Blackout (German Edition)
können.«
»Das wäre zu wenig gewesen. Ich wollte ihm alles nehmen. Die Firma, den Ruf, die Familie. Alles.«
»Ohne Rücksicht, ja? Weißt du was? Das macht dich genauso skrupellos wie meinen Vater.«
Forster schüttelte den Kopf. »Du verstehst das eben nicht.«
»Nein, du hast recht, das verstehe ich wirklich nicht.« Nick wollte keine Minute länger in der Nähe dieses Mannes sein. Die unsägliche Selbstgerechtigkeit verursachte ihm Brechreiz.
»Ich gehe jetzt«, sagte er. Schwerfällig stand er auf. Jeder einzelne Körperteil schmerzte. Sein Herz klopfte wie wild, doch er zwang sich, Forster den Rücken zuzukehren und davonzugehen.
»Nick!«
Nick blieb stehen, aber er drehte sich nicht um.
»Ich kann dich nicht gehen lassen.«
»Warum nicht?«
»Dein Vater hat mir alles genommen.«
»Das ist nicht wahr.«
»Ich bin erledigt.« Forster hatte die Stimme eines kleinen Jungen.
»Ja. Und deshalb wirst du mich gehen lassen. Weil es nichts mehr bringt, wenn du mich hierbehältst.« Nick schaute in den Himmel, der langsam eine blaue Farbe annahm. »Du hast Carla nicht umgebracht und du wirst mich nicht umbringen. Es gibt auch für dich eine Grenze.«
Forster gab keine Antwort. Nick ging weiter, ganz langsam.
»Es gibt nur einen Weg, mit dem ich ihm jetzt noch wehtun kann. Es tut mir leid, Nick!«
»Nein! Nicht!«, rief jemand.
Nick spürte den Schlag in seinem Rücken, bevor er den Knall hörte. Komisch, er fühlte keine Schmerzen. Ein sonderbares Rauschen lag in der Luft. Durch einen Schleier sah Nick jemanden auf sich zurennen, der wie Caduff aussah. Der Mann hatte den Mund zu einem Schrei geöffnet, aber Nick hörte nichts. Seine Beine gaben nach, sein Körper tauchte weg. Der Boden kam ihm in Zeitlupe entgegen. Seltsam, so langsam war er noch nie hingefallen. Etwas Weiches, Nasses fing ihn sachte auf. Moos. Es roch gut, so intensiv. Sein Gesicht ruhte darauf wie auf einem Kissen. Noch einmal den Himmel sehen. Den gleichen Himmel, den Carla wieder sehen konnte. Mit einem ungeheurenWillensakt rollte er sich auf den Rücken. Lichtjahre entfernt rief jemand seinen Namen.
»Nick!« Caduff beugte sich über ihn. Nick sah den entsetzten Ausdruck auf seinem Gesicht. »Nick, bleib hier.«
Er ging doch gar nicht weg. Er lag auf dem Boden und konnte sich nicht rühren.
»Du darfst die Augen nicht schließen. Hörst du? Sieh mich an.«
Caduff richtete sich auf. »Helft mir!«, rief er.
Nick hörte die Verzweiflung in seiner Stimme. Er wollte Caduff sagen, dass alles nicht so schlimm war. Aber der war plötzlich weit weg.
Er hatte Geburtstag. Acht Kerzen auf seinem Kuchen. Mutter lachte. Und da war auch sein Vater. Er führte den Fotoapparat vor sein Gesicht. Kurz bevor es hinter dem Gerät verschwand, zwinkerte er Nick zu. Er drückte ab, das Blitzlicht tauchte alles in ein grelles Gelb. Nick schloss die Augen. Er träumte sich Kristen herbei. Es war ganz einfach. Ihr Gesicht war nahe an seinem. Küss mich. Bitte. Nur ein Mal. Er fühlte ihre Lippen auf seinen. Alles war gut.
Epilog
Das Klopfen an der Tür weckte Nick auf. Er drehte den Kopf und sah Caduff ins Zimmer marschieren. Ein breites Grinsen legte sich auf sein Gesicht.
»Du hast dir Zeit gelassen.«
»Was für eine Begrüßung.« Caduff grinste zurück. Ein ziemlich aufgesetztes Grinsen.
»Schön, dich zu sehen«, sagte Nick.
»Ja.« Caduff blieb bei der Tür stehen. »Ehrlich gesagt, ich hatte nicht damit gerechnet, dich noch mal zu sehen.«
»Hab dich ziemlich erschreckt, nicht wahr?«
Caduff schwieg.
»Tut mir leid«, sagte Nick. »Hast du mich deshalb so lange nicht besucht?«
»Ich war hier. Aber da warst du noch im Koma.« Das Sprechen fiel Caduff sichtbar schwer.
»Na ja, da war ich wohl nicht gerade unterhaltsam.«
»Willst du die Wahrheit wissen? Ich habe es nicht ausgehalten, dich so zu sehen. Habe meinen ganzen Urlaub genommen und mich aus dem Staub gemacht.«
»Setz dich doch«, sagte Nick und deutete auf den Stuhl neben seinem Bett.
»War ein bisschen überall«, meinte Caduff.
»Ja, ich weiß.« Nick deutete auf die Postkarten an der Wand neben seinem Bett. Verlegen schaute Caduff auf die bunten Bilder.
»Du fühlst dich doch nicht etwa schuldig?«
»Doch«, sagte Caduff. »Doch. Ich habe die Abzweigung nicht gefunden und so wertvolle Zeit verloren.«
»Ist ja trotzdem gut ausgegangen. Na ja, ziemlich gut.«
Auf Caduffs Gesicht zeigte sich ein Lächeln.
»Hast du mit Simon gesprochen?«, fragte Nick.
»Ja, ich
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