Blackout (German Edition)
verhaftet hätte?«
»Ja.«
»Ich weiß nicht.«
Caduff versorgte die Flasche mit dem Mineralwasser wieder im Kühlschrank, stellte sich ans Fenster und kratzte sich am Kinn.
»Ich brauche deine Hilfe«, sagte er.
»Was? Warum?« Nick verstand nicht, was das jetzt sollte.
»Ich glaube, du und Kristen habt euch ein paar interessante Gedanken gemacht, Gedanken, die es wert sind, dass man ihnen nachgeht. Ich will aber nicht, dass in der Firma deines Vaters der Eindruck entsteht, die Polizei hege einen Verdacht. Was sie offiziell auch nicht tut. Das hier ist inoffiziell, um meinen Kollegen zu zitieren.«
»Und wie kann ich Ihnen helfen?«, fragte Nick ratlos.
»Ich möchte, dass du hingehst.«
»Das ist nicht Ihr Ernst.«
»Doch.«
»So was dürfen Sie gar nicht!«
»Das ist mein Problem«, entgegnete Caduff knapp.
»Warum?«, fragte Nick noch einmal.
»Weil hier alle von einem dummen, schiefgelaufenenStreich ausgehen und fest damit rechnen, dass Carla jeden Moment zerknirscht zur Türe hereinspaziert.«
»Und Sie?«
»Ich habe das ungute Gefühl, dass sie nicht einfach so wiederkommen wird.«
»Sie denken, Carla ist etwas passiert?«
Caduff sagte nichts, aber sein Gesichtsausdruck verriet mehr, als Nick wissen wollte.
»Komm, wir gehen«, sagte er, »wir treffen noch jemanden.«
Nick saß mit Kristen und Caduff auf einer Bank am Ufer des Binnenkanals, gut abgeschirmt hinter Bäumen und Sträuchern.
Dort, wo die Sonne durch die Bäume drang, reflektierten sich ihre Strahlen glitzernd im Wasser. Herbstblätter schwammen wie kleine Schiffchen an ihnen vorbei. Auf der anderen Seite des Kanals weideten Schafe und Pferde. Sollten sie von jemandem bemerkt werden, würde er denken, dass sich hier ein paar Ausflügler zu einem Picknick getroffen hätten.
»Ich habe mir die Projektarbeit auf Carlas Computer angesehen«, sagte Kristen. »Auf dem PC ist nichts zu finden, aber sie hat Notizen auf ihre Ausdrucke gemacht. Sie hat Stellen im Organigramm angestrichen und mit Anmerkungen versehen. Im öffentlich gemachten Jahresbericht sind Zahlen eingekreist und mit Fragezeichen versehen. Und irgendwo steht Bergamin auf Widersprüche ansprechen.«
Caduff schaute sich das Material an, das Kristen mitgebracht hatte.
»Bei uns läuft die Sache als Vermisstenmeldung«, sagte er. »Bucher, mein Chef, geht davon aus, dass Nick und Carla heimlich nach Berlin gefahren sind, dass die Sache dort aus dem Ruder gelaufen ist und Carla sich nun nicht traut, nach Hause zu kommen. Ein dummer Streich. Wir haben die Berliner Polizei kontaktiert. Bis jetzt ist dort aber noch niemand gemeldet worden, auf den Carlas Beschreibung passt. Keine Spur von ihr.«
»Susanna und ich haben unzählige Male versucht, Carla auf ihrem Handy zu erreichen«, sagte Kristen.
»Und?«, fragte Caduff.
»Nichts«, antwortete Kristen. »Ich habe ihr auch mehrere SMS geschickt, die aber alle unbeantwortet geblieben sind.«
»Bucher würde sagen, dass das völlig ins Bild passt. Sie traut sich nicht, sich zu melden.«
»Und Sie?«, fragte Kristen. »Denken Sie das auch?«
»Gut möglich«, antwortete Caduff. »Ich habe zu viele Geschichten erlebt, die ganz ähnlich abgelaufen sind. Trotzdem sagt mir irgendwas, dass es hier anders sein könnte.« Nachdenklich schaute er Nick an. »Dein Handy ist verschwunden und deine Kleidung war ziemlich schmutzig, als du am Bahnhof gefunden worden bist.«
»Ich lag ja auch auf dem Boden.«
»Sogar dafür scheinen mir die Kleider zu schmutzig. Hast du eine Erklärung dafür?«
Nick schüttelte den Kopf. »Aber da ist noch was anderes«, sagte er. »Meine Mutter vermutet, dass bei b&fTech ein größeres Ding laufen könnte. Sie ist sich nicht sicher, aber es kann sein, dass mein Vater in Verkaufsverhandlungen steckt.«
»Dann ist das Letzte, was er jetzt brauchen kann, Wirbel um seine Firma oder seine Familie.« Caduff steckte die Unterlagen, die Kristen mitgebracht hatte, in eine Mappe. »Ja, das wäre ein Motiv. Das heißt aber auch, dass wir die Sache sehr vorsichtig angehen müssen.«
»Ich gehe hin«, sagte Nick.
»Wohin?«, fragte Caduff.
»Zu b&fTech. Wie Sie gesagt haben.«
»Dann schlage ich vor, dass du mit Simon Forster sprichst«, sagte Caduff.
Nick überlegte, ob er Caduff von den Gerüchten um Forsters Spielsucht erzählen sollte, entschied sich aber dagegen. Das konnte er später immer noch tun. Und vielleicht stimmte es ja auch gar nicht.
»Nein. Ich muss zu meinem Vater. Meine Mutter hat
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