vielleicht fühlt man, daß Sie das Recht erworben haben, sich ehrenvoll zurückzuziehen von den Pflichten des Tages.«
    »Bah!« Er machte eine Handbewegung. »Das hört sich nach Tod an. In Ehren zurückziehen, ja, und die Würmer knabbern einem schon die Zehen an. Ich muß Ihnen etwas gestehen, junger Mann: Ich habe nie im Leben etwas ›erworben‹ oder ›verdient‹. Ich habe siebenundsechzig Seiten für wissenschaftliche Zeitschriften verfaßt, und bis auf fünf davon war alles Mist. Ich war Mitherausgeber von drei Büchern, die kein Mensch jemals gelesen hat, und ich habe im allgemeinen das Leben eines verwöhnten Tunichtguts geführt. Es war wundervoll.«
    Er trank seinen Whisky aus und stellte das Glas mit Nachdruck auf den Tisch.
    »Sie lassen mich hier, weil ich Millionen von Dollar in einem steuerfreien Treuhandvermögen besitze, das mir mein Vater hinterlassen hat, und sie hoffen, daß ich es ihnen vererbe.« Er lächelte schief. »Vielleicht tu’ ich es sogar, vielleicht auch nicht. Es könnte sein, daß ich das Geld lieber irgendeiner Neger-Organisation stifte oder etwas ähnlich Ungeheuerlichem. Vielleicht einer Gruppe, die für die Rechte der Lesbierinnen kämpft. Gibt es eine solche Gruppe?«
    »Ich bin sicher, es gibt eine.«
    »Ja. Natürlich in Kalifornien. Und weil wir schon davon sprechen: Sie wollen etwas über Willie Towle aus Los Angeles wissen, nicht wahr?«
    Ich wiederholte meine Geschichte von der Medical World News. »Na schön.« Er seufzte. »Wenn Sie darauf bestehen, werde ich versuchen, Ihnen zu helfen. Gott allein weiß, warum sich ein Mensch für Wiilie Towle interessiert, denn nie hat ein langweiligerer Bursche seinen Fuß auf dieses Universitätsgelände gesetzt. Als ich hörte, daß er Arzt geworden ist, hat mich das sehr gewundert. Ich hätte nie gedacht, daß er rein intellektuell für eine so fortgeschrittene Disziplin geeignet gewesen wäre. Natürlich hat die ganze Familie seit jeher mit der Medizin zu tun - einer der Towles war Grants Privatarzt im Bürgerkrieg, ist das nicht ein Leckerbissen für Ihren Artikel? -, und ich kann mir denken, daß es ihnen nicht schwer gefallen ist, Willie auf einer medizinischen Lehranstalt unterzubringen.«
    »Er ist ein recht erfolgreicher Arzt geworden.«
    »Das

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